Leistungsschutzrecht (LSR) vs. Urheberrecht vs. Zitatrecht

  • Es begann alles mit dem Urheberrecht
    Der Urheber eines Werkes hat das unwiderrufliche Recht, bestimmen zu können, was mit seinem Werk geschehen kann/darf/soll.


    Er kann es
    - veröffentlichen
    - Genehmigungen/Lizenzen zur Veröffentlichung erteilen (sogenannte "Copyrights")
    - einen Anderen mit de Veröffentlichung beauftragen (zum Beispiel einen Buchverlag oder Internetseite)
    - erlauben, dass bestimmte Gruppen/Personen das Werk ganz oder teilweise kopieren dürfen
    - erlauben , dass wirklich jeder das Werk veröffentlichen darf
    - erlauben , dass jeder mit dem Werk machen darf, was er will
    - jegliche Veröffentlichung verbieten und es "in der Schublade lassen"


    Diese Rechte hat der Urheber bereits ab der Minute in der das Werk entsteht. Während ich das hier also schreibe, entsteht gerade ein urheberrechtlich geschütztes Werk .. weil es am Ende die nötige "Schaffenshöhe" haben wird.


    Dieses Urheberrecht habe in nun so lange bis ich sterbe... und meine Erben bis zu 70 Jahre nach meinem Tod.
    Das Urheberrecht kann man nicht verkaufen oder übertragen. Nur das Nutzungsrecht kann an andere Personen gehen.
    Eigentlich hätten diese vielen Möglichkeiten ausgereicht , um alles rechtlich regeln zu können.



    Danach kam das Zitatrecht


    " Es muss doch erlaubt sein, dass ich zitiere, was ein Anderer mal gesagt hat ? "
    Das Zitatrecht erlaubt es, dass man eine kurze Passage aus einem anderen Werk übernimmt, um es in seinem eigenem einzubinden.
    Dazu muss man aber auch dabei schreiben, wer das mal "gesagt" bzw. geschrieben hat.


    Ohne diesen Hinweis ist es kein Zitat , sondern eine Teilkopie - die dann wieder nur unter das Urheberrecht fällt.



    Jetzt kommt (vielleicht) das Leistungsschutzrecht (LSR)


    Das neue Gesetz wurde einzig und allein von den Presseverlegern initiiert. Als Hintergrund wurde genannt, dass die Rechte der Verlage gegenüber Suchmaschinenbetreibern gestärkt werden sollten. Die Suchmaschinenbetreiber bezogen und beziehen sich auf das Zitatrecht.


    Das war der Stand Februar 2010.
    http://www.heise.de/newsticker…er-und-Google-941187.html


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    Bereits im März 2010 weiteten sich die Forderungen aber derart aus, dass ein großer Presseverlag die Forderung aufstellte: Für jeden gewerblich genutzten PC soll eine LSR-Abgabe erhoben werden.
    http://www.heise.de/newsticker…e-soll-zahlen-952766.html


    Diese Forderung würde bedeutet haben , dass sich ein paar Presseverlage zusammenschließen und einfach einen Verein gründen , der für jeden gewerblich genutzten PC eine (regelmäßige) Pauschalgebühr erhebt.


    Mit diesem meinen ganz privaten PC würde ich also keine Abgabe zahlen müssen. Sobald ich aber diesen Rechner mal mit in die Firma nehme.. um mit ihm etwas anderes "Gewerbliches" zu machen, wird eine Abgabe fällig, weil er gewerblich genutzt wird. Ein einziges Mal genügt.
    Da man aber faktisch jeden Datenträger, Drucker, Rechner jederzeit gewerblich nutzen kann --- auch wenn man keinen Internetanschluss hat --- hätte man auf dieser Basis faktisch das "Recht zum Gelddrucken" bekommen.


    Ein privater Verein, der das Recht hat, von jedem Bürger eine regelmäßige Gebühr zu erheben... ohne den Nachweis erbringen zu müssen, dass überhaupt eine Nutzung der LSR-Inhalte entsteht.


