Ausschreibungen

  • Viele Einkaufsabteilungen machen eigentlich einen eklatanten Fehler: Sie schreiben ihren Bedarf in einem großem Bündel aus.


    Grundsätzlich ist so eine Ausschreibung ja ok.
    Man erhält so ziemlich kompakt gleichgeschaltete Angebote, die direkt miteinander vergleichbar sind.


    Der Fehler , der mir jedoch immer wieder auffällt ist, dass die Ausschreibungen einerseits viel zu allgemein gehalten sind.
    Faktisch ist die Produktbeschreibung so allgemein gehalten, dass man die Qualität oder Ausführung nicht genau definiert.
    Das wäre so, als wenn man "Auto mit 4 Rädern" in eine Ausschreibung setzen würde.


    Der Grund für die Allgemeinerung ist wahrscheinlich, dass man möglichst viele Anbieter interessieren möchte, ein umfassendes Angebot zu erstellen.


    Der andere zu sehende Fehler ist, dass eine ganz bestimmte Marke/Typ ausgeschrieben wird.
    Diese Beschreibung ist jetzt so speziell, dass keine Alternativen in Frage kommen können.
    Das wäre so als wenn man "Tütensuppe XYZ" ausschreiben würde.


    Hier möchte der Einkäufer also nachvollziehbar eine bestimmte Eigenschaft und Qualität haben. Er bedenkt aber nicht, dass er damit alle Anbieter abschreckt, die nicht dieses Produkt führen.
    Er vergisst also, dass es auch gleichwertige Produkte anderer Hersteller geben kann und bevorzugt deshalb die Anbieter dieses speziellen Produktes. Auch das ist zu kurzsichtig gedacht.

    Die ideale Form einer Ausschreibung ist, dass man die Produkteigenschaften auflistet und dementsprechend anbieten lässt.

    Hier würde man also eine vergleichbare Produktpalette angeboten bekommen und gleichzeitig wirklich einen offenen Wettbewerb unter den Anbietern starten - was ja der Sinn einer Ausschreibung ist.


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    Je größer ein Ausschreibungspaket in der Menge der unterschiedlichen Einzelpositionen ist, desto eher neigen Einkäufer dazu, völlig verschiedene Warengruppen hinein zu packen.
    Das nenne ich jetzt einmal "Fehler Nummer 3"


    Natürlich ist es sowohl bei der Auswertung als auch beim späteren Zuschlag viel einfacher, einfach darauf zu achten "was unter dem Strich heraus kommt".
    Unberücksichtig bleibt dabei aber, dass manche Bewerber eine "besondere Stärke" in einem Segment haben .. in anderen Gruppen aber eher mittlelmäßig sind.


    Hier wird der normale Ausschreiber also später dem Bieter den Zuschlag geben, dessen "Stärkesegment" in der kompletten Ausschreibung den größten Anteil ausmacht.


    Würde die Ausschreibung aber je nach Produktgruppe erstellt und ausgewertet werden, würden die Ausschreiber viel größere Einsparungen erhalten, als bei einem kombinierten Angebot.


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    Ich mache fast tagtäglich "kleine Ausschreibungen", ohne dass die Anbieter davon wissen.
    Meine "Ausschreibung" bestehen eigentlich aus vielen kleineren und größeren Listen, die ich "mal eben besorgen muss".
    Nein, ich bin keine Hausfrau, die den Tagesbedarf besorgen muss. Bei mir gehen durchaus in wenigen Minuten dann Aufträge im 4stelligen Bereich raus.


    Ich habe natürlich auch immer auch die Wahl, alles an einen Lieferanten zu geben .. weil es natürlich viel bequemer ist. Andererseits sehe ich aber auch direkt die Einspareffekte, wenn ich nicht bequem bin.
    Verglichen mit der "bequemen Beschaffung", sind durchaus bis zu 70% Einsparung pro Produkt möglich.


    Habe ich dann alles zusammen, kommt es nur noch darauf an, die Kosten der Beschaffung zu taxieren.
    Mal bekommt nur ein Anbieter den Auftrag (weil die Beschaffungskosten bei anderen einen weiteren Auftrag nicht lohnen) und mal bekommen 20 Lieferanten "jeder ein Stück ab". Dann sind es eben 20 einzelne Aufträge, die aus der Beschaffungsliste entstehen.


    Meine "kleine Ausschreibung" basiert nicht darauf, dass die Lieferanten mir ihre Angebote senden, sondern ich suche sie selbst aus normalen Preisen zusammen. Nur wenn ich einmal eine besondere Menge benötige, frage ich ganz gezielt an. Die Menge muss dann aber extrem hoch sein und auch für den Lieferanten "interessant" sein, so dass er wirklich ein Angebot gibt, das den Aufwand wert ist.


