Lösen von Zügen

  • Es kommt vor, dass der Stimmzug oder die anderen Züge bei einem Blechblasinstrument mit der Zeit fest sitzen ud sich nicht mehr herausziehen lassen.


    Wie kommt sowas ?
    Mehrere Ursachen:


    a) nicht gefettet
    Ölist nicht für Züge geeignet, die immer in der gleichen Position verbleiben. "Zugöl" ist für Posaunen gedacht, nicht für Stimmzüge


    b) zu lange nicht gepflegt
    Fett verhärtet nach längerer Zeit. Zuerst wird es zäh und dann irgendwann fest. Regelmäßige Pflege ist also notwendig um dieses Problem zu vermeiden.


    c) falsche Pflege
    Bevor man einen Zug fettet, muss er zuerst bis "Grund auf" gereinigt sein. Entfetten und Polieren bis die Oberfläche des Zug-Ansatzes sich ganz glatt anfühlt.
    "Nachfetten" eines klemmenden Zuges bringt nichts. Es legt nur eine zusätzliche Fettschicht auf.


    Wie bekommt man den festsitzenden Zug nun heraus ?


    Heimerkertipp 1:
    Lappen durch den Zug ziehen und dann den Zug mit dem Lappen und Gewalt herausziehen.. führt dazu dass man am Ende eventuell alle Zugstreben wieder anlöten muss, weil der Zug mehr Halt hatte als die angelöteten Streben.
    Ich habe es schon gesehen, dass dieser Tipp dazu geführt hat, dass der Selbermacher den Zug komplett in der Hand hatte.. inklusive Streben. Der zug war einfach vom Ventilgehäuse abgerissen.. und trotz dieser Gewaltanwendung nicht aus dem eigentlichen Ansatzrohr heruasgezogen = kapitaler Schaden


    Besserer Tipp 1:
    Instrument einige Stunden in eine Seifenlösung einweichen. Die Fettlösekraft des Reinigungsmittels löst auch die verhärtete Fettschicht an. Nun erst kann man den "Lappentrick".. gaaaaanz vorsichtig... probieren.


    Tipp 2:
    Instrument erwärmen. Dabei weitet sich das Material etwas. Auf keinen Fall externe Hitzequellen (Fön, Lötlampe, Heizgebläse) nehmen, wenn das Instrument lackiert ist. Es genügt oft schon, dass man das Instrument in warmes bis heißes Wasser taucht.
    Auch hier wieder vorsicht mit der Hitze, weil sich der Lack lösen kann, wenn das Wasser zu heiß ist.

    Tipp 3: (Nur für nichtlackierte Instrumente zu gebrauchen)

    Das Rohr, in dem der Zug festsitzt, mit einer Hitzequelle (siehe oben) erwärmen. Wichtig: NUR dieses Rohr darf warm werden und das auch nur in dem Bereich, in dem der Zug sitzt.
    - Erhitzt man das ganze Rohr, können sich die Lötungen der Verstebungen lösen.
    - Erhitzt man das Rohr zu lang, kann auch der Zug heiß werden.

    Der Tipp wirkt nur, weil er sich ein einfaches physikalisches Prinzip zunutzen macht: Bei Wärme dehnt sich Metall aus.

    Wenn nur der Ansatzbereich erhitzt wird, weitet er sich auch nur allein. Der kalte Zug bleibt "klein" während das Rohr weiter wird.
    Wenn auch der Zug warm wird, weitet er sich auch.. das würde also nichts bringen.


    Ganz wichtig:
    Die Rohre können so heiß werden, das man sich Verbrennungen zuziehen kann. Vorsicht wenn ihr sie anfassen wollt.


    Der Profi benutzt alle Tricks.
    Er vermeidet die externe Hitzequelle aber so lange es geht, weil die Gefahr von Schäden am Instrument zu hoch ist.

    Aber:
    Er hat auch noch kleine Werkzeuge, die auch das Lösen von Zügen im kalten Zustand ermöglichen:
    Das sind sogenannte Spreizer und Abzieher
    Sobald zwischen Rohr und Zug auch nur eine kleine Lücke entstanden ist, kann er diese Werkzeuge ansetzen.
    Sie drücken/hebeln Zug und Rohr auseinander, so dass keine Belastung auf andere Bereiche entstehen. Die Kraft wirkt allein auf die Ansetzpunkte.


    Manchmal geht es aber trotzdem nicht ohne Hitze: Während sich das Rohr erwärmt, dreht er die Justierung des Spreizers immer weiter. Wärme + mechanische Druck-Kräfte wikren dann zusammen und lösen eeinen Zug binnen weniger Minuten.


    WARNUNG
    Wer es noch nie gemacht hat, sollte erst einmal einem erfahrenen Musiker dabei zusehen, wie es geht.
    Dieser kann zeigen worauf man achten muss, um zu erkennen, wann der einfache Lappen nicht mehr ausreicht oder ab wann sich die Verlötungen lösen.
    Das kann man nicht in Bildern oder Videos darstellen - denn sobald diese Anzeichen auftauchen, muss sofort mit dem Versuch aufgehört werden. Es ist mehr Geführlssache und Übung als Wissen das man objektiv/rational vermitteln kann.


    Im Zweifelsfall gilt:
    Ab in eine Werkstatt, die Reparaturen an Musikinstrumenten ausführen kann


    All diese Tipps habe ich innerhalb einiger Jahrzehnte immer wieder nutzen müssen. Man sollte aber ehrlich sein: Nicht immer hat es ohne Schäden geklappt... dann mussten eben Rohre und Streben wieder komplett neu verlötet werden.
    Mir standen die nötigen Werkzeuge zur Verfügung.. euch wahrscheinlich aber nicht.
    Ich kann deshalb nicht die Verantwortung für Schäden übernehmen, wenn ihr etwas falsch macht.


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