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    Als im August 2012 nun ein erster Gesetzsentwurf vorgelegt wurde , war er vorrangig auf Inhalte ausgelegt, die gewerblich aus Pressequellen zusammen getragen werden.
    http://www.heise.de/newsticker…sschutzrecht-1677870.html


    Es gibt News-Dienste, die verschiedene Inhalte im Internet zusammen suchen und für diese Arbeit eine Gebühr erheben.
    Wenn zum Beispiel eine Firma einen solchen News-Dienst beauftragt, ihr alles was über sie im Internet zu finden ist, als Kopie zuzusenden , so muss die Firma selbst diese Recherche nicht mehr durchführen.
    Dieser News-Dienst könnte also täglich "das Internet kopieren" (technisch nicht möglich aber der Ablauf ist ähnlich) und aus dieser einzigen Kopie alle Aufträge ausführen.
    Statt dass jetzt jede Firma einzeln suchen muss, sucht nun eine Firma für alle = Es gibt viel weniger Zugriffe auf die Originale.


    Weil dieser News-Dienst die Inhalte aber nicht als Kopie veröffentlicht .. sondern nur seinen Auftraggebern zusendet ... arbeitet er in einer rechtlichen Grauzone. Er berechnet ja keine Gebühr für den Inhalt , sondern nur für die Recherche.


    Auch wenn der Gesetzesentwurf ausdrücklich daraus ausgelegt war, so war er jedoch nicht klar genug formuliert.
    Es bestehen Zweifel, was als gewerblich betrachtet werden kann und auch ob Internetseiten damit gemeint sind, die keine Gebühr dafür erheben.


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    Am 07. Dezember 2012 gibt der Pressesprecher eines großen Presseverlages folgende Erklärung gegenüber einem Suchmaschinenbetreiber


    Zitat

    Prinzipiell gehe es um einen Schutz für diejenigen, "die in Inhalte investiert haben"


    http://www.heise.de/newsticker…sschutzrecht-1764088.html
    Was als "Investition" zu gelten hat, wird nicht ausgeführt. Ich investiere zum Beispiel Zeit und Recherchearbeit - arbeite damit faktisch nicht anders als ein Journalist für einen Presseverlag.


    Dieser Schutz ist eigentlich schon längst durch die bestehenden Gesetze gegeben.
    Jetzt wollen die Presseverlage, dass in bestimmten Dateien ( die sich NUR an automatische Suchautomatismen richten ) auch verankert werden soll, was und wie viel als Zitat/Ausschnitt zulässig ist.


    Faktisch wird damit dann ein neues Gesetz völlig überflüssig. Genau DAS kann man immer schon machen in dem man eben unter dem Begriff "Copyrights" die entsprechenden Einschränkungen oder Zulassungen erwähnt (siehe Anfang des Themas).
    Nur würden jetzt die automatischen Vorgänge darauf hingewiesen.


    WENN man aber auf dieser (eventuellen) Gesetzesbasis nun keinen automatischen Vorgang benutzt , sondern einen Text ganz normal liest und per Hand (teil)kopiert ...
    .. dann wäre so ein Gesetz völlig unwirksam und es bleiben nur die schon bestehenden Gesetze gültig.


    NUR ... wahrscheinlich muss man dann "nachweisen" , dass man eben alles manuell gemacht hat. Diesen Nachweis kann aber keiner erbringen. Aber .. die Rechtslage wird dabei nicht umgekehrt, sondern nur aus einer anderen Sichtweise betrachtet:
    Wie bei einem Kapitalverbrechen müsste man entsprechende "Schuldbeweise" durch ein "Alibi" entkräften.


    Ich benutze keine automatischen Vorgänge. Weil ich aber die Gelegenheit dazu hätte, muss ich also nachweisen, dass ich das alles hier wirklich geschrieben habe. Da ich keine Kamera habe, die mich beim Schreiben filmt und auch keine weiteren Zeugen, die bestätigen, dass ich das hier gerade schreibe, könnte ich also nie ein Alibi dafür erbringen = meine "Schuld" ist nachgewiesen, weil es keinen Gegenbeweis gibt.


