Lokführerstreik und seine Auswirkungen

  • Zuerst denken viele an die armen Fahrgäste, die seit heute morgen sehen müssen, wie sie an ihr Ziel kommen können.


    Wer heute den Verkehrsfunk hören konnte, musste feststellen, dass es in fast allen Bundesländern riesige Staus gab:
    Die Fahrgäste sind vorwiegend auf private Verkehrsmittel umgestiegen und mit dem Auto gefahren.


    Das totale Chaos erwarte ich aber morgen, am Freitag.
    Ich betrachte dabei vor allem die Ballungsräume in Deutschland. Schon an einem normalen Freitag sind Staus von 10 Kilometern und mehr üblich geworden.
    Wenn morgen aber nun alle mit dem eigenem Fahrzeug fahren müssen , kann man sich vorstellen was passieren wird:
    In allen Ballungsräumen werden die größten Parkplätze entstehen, die man je gesehen hat : Hunderte von Kilometern an stehendem Verkehr.


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    Was aber nur selten bedacht wird:
    15% des gesamten Transportvolumens wird über die Schiene abgewickelt Diese Mengen kann man nicht schlagartig auf die Straße abwälzen - obwohl man es gerade versucht:
    LKW-Frachtraten steigen bis zum Dreifachen , weil eben jeder seine Frachten transportiert haben möchte und nicht genug Laderaum zur Verfügung steht.

  • Eigentlich wollte ich noch mehr geschrieben haben, jedoch ließ mich meine Tastatur in Stich :(


    Die Prognose lautete letztens noch, dass es ca. Montag zu Engpässen in der Versorgung mit Treibstoff kommen könnte.
    Der Hintergrund ist dabei aber nicht, dass Treibstoff überwiegend per Bahn transportiert wird, sondern, dass die extrem hohe Verkehrsdichte verhindert, dass die Tanktransporter, wie üblich, "just in time" ankommen.


    Gleichzeitig wurden Vorschläge gemacht, das Sonntagsfahrverbot für LKW aufzuheben.
    Das hätte aber nur bedeutet, dass der Streik zu Lasten der LKW-Fahrer geht.
    LKW-Fahrer müssen sich an die Fahrpersonalverordnung halten, die exakt die Pausen- und Fahrtzeiten vorschreibt.
    Haben sich die Fahrer an die Verordnung gehalten, dürfen sie sonntags nicht noch zusätzlich fahren.


    Von der Aufhebung des Fahrverbots würden also nur Speditionen profitieren, die "frische Ersatzfahrer" haben.
    Die Logistikbranche leidet aber schon länger unter dem Mangel an qualifizierten Kraftfahrern. Was würde also an solchen Tagen auf die Straße geschickt werden ?


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    Ein anderer Aspekt des Streiks ist, dass davon auch Heizkraftwerke betroffen sind, die Bewohner mit Fernwärme versorgen.
    Hier werden die nötigen Brennstoffe nur per Bahn angeliefert. Die nötigen Mengen könnte man nicht einmal ansatzweise volumenmäßig auf die Straße verlagern.


    Die ersten Kraftwerke meldeten daher, dass sie in Kürze den Betrieb einstellen müssten = die betroffenen Bewohner von versorgten Gebieten, hätten keine Heizung mehr .. und das, wo die Temperaturen mittlerweile immer weiter fallen.


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    ANGEBLICH soll der Bahnstreik heute Abend vorzeitig beendet werden.
    Das heißt aber nicht, dass damit alle Probleme aus der Welt geschafft sind.


    Die Züge stehen da, wo sie verlassen wurden.
    Selbst wenn alle gleichzeitig wieder in Betrieb genommen werden, dauert es sehr lange, bis der normale Fahrplan wieder funktioniert.


    Die Gründe dafür


    1 ) Die Züge müssen an ihr Einsatzgebiet verbracht werden.
    Sie können ja nicht einfach an dieser Stelle ihre Fahrt fortsetzen.
    Im (für die Bahn ) Idealfall, wartet der einzelne Zug so lange an dieser Stelle, bis er dort fahrplanmäßig weiterfahren soll. Alle anderen vorherigen Punkte der Strecke bleiben so lange unbedient.


    2 ) Güterzüge müssen erst wieder beladen werden.
    Züge, die leer auf dem Rückweg waren, müssen dazu erst einmal wieder am Rohstofflager ankommen. Bis dahin vergeht viel Zeit.
    Die Nachschubkette für Heizkraftwerke ist bis dahin unterbrochen.


    3) Die Abstände zwischen den Zügen müssen wieder hergestellt werden = man kann jetzt nicht alle lossenden, sondern die meisten Züge müssen erst noch stehenbleiben.
    Hier sind auch Kraftwerke betroffen. Selbst wenn sich einige Züge in Annäherung befinden, müssen sie doch auf der Strecke stehen bleiben, bis ihr Zeitfenster für die Weiterfahrt erreicht ist.



    GLEICHZEITIG bring das vorzeitige Ende des Streiks aber keine Besserung für alle Transporte, die auf der Straße durchgeführt werden.
    Wenn der Streik endet, beginnt das Fahrverbot für LKW. Sie stehen also weiterhin dort, wo sie heute Abend angekommen sind und können erst Sonntagabend ab 22 Uhr weiterfahren.
    Sie haben durch den Streik viele Fahrtstunden in Staus verloren. Stunden, die sich nicht wieder aufholen können. Die prognostizierte Treibstoffknappheit könnte also durchaus doch noch Realität werden.


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    Persönliche Ansicht zum Streik an sich.
    Eine Gewerkschaft übt ihr verbrieftes Streikrecht aus. Das ist legitim und wurde auch gerichtlich bestätigt.
    Im Normalfall schädigt ein Streik nur den Arbeitgeber , der keine höheren Löhne zahlen möchte.


    Im vorliegenden Fall haben um die 3.000 Streikende jedoch nicht nur bei ihrem Arbeitgeber einen Schaden verursacht, sondern weitere Kollateralschäden in extremer Millionenhöhe bei der übrigen Bevölkerung.


    Weiterhin haben sie der gesamten Volkswirtschaft und der Umwelt geschadet:
    Jeder Unfall eines Bahnreisenden, der auf das Auto umgestiegen ist, ist allein durch sie zu verantworten. Jeder autofahrende Bahnreisende hat Umweltverschmutzungen produziert, die über dem Maß liegen, wie er sie ohne Streik erzeugt hätte.


    Gleichzeitig haben sie mit ihrem Streik aber auch allen anderen die Freizeit faktisch gestohlen, die sie wegen dem dichten Verkehr länger und früher fahren mussten.

    Nun stellt sich natürlich die "Schuldfrage". Gewerkschaft oder Bahn ?

    Für mich haben beide Seiten sich so benommen wie kleine Kinder "ich will das aber haben *kreisch* "


    GDL = Gewerkschaft deutscher Lokführer.
    Wenn ihr den Begriff "Lokführer" im Namen führt, so habt ihr nichts mit dem restlichen Bahnpersonal zu tun und könnt keine entsprechenden Ansprüche zu erheben


    Bahn
    Vor Gericht ziehen bringt es nicht. Ihr könnt nicht damit argumentieren, welche Kollateralschäden es gibt, nur weil ihr euch nicht einigen wollt.


    Beide
    Schlichtungsverhandlungen sind dazu da, um einen Kompromiss zu finden - das bringen Eltern schon ihren kleinen Kindern bei , scheint aber wohl nicht überall bekannt zu sein.
    Da setzt man sich nicht hin und besteht auf seinen Forderungen, sondern geht aufeinander zu.


    Meine pessimistische Prognose ist, dass es in Kürze erneut einen weiteren Streik geben wird.
    Sobald er aber erneut auf dem Rücken der Allgemeinheit ausgetragen wird, sollte der Gesetzgeber einmal darüber nachdenken, wie man so etwas verhindern kann.
    Das Streikrecht muss bleiben - aber die Auswirkungen dürfen dann auch nur die streitenden Parteien betreffen .


    Meine Idee dazu:
    Streiks im Logistikbereich müssen so rechtzeitig angekündigt werden, dass sich alle Betroffenen rechtzeitig komplett umstellen oder Vorsorge treffen können.
    Während sich dann die Parteien gegenseitig behegen, können andere Branchen die Ausfälle kompensieren (z.B. Schifffahrt oder LKW) . Ist ein Ausfall rechtzeitig bekannt, kann man die nötigen Verkehrsmittel auch aus dem Ausland anmieten oder auf dortige Logistiken verlagern. Reisen können nrechtzeitig auf anderen Wegen angetreten oder auf einen anderen Zeitpunkt verlagert werden.
    Vorlaufzeit: 2 Wochen .. dann gibt es auch kein Chaos