Einkauf und Präsentation von Saisonware (Weihnachten)

  • Die Vorweihnachtszeit ist die "Hauptsaison" vieler Einzelhandelsunternehmen. Sie entscheidet oft über den gesamten Jahreserfolg des Unternehmens.


    Noch vor einigen Jahrzehnten genügte es, wenn die "Weihnachtssaison" kurz vor dem 1. Advent begann.
    Folgende Gründe waren dafür ausschlaggebend:


    - Wetter
    Bereits im Oktober waren die ersten Schneefälle oder Bodenfröste zu verzeichnen. Die Natur wies also den Menschen schon auf die nahende Winter- und Weihnachtszeit hin. Sobald Schnee fällt, werden auch die Gedanken auf Weihnachten gelenkt. Man brauchte keine gesonderte erinnerung daran.

    - kaum Neuerungen

    Neue Erfindungen und Entwicklungen brauchten sehr lange. Dadurch waren sie aber auch länger "am Markt" = sie "veralteten" nicht so schnell. Was im Vorjahr langsam begann, konnte man im Folgejahr mit ruhigem Gewissen in größerer Stückzahl bestellen. Es waren keine schnelllebigen produkte, sondern sie kontnen das ganze Jahr über mit steigenden Stückzahlen vermarktet werden.

    - höhere Margen

    Damals waren die Gewinne (vor Steuern und Abgaben) höher pro Stück als heute. Man achtete auf Qualität, weil man wusste, dass es dieses Produkt noch viele Jahre geben würde (siehe oben "kaum Neuerungen").
    Geringere Stückzahlen sorgten also dafür, dass die Entwicklungs- und Produktionskosten im Laufe der Jahre trotzdem wieder eingespielt werden konnten.


    Die "Vorweihnachtszeit" war also nur noch ein "Zubrot" mit dem man das Geschäftsergebnis noch weiter in den Plusbereich bringen konnte. Der rest des Jahres war dazu gedacht, dass man die nötigen Kosten und Gewinne erwirtschaften konnte.


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    Heute sieht es ganz anders aus...


    - Wetter
    Die Winter setzen immer später ein. Es gab schon viele jahre in denen es selbst im November bis Dezember noch kaum nennenswerte Bodenfröste gab. Die "Erinnerungsfunktion der Natur" versagt also schon.


    - sehr viele Neuerungen
    Ja nach Branche gibt es alle 1/2 Jahre neue Produktreihen. Bereits wenn ein völlig neues Produkt vom Hersteller vorgestellt wird, muss der Händler seine "Weihnachtsorder platzieren".
    Da der Händler aber seine Kunden nicht fragen kann, ob sie dieses Produkt auch kaufen würden, muss er mit Einfühlungsvermögen und Intuition die richtige Entscheidung fällen, welche Produkte er in welcher Menge für diese Zeit vorbestellt.
    Nur seine eigene Kundeneinschätzung zählt und sorgt für Erfolg- oder Misserfolg des Unternehmens.
    Hat er zu wenig von einem (später) beliebten Produkt bestellt, kann er nichts mehr verkaufen.. auch wenn die Nachfrage noch so hoch ist. Hat er dagegn zu viel einer unbeliebten Ware geordert, bleibt er darauf sitzen.. weil dann zu wenig Zeit bleibt, die Ware vor der nächsten Neuerung zu verkaufen.

    - zu schnelles "Veralten" von Produkten

    Was dieses Jahr neu und modern ist, ist nächstes Jahr schon veraltet. Aus einem "Ganz-Jahres-Produkt" wird ein schnelllebiges Saisonprodukt. Die Zeit bis zur nächsten Neuerung reicht nicht mehr aus, um sie in die Kalkulation einbeziehen zu können.

    - zu unflexible Hersteller

    Die Hersteller können heute viel schneller neue Produkte liefern als noch vor Jahrzehnten. Sie produzieren aber nicht vor, sondern nur so viel wie auch geordert wurde. Für Nachproduktionen fehlt oft die nötige Zeit und/oder die Maschinen werden schon für die nächste Produktreihe eingestellt.

    - zu lange Lieferwege

    Nur Unwissende meinen, heute würde viel schneller transportiert als noch vor Jahrzehnten. Sicher - die modernen Transportmittel sind bedeutend schneller .. aber auch bedeutend teurer.


