Kalk und Urinstein in den Abflussrohren

  • Aktuell höre ich gerade von folgendem Problem:
    Das Wasser in einem "Pissoir" / "Urinierbecken" (Herrentoilette nur für das Urinieren) fließt kaum noch ab.


    Die Ursache dafür ist ganz offensichtlich:
    Im Laufe der Jahre hat sich der Durchmesser des Abflussrohres durch Urinstein- und Kalkablagerungen kontinuierlich verringert.
    Da solche Becken in der Regel nicht direkt an den Hauptkanal angeschlossen werden, ist der Rohrdurchmesser oft relativ klein, so dass sich diese Abzweige schneller zusetzen als der Hauptkanal.


    Überlegung 1: Helfen Kalk- und Urinsteinentferner ?
    Nein. Sie helfen nicht.
    Genau wie das Wasser/Urin fließen sie auch in den Hauptkanal ab. Man müsste so große Mengen verwenden, die auch dauernd nachfließen müssten, dass sich die ganze Aktion nicht mehr lohnt. Die "Lösungsmittel" brauchen auch eine gewisse Wirkzeit um ihr Werk tun zu können.


    Überlegung 2: Helfen "Wasserfräsen" ?
    Man setzt dazu einfach eine spezielle Fräse auf einen Schlauch und kann dann mit dem normalen Wasserrdruck die Rohre von Ablagerungen befreien.
    Diese Fräsen helfen auch nicht. Sie sind für normale Ablagerungen entwickelt worden (Schmutz und andere Rückstände) und haben nicht genügend Druck, um diese "Versteinerungen" zu beseitigen.

    Überlegung 3: Helfen machanische und Spezialfräsen ?

    Ja. Sie arbeiten mit extremen Druck, können aber auch die alten Rohre beschädigen. Hierzu ist entsprechende Erfahrung bei der Handhabung nötig und natürlich auch das nötige (und recht teure) Equipment.
    Spezialfirmen haben beides: Werkzeug + Erfahrung
    Trotz dieser optimalen Voraussetzungen werden sie nie alles wegfräsen, weil auch sie nicht vorher wissen können, wie marode die Rohre mit den Jahren geworden sind.
    Spezialfirmen sind zwar nicht billig, jedoch die beste und schnellste Kosten-Nutzen-Lösung

    Überlegung 4: Austausch der Rohre ?

    Das wäre natürlich die beste Lösung.
    Man beseitigt damit nicht nur die Ursache, sondern kann auch vorbeugen: Größerer Querschnitt + glatteres Material (z.B. diverse Kunststoffe) und schon hat nab wieder einige Jahrzehnte lang Ruhe.
    Auf Dauer lohnt sich diese Investition also.
    Den Hauptkostenanteil macht übrigens nicht das Material aus und auch nicht die Installateurstunden, sondern der Aufwand, die alten Rohre "aus der Wand" zu bekommen und danach wieder den früheren Zustand des Raumes herzustellen.
    Oft wird dabei dann gleich das ganze Bad renoviert .. was natürlich nicht wirklich und unbedingt nötig ist.. aber "wenn man mal gerade dabei ist"


    Überlegung 5: Eventuell selber machen und mit Lösungsmitteln arbeiten ?
    Das ist natürlich nur etwas für extreme Sparfüchse... die viel Arbeit nicht scheuen und genügend Zeit haben.

    Folgendes ist nur eine theoretische Überlegung.Es fehlt der Erfahrungswert und damit auch der Beleg ob es überhaupt funktionieren könnte. Sie sind also ohne Gewähr.

    Man müsste die Nebenstrecke zum Hauptkanal hin absperren, damit von dort aus nichts mehr ablaufen kann. Üblicherweise werden aber an diesen Stellen keine Absperrer eingebaut.


    Eine denkbare Lösung, wie man den Nebenkanal ohne große "Baumaßnahmen" absperren könnte:
    Ein ganz dünner Schlauch wird in den Kanal eingeführt. An der Spitze des Schlauchs ist ein kleiner Ballon angebracht. Wenn der Schlauch in den Hauptkanal reicht, zieht man ihn etwas zurück und bläst den Ballon nun auf.
    Der Ballon dichtet nun den Nebenkanal ab und verschließt ihn somit, so dass nichts mehr abfließen kann.
    Leider stellt man solche Kanalverengungen immer zu spät fest. Wenn das Wasser schon Mühe hat "durchzukommen", wird es auch mit einem sehr feinen Schlauch nicht einfach werden.