    Alles in Allem bin ich gespannt, wie es nun weiter gehen wird , mit dem "LSR".
    Wird es mit den Beteuerungen von Politikern und Presseverlagen so umgesetzt wie es aktuell da steht .... wird es zu einem "Gummi-Gesetz" werden. Alles beruht nur auf Ansichten und Grundgedanken ... die aber nicht konkret ausgelegt wurden.
    Damit wird es Prozesslawinen geben und es könnte durchaus auch "erpresserisch" gearbeitet werden á la...
    " Entweder du zahlst oder ich bringe dich vor Gericht - und du weißt, dass du da keinerlei Chance hast"


    Ohne exakte Definitionen was zulässig ist und was nicht, sollte kein Gesetz gültig werden.
    Ein Gesetz muss schließlich allgemein nachvollziehbar und befolgbar sein.


    PS:
    Auch unter http://irights.info/?q=content…ht-kurz-vor-der-totgeburt wird sich ausführlich mit dem nächsten Gesetzesentwurf beschäftigt.

  • Um mal ein Zitat zum Besten zu geben, dass der "Urheber" direkt ständig unter die "Creative Commons ND NC Unported" stellt weil die gesamten Reden diesen Lizenzierungen unterliegen :


    "Free Software is Software that respects the user's freedom" ( Richard Stallman )



    So ...


    In diesem Falle habe ich gesagt, von wem das ist ...


    Was aber ist jetzt, wenn ich einfach nur raushaue?


    Free Software is Software that respects the user's freedom ? Ohne Namen, ohne die Zitat-ankündigen Anführungsstriche, ohne Alles? Begehe ich damit eine Straftat?


    Durch urheberrechtliche Bestimmungen muss mal einer durchblicken ...


    Ich wäre dafür: Weg mit dem 'Dreck' - viel zu überladen mit Dingen, die kein Normalsterblicher verstehen KANN ...

    "Ich weiß nicht, wer mich in die Welt gesetzt hat, und auch nicht, was mein Körper, meine Seele, meine Sinne und jener Teil meines Ichs sind, der denkt. Ich sehe überall nur Unendlichkeiten, die mich wie ein Atom und wie einen Schatten einschließen." (Blaise Pascal)

  • Zitat

    "Free Software is Software that respects the user's freedom"
    ( Richard Stallman )


    Ist nur ein Zitat.


    Wenn ich Jemanden zitiere ohne seinen Namen zu nennen, habe ich faktisch gegen das Urheberrecht verstoßen.
    "Strafbar" mache ich mich nicht, weil so ein Verstoß nicht unter dem Strafrecht steht.
    Verklagt mich aber der Urheber zivilrechtlich, so muss ich natürlich dann auch die Konsequenzen tragen.


    Man zitiert aber in der Regel nur , um eine Passage mit "berühmten Worten" zu untermauern.

  • Internet ist Interaktion.


    Suchmaschinen bringen Teaser, damit man eine Seite besucht. Für den Service zahlt man als Nutzer mit Ansehen von Werbung .. als Seitenbetreiber eben nichts.


    Wenn die Suchmaschine nun den Content komplett klaut, hat der Seitenbetreiber nichts davon .. hat aber trotzdem die gleiche Arbeit.
    In dem Fall hat dann nur noch die Suchmaschine einen Vorteil.
    Aus dieser Sicht gesehen, ist es nachvollziehbar, wenn ein Seitenbetreiber etwas abhaben will, wenn sein Content komplett übernommen wird. Ein Link auf die Seite bringt ihm dann ja nichts mehr ein, weil man ihm nicht mehr folgen muss.


    ......


    dpa und Reuters sind die größten Pressestellen in Deutschland. Verlage bekommen ihre Meldungen in der Regel von dort, wenn sie sie nicht selbst recherchieren. Sie zahlen dafür Lizenzgebühren.
    Kommt jetzt einer an, der das von den Verlagen kopiert.. oder für die eigene Newszusammenfassung nutzt ... hat er die gleichen Infos, musste dafür aber nichts zahlen.


    Das Urheberrecht schützt den Originaltext des Verlages. Mit einer eigenen Zusammenfassung ist dieser Text aber nicht mehr vorhanden, sondern es entsteht ein neues urheberrechtlich geschütztes Werk.
    Bereits vor vielen Jahren gab es Software, die nur aus ein paar Vorgaben einen kompletten Roman schreiben konnte. Wenn die Entwicklung entsprechend weiter gegangen ist, kann man heute durch Kombination von diversen Quellentexten längst auch automatische "eigene Werke" generieren lassen.


    .................