    Obwohl ein Flugzeug nur wenige Stunden von Asien bis Deutschland braucht, braucht eine Sendung doch rund 1 Woche zwischen Verlassen des Werkes bis zur Freigabe am lokalen Flughafen in den Händen halten kann.
    Mit ein wenig Pech, hat man dan vielleicht noch einen Flug erwischt, der im nahen Ausland landet und von dort auf dem Landweg transportiert werden muss. Nicht der Flug dauert am Längsten, sondern die Zollformalitäten der einzelnen Länder.


    Der Import setzt immer noch auf die langsamen aber kostengünstigeren Containerschiffe. 4-6 Wochen zwischen Werk und Empfänger sind heute noch genauso üblich wie in den 90er Jahren. Ein "by Sea" kostet pro Stück oft nur 10% der Transportkosten eines "by Air" Transportes.


    - schlagartige Kostenexplosion
    Selbst wenn der Hersteller noch in der Lage ist, rechtzeitig Ware zu produzieren und auch ein Flug die dringend benötigte Ware noch heranschaffen könnte .. so wird man trotzdem nichts mehr nachbestellen.
    Grund dafür ist, dass in Asien ab ca. November die Frachtraten für einen Flug bis auf das Dreifache steigen.
    "Der Asiate" weiß, dass im westlichen Teil der Welt "Hauptsaison" ist. Es besteht also eine extreme Nachfrage nach "by Air" Transporten. Er könnte jetzt natürlich die Menge des Frachtraumes erhöhen um alle Waren noch liefern zu können und damir seinen Umsatz erhöhen .. aber er kann auch mit genau dem gleichen Frachtvolumen ein Mehrfaches verlangen... der Markt gibt es her.. und wer dringend Ware braucht, der zahlt eben auch 300% der üblichen Frachtraten.


    - hohe finanzielle Vorleistungen und Vorlaufzeiten
    Hierzu ausführlich unter Ablauf einer Markteinführung und Produktion



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    All das sind Gründe, weshalb der Handel lieber Produkte möglichst früh auf den Markt bringt.
    Die verschiedenen "Erfrorschungsphasen" müssen so frühzeitig durchlaufen werden, damit man später noch genügend Zeit hat um auf Trends reagieren zu können.


    Leider hat sich der Großteil des Einzelhandels in Einkaufsorganisationen organisiert und an Ketten angeschlossen.
    Diese Organisationen wollen aber kaum Risiken eingehen. Sie wollen alles möglichst ganz genau erforschen und kalkulieren können.

    Der "richtige Einzelhändler" ist fast schon eine "ausgestorbene Art".

    Am Liebsten "frisch von der Uni". Keinerlei Berfufserfahrung und Wissen um die eigenen Kunden. Nur die erlernten Zahlen zählen noch und nicht mehr der Wunsch des Kunden.


    Wenn eine Produktreihe im Vorjahr häufig gekauft wurde ... aber schon viel zu früh ausverkauft war... dann gibt es sie im nächsten Jahr im Überfluss.... aber nur wenn es so etwas ist wie "Weihnachtsbäckereien & Co.".. und dann auch wieder immer früher.
    "Das Zeug muss ja schließlich weg bevor Weihnachten ist"


    "Technikkrams" wird nur "vorsichtig" eingekauft. Es ist egal, wie lange der Vorrat reicht. "Wenn weg, dann weg". Dabei steigen die Preise im Herbst so hoch wie niemals zuvor.. und nach Weihnachten fällt der Preis dann wieder.



    "Tante-Emma-Läden" wissen noch wie die Kunden ticken

    Sie beobachten sie bereits bei Einführung von neuen Produkten. Sie merken sich Wünsche und Negativerfahrungen. Diese Erfahrungen lassen sie bei der nächsten Produkterscheinung in ihre Beurteilung mit einfließen. Sie haben deshalb eher das was der Kunde wünscht auf Lager als die großen Discounter.


    Vorteil des Discounters:
    Er kauft billiger ein, verkauft billiger ... und die Kunden äußern keine Wünsche, sondern nehmen nur das was der Discounter anbietet in ihre Wunschliste auf.
    Hier steuert das Angebot also die Nachfrage.. nicht umgekehrt. Der Discounter verkauft nur das was ER will.