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    Auf der anderen Seite bekomme ich auch immer wieder Ausschreibungen zu sehen, die ich bereits vorher taxiere, ob sich der Aufwand zur Erstellung überhaupt lohnen könnte.
    - Ist eine Ausschreibung so speziell, dass ich nur einen ganz kleinen Teil anbieten könnte, lass ich gleich die Finger davon.
    Ich werde den Zuschlag sowieso nicht bekommen, weil ich ja die anderen Sachen nicht liefern kann.


    - Sind so viele Sonderbedingungen eingebaut, dass man sie nicht berücksichtigen kann ... oder viel zu hoch kalkulieren müsste ... bringt es dem Ausschreiber auch nichts ein.
    Beispiel: " 1 Mio Liter E10-Superbezin mit Preisbindung . Die Ware wird in Kontingenten zu 20 Liter abgerufen"


    Ich habe das Beispiel gewählt, weil wirklich jeder vernünftige Mensch weiß, dass man so etwas nicht berechnen und anbieten kann.
    - Wie lange ist der Spritpreis von heute noch gültig ?
    - Was mache ich, wenn der Preis in den nächsten Jahren immer weiter steigt ?
    - Wo bekomme ich immer wieder frische Ware her ? Auch Sprit hält sich nicht ewig.
    - Wie lange soll ich eine entsprechende Menge teuer einlagern bis alles abgerufen ist ?


    Als Anbieter müsste ich alle diese Fragen beantworten, in meine Wahrsagerkugel schauen, wie sich die Preise entwickeln werden und mit dem Rechnen beginnen.
    Eindeutig wäre der Preis zu hoch für heutige Zeiten - aber - der Ausschreiber hat ja so unrealistische Bedingungen gesetzt, dass er eben nur solche Angebote bekommen wird. Dann muss er eben für seinen Fehler bezahlen.


    Solche viel zu speziellen Ausschreibungen berücksichtige ich nicht einmal. Sie kosten nicht nur sehr viel Arbeit, sondern die Erfolgsaussichten sind auch faktisch Null, den Zuschlag zu bekommen.
    Den Zuschlag wird die Firma erhalten, die nicht alles berücksichtigt und "blauäugig kalkuliert". Sie wird dann den Zuschlag bekommen ... und in einigen Jahren später nicht mehr auf Anfragen reagieren können. Geht ja nicht, wenn man in Konkurs gegangen ist. :P ;)


    Für den Ausschreiber gibt es deshalb in der Regel nie genug "vernünftige Anbieter". Seine Auswahl wird sich nur auf ein paar Große beschränken. Ich kann da nur immer wiederholen:
    "Egal wie groß deine Ausschreibung ist, so bist du doch nur ein kleines Licht. "


    Wie komme ich dazu ?
    Meine "kleine Firma" nimmt an manchen Tagen den Materialbedarf von ganzen Großstädten ab. Was meinst du, wer die besseren Preise für dich hat , meine Lieferanten "direkt von Werk" oder ich als "Kleiner" ?


    Während meine Lieferanten dir "die besten Ausschreibungen" zusenden, gebe ich dir die besseren Einzelmengenpreise.
    Wo die Großen Preisgarantien geben, garantiere ich dir das nicht. Wenn das Produkt günstiger wird, bekommst du es eben nicht mehr zum Festpreis, sondern billiger. Natürlich musst du dann auch riskieren, dass du eventuell mal eine Preiserhöhung bekommst, wenn es teuer wird. OB sich aber für dich auswirkt, kommt nur auf den Zeitpunkt deines Bedarfs an.


    Ich war bisher in vielen Branchen als Einkäufer tätig. Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass das alles branchenübergreifend gültig ist.


    • WENN du eine Ausschreibung machst, investiere viel Zeit für eine möglichst detaillierte Ausarbeitung.


    • Unterteile sie nach Produktgruppen, so dass du später immer den günstigsten aus einer Produktgruppe beauftragen kannst.


    • Je feiner du die Gruppen unterteilst, desto höher wird die Einsparmöglichkeit liegen.



    Die Auswertung selbst wird dann nicht schwerer sein, als dass man immer nur nachschauen muss "was unterm Strich" in der jeweiligen Gruppe heraus kommt. Und dann bestellt man eben alles einzeln.


    Eigentlich ist eine Ausschreibung nicht mehr als ein großer Einkaufszettel.
    Nur dass mit diese Liste an andere gibt, damit sie die Preise einsetzen sollen.
    Mach es doch wie jede gute Hausfrau und such dir einfach gezielt aus, wo es was am Günstigsten gibt. Damit sparst du sehr viel Geld ;)