"Schuss vor den Bug" - Was heißt das eigentlich ?

  • Was wir heute als Redewendung verwenden, hat es wirklich einmal gegeben und gibt es auch noch heute.


    Das Ganze spielt sich "auf See" (auf dem Meer) ab.
    Wenn man ein Auto anhalten will, muss man nur die Straße sperren. Will man jedoch ein Schiff anhalten, klappt das Prinzip nicht. Es gibt zwar "Wasserstraßen", aber ein Schiff kann auch jederzeit davon abweichen. Wasserstraßen kann man eben nicht sperren.


    Um ein Schiff zum Anhalten zu zwingen, kann man eben nicht einfach eine Sperre errichten. Man muss ihm schon mit "ernsten Konsequenzen" drohen, damit es dem Haltewunsch folgt.
    Die "schlimmste Konsequenz" für ein Schiff ist, dass es versenkt wird.


    Zu Zeiten der Segelschifffahrt hatte man keine Motoren, mit denen man ein Schiff aufpimpen konnte. Nur Bauart und Erfahrungen der Mannschaft entschieden darüber ob ein Schiff ein anderes einholen konnte.
    Kam man "längsseits" (also neben das andere Schiff) konnte man es entern und die Mannschaft zum Anhalten zwingen.


    War der Verfolger jedoch nicht ganz so schnell - oder die Mannschaft des verfolgten Schiffs hatte Tricks drauf, die ein längsseits Gehen verhindern konnte - segelte der Verfolger hinterher ohne Aussicht sein Ziel je erreichen zu können.


    Wenn der Verfolger jedoch bewaffnet war, brauchte er nur in Schussreichweite zu kommen. War er nahe genug dran, konnte der das verfolgte Schiff einfach versenken. In den Seekriegen reichte das ja schon aus. Ein paar Treffen ins Heck und das Schiff begann zu sinken.
    Manche Schiffe sollte jedoch nicht versenkt werden. Man wollte das Schiff oder seine Ladung haben und auch Mannschaften anderer Schiffe warten begehrt.


    Wie zeigt man einem anderen Schiff, dass man ihm haushoch überlegen ist ?
    Von hinten rein schießen ist nur ein Zeichen der Ohnmacht. Ein guter Kapitän konnte sogar solchen Sachen ausweichen und eine gute Mannschaft konnte auch Löcher stopfen, die die Geschosse rissen.
    Das war also keine Garantie, dass die andere Mannschaft lieber vor Angst um das eigene Leben aufgibt als weiter ihr Heil in der Flucht zu suchen.


    Wenn die eigenen Kanonen aber so weit reichen, dass man über das verfolgte Schiff hinweg schießen kann, ist das eine echte Bedrohung. Man kann das Schiff nicht nur beschädigen sondern von hinten bis vorne vollständig zerstören.
    Also schoss man über das Schiff hinweg, sodass die Geschosse direkt vor seinem Vorderteil (dem Bug) harmlos ins Wasser auftrafen. Man setzte einen Schuss vor den Bug.
    Das war die letzte Warnung:
    "Gibt auf oder zieh die Konsequenzen. Hier ist jetzt Schluss ! Wenn du nicht aufgibst, kennen wir keine Gnade."


    Auch heute bedeutet die Redewendung "einen Schuss vor den Bug setzen" nichts anderes als eine letzte Warnung bevor man Ernst macht.


    [hr]
    Das mit dem "Schuss vor den Bug" hat sich in der Seefahrt bis heute noch gehalten.Auch viel schnellere Schiffe zeigen damit ihre Überlegenheit und den Willen, das andere Schiff anzugreifen, wenn es nicht stoppt.
    Nicht nur Kriegsschiffe oder Piraten greifen zu diesem Mittel. Auch Küstenwache und Wasserpolizei setzen es ein.