    Verlage sollen geschützt werden, weil diese ihre Infos ja veröffentlichen (was bei dpa und reuters nicht in vollem Umfang geschieht).
    Allgemein gesprochen, soll also die Informationsbranche geschützt werden.


    Während aber alle immer nur von den Suchmaschinen als News-Nutzer sprechen, sollte man mal darauf achten, was man auf den Startseiten der diversen ISP und anderen Anbieter findet: Ob t-online, gmx oder wer auch immer .... alle bringen Pressemeldungen und profitieren deshalb von den Verlagsarbeiten.


    ==================


    01. März 2013
    Der Gesetzesentwurf hat nun die ersten Hürde genommen. Abschließend fehlt nur noch die Entscheidung des Bundesrates, damit es angewendet werden kann.


    Doch nun "zu uns" ...
    Eigentlich wären wir alle ja aus der Schusslinie.. denn .. eigentlich sind nur all diese Anderen gemeint gewesen.
    Das Gesetz ist nicht eindeutig genug um uns private Betreiber schützen zu können.


    Einerseits musste es so formuliert werden, dass man nicht durch eine Umfirmierung oder Branchenwechsel plötzlich nicht mehr davon betroffen ist ...andererseits werden jetzt aber "diverse Personen" in jeder Internetseite eine lohnende Einnahmequelle sehen wollen.


    Ab wann würde man beschuldigt werden können, dass man Verlagsinfos zum eigenen Gelderwerb nutzen würde ?
    Schon bei einem einzigen Werbebanner, für das man irgendwie Geld bekommen könnte.


    Warum ?
    Weil man durch die Fremdinformationen ja Werbeklicks von Besuchern bekommt


    Und wenn Werbebanner vom Hoster angezeigt werden ?
    Hierbei würde eigentlich wohl auch eine "finanzielle Verbundenheit" entstehen. Man bekommt den Webspace und lässt im Gegenzug Werbung zu. Indirekt bekommt man für die Werbeschaltung den Wert des Webspaces. Man macht also "Profit" damit.
    Im Gegensatz zu absichtlich geschalteter Werbung, lässt sich der Wert von Hoster-Werbung aber nicht in Geld beziffern. Man hat weder eine Kontrollmöglichkeit noch erfährt man, wie viel Werbeklicks die eigene Seite refinanzieren.


    Sobald das neue Gesetz die letzte Hürde genommen hat, sollte man sich überlegen, wie man seine Seite weiter betreibt ...
    Verzichtet man ganz auf Neuigkeiten, die man in Verlagsinformationen gefunden hat ?
    Verzichtet man auf jegliche Werbeeinnahmen ?
    Gründet man einen eigenen Verlag, um seine eigenen Recherchen zu schützen ?


    Stellt man auf der Seite einen besonderen Bereich zur Verfügung, zu denen Suchmaschinen keinen Zutritt haben ?
    In dem Fall würde man Besucher mit eigenen Zusammenfassungen versorgen können .. ohne dass Andere behaupten könnten, man hätte von Verlagsinfos profitiert, auf die in Suchmaschinen hingewiesen wird .


    Alles nur Überlegungen, was man machen könnte , wenn das Gesetz anwendbar wird.

  • 21. März 2013 - Es ist "kurz vor 12"


    Diverse Parteien haben den Widerstand gegen das Gesetz aufgegeben. Es ist nur noch "reine Formsache", dass der Bundesrat das Gesetz am 22.03.2013 "durchwinkt".


    Unter http://www.golem.de/news/bunde…fhalten-1303-98329-2.html ist aber zu lesen, dass der SPD-Kanzlerkandidat "verspricht"

    Zitat

    ... ein neues, taugliches Gesetz" zu schreiben - sollte er denn Bundeskanzler werden.


    Es hat jetzt so viele Jahre gebraucht, bis aus einer Grundidee ein "richtiges Gesetz" wurde.
    Ich persönlich halte das "Versprechen" für "einen Versprecher" ( = er hat sich versprochen = einen Sprachfehler gemacht)


    Man soll aber nie im Voraus urteilen


    Zitat

    "Nicht nach ihren Worten sollt ihr sie beurteilen, sondern nach ihren Taten"


    Warten wir also in Ruhe ab, ob Worten auch Taten folgen werden ... WENN die Chance dafür überhaupt besteht.