Lesen und Internet bilden (eine kleine Studie)

  • Bildung und Allgemeinbildung wird nicht nur in den diversen Bildungsträgern (Schulen etc. ) erworben. Die Bildungseinrichtungen geben sozusagen nur ein grobes Grundlagenwissen weiter. Die eigentliche Bildung findet aber außerhalb statt.


    Was ist eigentlich "Allgemeinbildung" ?
    Das ist das Wissen bzw. die Bildung, die man , ohne spezielle Fokussierung auf einen bestimmten Bereich, hat.
    Zur Allgemeinbildung gehören Wissenschaft, Technik, Geschichte und soziales Leben.
    Die ersten Grundlagen werden in den Schulen mitgegeben, so dass am Ende der Schulzeit alle Schüler faktisch die gleiche Ausgangsbasis haben, auf der sie später aufbauen können. Das ist das sogenannte "Schulwissen".


    Später wird man vieles vergessen, was man nicht mehr benötigt oder Teilbereiche "bildungstechnisch ausbauen". Die Bereiche, für die man sich besonders interessiert, wird man weiter ausbauen und darin immer mehr Wissen erwerben. Man beginnt sich sozusagen zu spezialisieren.
    Nach der Schulzeit wird das eigene Wissen also individualisiert.
    Aus Allgemeinwissen wird "Spezialwissen" und "Fachwissen".


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    Mein eigenes Allgemeinwissen hat sich mit der Zeit relativ stark erweitert.
    Die Gründe liegen darin, dass ich immer wieder in anderen Branchen gearbeitet habe und auch relativ weit herum gekommen bin. Meine Ansprechpartner waren oft Branchenkenner, denen ich auf ihrer eigenen Bildungsebene Paroli bieten musste. Ich war also anfangs faktisch gezwungen, mir deren Fachwissen auch partiell anzueignen.
    Das reicht natürlich nicht aus, um selbst im jeweiligen Fachbereich als Fachmann zu zählen - aber man versteht den Fachbereich viel besser und gleichzeitig erweitert man sein eigenes Allgemeinwissen um einen Wissensfaktor, den andere Menschen nicht haben.


    Aus dem Lernzwang wurde immer mehr ein reiner Wissenshunger. Heute ist es ein kleines Hobby, mich über möglichst viel zu informieren. Ich möchte einfach verstehen können, worum es geht und auch die Hintergründe kennen.


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    Beruflich habe ich immer viel mit Menschen zu tun gehabt. Ich habe gelernt, Menschen und ihr Verhalten zu analysieren um ihre Beweggründe und Wünsche nachvollziehen zu können. Dazu braucht es eigentlich nicht viel , außer einer guten Beobachtungsgabe und das Zusammenführen diverser Faktoren.
    Im Laufe der Zeit habe ich sozusagen fortwährend Psychoanalysen anstellen können.


    Mir ist Folgendes aufgefallen:

    In ländlichen Regionen mit schlechter Internetanbindung haben alle ein ähnliches Allgemeinwissen
    Das Denken und Wissen der Menschen bewegt sich in relativ engen Bahnen rund um den eigenen Lebensbereich.
    Sie haben sich sozusagen auf ihr eigenes kleines Umfeld konzentriert und ihr dazu nötiges Wissen immer mehr ausgeweitet.


    Dieses Verhalten habe ich in ganz Deutschland immer wieder beobachten können.
    Die Menschen wissen alles rund um das eigene Umfeld, jedoch ist Wissen aus anderen Bereichen nur rudimentär oder selten anzutreffen.
    Ohne Anbindung an moderne Kommunikation und Bildung , haben sie keine andere Möglichkeit, ihr Allgemeinwissen zu erweitern, außer eben auf den Bereich aus dem sie fortlaufend Informationen bekommen.


    Wer das liest, und in einer solchen Region lebt, sollte sich bitte nicht angegriffen fühlen.
    Ich halte mich immer wieder in solchen Regionen auf und stelle dabei an mir selbst auch fest, dass mein Wissenshunger immer weiter nachlässt, je länger ich mich in der Region aufhalte. Ich kann den Wissenshunger nicht stillen, also setze ich mich ganz automatisch auf "Bildungsdiät" und nehme einfach das an Informationen mit, was mir dann noch zur Verfügung stehen kann.


    Manche Berufsgruppen weisen eng begrenztes Allgemeinwissen auf
    Wer tagtäglich nur ganz bestimmte Tätigkeiten ausführen muss, dessen Gedanken kreisen fast von selbst mit der Zeit vorrangig um diese Tätigkeiten. Man beschäftigt sich eben Tag für Tag mit der monotonen Tätigkeit .. die aber nicht zwangsläufig "unintelligent" sein muss. Hat man dann alles nötige Wissen erworben, stagniert auch hier die Weiterbildung.
    Da erfordert es schon einen großen Wissensdurst, dass man sich (z.B. nach körperlicher schwerer Arbeit) abends noch hinsetzt, um sich in der Freizeit noch weiter zu bilden.


    Ich habe auch in solchen Berufen gearbeitet und empfand sogar sehr viel Spaß an der Arbeit. Nach einiger Zeit merkte ich jedoch, dass sich mein Bildungshorizont immer weiter spezialisierte und verengte. Irgendwann kam der Punkt , an dem sich mein ganzes Denken nur noch um diese Arbeitsbereiche drehte.


    Manche Altersgruppen haben eine ähnliche Allgemeinbildung
    Diese Aussage muss ich jetzt jedoch einschränken: Ich habe nur die Generationen von 20, 30, 40, 50, 60, 70, 80jährigen beobachtet.