    Es gibt aber im Baubereich sehr dünne und harte Kunststoffschläuche, die eigentlich dafür gedacht sind um in Zargen eingezogen zu werden, damit man dann dort Vorhänge usw einziehen/befestigen kann.
    Die dicksten Versionen sind innen hohl, so dass man sie durchaus zum Aufpusten eines Ballons benutzen kann..
    Dadurch, dass sie sehr starr sind, kann man auch etwas mit roher Gewalt arbeiten um sie durch den Nebenkanal zu drücken.
    Zuerst mit dem Schlauch "durchstochern" um eine entsprechend große Öffnung zu schaffen und dann erst den "Ballon" anbringen.
    Der sollte dann auch etwas robuster sein, damit er nicht durch Abschürfungen undicht wird.
    Nun pustet man einfach den Ballon auf, verschließt den Schlauch und beginnt.


    Der Ballon slebst sollte schon längere Zeit dem Lösungsmittel standhalten, damit er nicht zu schnell selbst "angefressen" wird. Kann man ja vorher austesten.


    Wenn der Nebenkanal zwischendurch abknickt, sieht es aber schlecht aus mit dem "Durchstochern". Dazu ist kein Schlauch flexibel und gleichzeitig hart genug. Also vorher mal auf die Baupläne schauen oder selbst nachdenken, wie der Nebenkanal verlaufen muss um am Hauptkanal ankommen zu können.


    Hat man dann die nötige Abdichtung geschaffen, füllt man den Nebenkanal nun mit einem Mittel, das Kalk und Urinstin auflöst.
    Dieses bleibt einige Stunden lang stehen, damit es seine Wirkung bringen kann.
    Aber nicht vergesen: Jede Flüssigkeit hat einen Sättigungsgrad. Wenn dieser erreicht ist, wird sie wirkungslos.
    Es kann daher sein, dass selbst das beste Mittel nicht alles ablösen kann. Man sollte deshalb nach der vorgegebenen Wirkzeit den ganzen Vorgang noch einmal wiederholen:
    Luft aus dem Ballon ablassen, Lösungsflüssigkeit ablaufen lassen, Waser durchlaufen lassen und danach den Ballon erneut aufpusten. Bis die Flüssigkeiten abgelaufen sind, wir sehr viel Zeit vergehen. Schließlich verhindert ja auch noch der Schlauch, dass die Flüssigkeit schnell ablaufen kann, weil er selbst auch Raum im Kanal einnimmt.


    Während ich das schreibe, sehe ich natürlich ein weiteres Problem auftauchen:
    Der Ballon muss ja später auch wieder raus. Beim Durchschieben wurde er durch den Schlauch vorwärtsgeschoben. Beim Herausziehen kommt es aber nur noch auf die Stabiltät der Verbindung zum Schlauch und des Ballons an.
    Sollte er sich beim Herausziehen verkeilen und vom Schlauch lösen, wird es "dumm". Jetzt können die Ballonreste den Nebenkanal wieder abdichten.


    Sollte man also feststellen, dass der Ballon nicht mit rausgekommen ist, sollte man direkt "nachstochern" und den Ballon auf diese Art in den Hauptkanal stoßen. Der Durchmesser des Hauptkanals ist in der Regel groß genug, dass der Ballon nicht zu einer Verstopfung führen kann.

    Welche Mittel ?

    Phosphorsäure, H2O2, Salzsäure, Essigsäure, Zitronensäure usw. sind die Hauptbestandteile der meisten Kalklöser. Man bekommt diese Mittel aber in der Regel nicht im üblichen freien Handel in der nötigen Konzentration.


    Im freien Handel bekommt man aber Zitronensäure und Essigsäure in Pulverform.
    Mit diesem Pulver erhält man eine 5-15%ige Säure, die für diesen Zweck völlig ausreichend ist... trotzdem handelt es sich natürlich um eine Säure
    Die Konzentration ist nur wichtig für die Einwirkzeit. Man muss es eben länger wirken lassen wenn die Konzentration sehr niedrig ist.


    Wichtig ist natürlich auch der Umweltschutz !
    Zitronensäure und Essigsäure sind biologisch abbaubar, während diverse Spezialmittel nicht so umweltverträglich sind.
    Zudem sind sie (auf den Literpreis gerechnet) in der Regel auch preisgünstiger.

  • Update


    Wie wurde das Problem wirklich gelöst ?
    Ein Fachmann wurde gerufen.
    Der kam mit einem "Arm voll" Säurefläschchen an, kippte diese einfach ins Pissoir und die Verstopfung war nach ca. 1/2 Stunde beseitigt.


    Mit "Selbermachen" hätte es bedeutend länger gebraucht (wenn es überhaupt den gleichen Erfolg gehabt hätte)


    In einem solchen Fall sollte man also lieber gleich den Fachmann rufen.