    Während 20jährige aktuell eine hohe Technikaffinität aufweisen und eine entsprechende Bildung aufweisen, haben sie aber großteils nicht das Wissen über die Funktionsweise und Hintergründe derselben. Sie können perfekt damit umgehen, wissen aber nicht , wie es funktioniert


    Die Gruppe der 30jährigen weist eine sehr große Bereitschaft für Neues auf, ist jedoch teilweise nicht bereit, sich über die Hintergründe zu informieren.


    Die 40jährigen sind in der Jugend nicht so stark mit Technik konfrontiert worden. Sie nutzen sie dort, wo sie es als sinnvoll ersehen, möchten sich aber nicht eingehend damit beschäftigen.


    Die 50jährigen sind in der "prä-Computer-Ära" aufgewachsen. Sie hatten noch die "Wahl", ob sie sich für moderne Technik interessieren wollten oder eben nicht. Wenn sie sich dafür interessierten, haben sie sich von Grund auf damit beschäftigen müssen. Sie konnten moderne Technik erst nutzen, wenn sie sie verstanden hatten.


    In den Gruppe der noch Älteren herrscht vorrangig ein Allgemeinwissen vor, das sich um Soziales, Kultur, Natur und Wissenschaft dreht. Sie konzentrieren sich auf das für sie "Wesentliche".


    Dieses generationenbedingte Allgemeinwissen ist kein Nachteil !
    Es entsteht eigentlich ganz automatisch im Laufe der Entwicklung.
    Eigentlich ist es fast schon "ideal" zu nennen, da man sich bei Problemen nur an eine bestimmte Gruppe wenden muss, um eine Lösung zu finden. Man muss nur selbst definieren können, wo da Problem liegt, um die richtige Gruppe zu finden.


    Beispiele:
    Probleme mit Technikhandhabung ? Ab zu denen unter 30
    Probleme mit Technikverständnis ? Bei ab 40 wirst du Hilfe finden
    Probleme mit anderen Sachen aus dem normalen Leben ? Ab 30 geht es los und wenn es "soziale Sachen" sind, wirst du die besten Ratschläge bei den lebenserfahrenen 70-80jährigen finden


    Das waren jetzt alles Verallgemeinerungen. Kein Mensch lässt sich in eine bestimmte Schublade stecken !
    Wer sich etwas mit Mengenlehre auskennt, müsste aus allem , was ich bisher beschrieben habe, jeweils eigene Gruppen bilden und entsprechende Übereinstimmungen und Schnittpunkte bilden.
    Dazu muss man aber schon sehr viel über die jeweiligen Personen wissen.


    Hat man dann alle Daten zusammen, erhält man im Schnittpunkt aller Gruppen den "einzigen Mensch" der auf das Problem die "richtige Lösung" weiß. Wenn er sie aber nicht weiß, hast du eben nicht alles berücksichtigt oder eingebracht. Dann musst du eben wieder ganz von vorne beginnen *lach*


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    Was hat das aber alles mit Bildung, Lesen und Internet zu tun ?


    Die meiste Bildung liest man sich an. Je mehr man liest, desto größer wird (i.d.R.) der eigene Wissensschatz. Bevor es das Internet gab, war die Informationsflut sehr stark eingeschränkt.


    Man bekam im Idealfall einmal am Tag neue Informationen durch die Tageszeitung. Fachbücher erschienen in so langen Abständen, dass das Wissen schon längst veraltet war, bevor man Zugang dazu hatte.
    Gerade am Anfang der Computerzeit war das die größte Technikbremse: Die Informationen standen nicht allen gleichzeitig zur Verfügung und es brauchte sehr lange, sie zu verbreiten.


    Seitdem es das World Wide Web (WWW) gibt (das WWW ist NICHT das Internet , wird aber mittlerweile allgemein so verstanden) , gibt es aber neue Informationen im Sekundentakt.
    Es gibt also gerade einmal seit 20 Jahren die Möglichkeit, sich dann weiterzubilden wann man dazu Lust hat oder in dem Fachbereich zu dem man sich hingezogen fühlt.


    Dazu muss man Lesen. Lesen in all seinen Formen bildet also weiter.
    So gesehen ist das Internet das "größte Bildungsinstitut aller Zeiten".


    So wie man aber auch einen "schlechten Lehrer" erwischen kann, kann man auch im Internet "das Falsche lesen".

    Im Gegensatz zu Büchern, gibt es keine feste Einsortierung in Sachbuch , Roman, Fiktion, Thesen, Theorien. Das Internet ist ein riesiges Mischmasch an Informationen, deren Wahrheitsgehalt nicht überprüft oder einsortiert wird.


    Jeder schreibt so wie er es denkt. Am Ende muss der Leser selbst entscheiden, was er glauben will und was nicht.
    Genau wie auch ein Studierter "völligen Unsinn verzapfen kann" - und trotzdem seine Anhänger findet - so können sich auch falsche Fakten verbreiten.


    Das Schlimme am Internet ist, dass man selbst beurteilen muss, ob man etwas liest, das einen weiterbildet oder ob man die Information anzweifelt. Auch Falschmeldungen bilden weiter .. jedoch dann eben in die falsche Richtung.


    Was ist die weltweit am weitesten verbreitete Falschmeldung - die sich auch heute immer noch hält ?
    Richtig --> Mythos: Spinat enthält sehr viel Eisen
    Seit über 120 Jahren kursiert dieses falsche Wissen auch heute noch - und Eltern quälen ihre Kinder mit frischen Spinat , weil der doch "so gesund ist" :loool: