Eigener Server zu Hause - Was ist zu bedenken ?

  • Für viele Seitenbetreiber erscheint es das Sicherste zu sein , einfach einen Server zu kaufen und zu Hause zu betreiben.

    Zitat

    "Dann kann man auf jeden Fehler sofort reagieren und hat die volle Kontrolle über alles"


    Klar, erscheint diese Idee auf den ersten Blick nachvollziehbar zu sein. Schaut man auf die technischen Daten von Servern und einfachen PCs , scheint ein einfacher PC auszureichen, um die nötige Rechenkraft bereitzustellen.
    Dass es aber einige Unterschiede zwischen PC und Server gibt, darauf will ich jetzt nicht eingehen. Ich nehme einfach mal an, dass "der Wunschdenkende" einen richtigen Server zu Hause aufstellen will.


    Problem 1) Dauerhafte IP wird benötigt
    Ein Internetserver braucht eine eindeutige und dauerhafte IP über die er 24/7 erreichbar ist. Ein normaler Internetanschluss allein reicht daher nicht aus, weil der ISP die IP jederzeit wechseln kann.


    Dieses Problem ist jedoch recht einfach durch diverse Anbieter zu lösen , die aus der aktuellen IP eine dauerhaft identische generieren. Kleiner Nachteil: Wenn die IP wechselt, muss sie gleich an den Anbieter gemeldet werden. Das klappt aber recht reibungslos per Software.


    Problem 2) Normale Internetanschlüsse bieten nicht genügend Leistung
    Dieses Problem wird oft nicht wahrgenommen , weil man anfangs noch nicht an die Leistungsgrenzen stößt.


    Für eine Internetseite ist NICHT die Downloadgeschwindigkeit wichtig, sondern der Upload. Bei der normalen Internetnutzung gehen recht wenige Daten ins Internet. Hier ein Klick und da ein kleiner Upload. Der "richtige Datenverkehr" kommt aus dem Internet zum Rechner.
    Bei einem Server geht der Großteil der Daten jedoch den umgekehrten Weg: Er sendet mehr Daten als er empfängt.


    Der Upload eines normalen Internetanschlusses beträgt jedoch nur einen Bruchteil der angegebenen Internetleistung. Dieser Wert ist aber genau das, was den Betrieb eines Servers ausmacht.
    Aktuell beträgt das (asymmetrische) Verhältnis Downstream zu Upstream ca. 8:1. Das Upload-Tempo beträgt also im Durchschnitt nur 1/8 (12,5%) der angegebenen Internetgeschwindigkeit. Der genaue Wert wird aber durch den ISP bestimmt.


    Damit ihr erkennt, welche Probleme entstehen, hier mal ein Beispiel:


    Zitat

    Stell dir vor, du hättest nur eine 12.500er Internetleitung . In heutiger Zeit ist das schon recht wenig und ziemlich langsam. Das ist aber das was dein Server selber senden kann (wenn du z.B. eine 100.000er Leitung hättest)
    Jetzt stell dir vor, du müsstest dir diesen Anschluss auch noch mit 20 anderen teilen. Jetzt wird es schon so langsam, dass es keinen Spaß mehr macht. Die Daten fließen nicht mehr, sondern kommen nur noch tropfenweise an .


    20 Leute sind an einem normalen Anschluss schon so viel, dass es nur ganz selten vorkommt. 20 gleichzeitige Nutzer eines Internetservers sind aber auch völlig unnormal - weil - eine Internetseite so wenige Nutzer nur hat, wenn sie kaum bekannt und verbreitet ist.


    Das Problem wird also erst dann entstehen, wenn es wirklich darauf ankommt. Dann nämlich, wenn man wirklich (endlich) die Rechenpower des eigenen Servers benötigt , weil genügend Zugriffe erfolgen.


    Der Server selbst steckt die paar Nutzer locker weg. Er hat immer noch eine extreme Überkapazität. Der Flaschenhals ist aber der Internetanschluss , der für diesen Zweck nicht ausreichend ist.
    Du brauchst also auf jeden Fall eine bessere Leistung im Upstream als ein normaler Internetanschluss hat. Das kann man bekommen, kostet aber mehr als der normale Anschluss.


    Problem 2a ) Du verstößt gegen den Vertrag mit dem ISP
    Bei allen Verträgen mit Privatleuten gibt es Klauseln, die den gewerblichen und "exzessiven Einsatz" untersagen. Sobald man ein gewisses Datenvolumen erzeugt/verbraucht, wird von einer gewerblichen Nutzung ausgegangen.
    Alle ISP haben Tools mit denen sie den Verbrauch einsehen können. Stellen sie über längere Zeit einen extremen Anstieg fest, drosseln sie die Geschwindigkeit oder treffen andere Maßnahmen , um diesen hohen Verbrauch zu reduzieren (z.B. indem sie dir den Vertrag wegen Verstoßes kündigen)


    Irgendwann wird dieses Problem also auf dich zukommen. Sei vorbereitet.


    Problem 3) Du musst selbst für Sicherheit sorgen
    In einem Rechenzentrum gibt es in der Regel genügend Maßnahmen , um auf Angriffe oder gezielte Überlastung reagieren zu können.


    Über die dauerhafte IP bist du jetzt aber direkt angrreifbar geworden. Jeder kann von außen direkt zu deinem Server kommen .. was zwar bei einem Rechenzentrum auch der Fall ist .. aber... du hast nicht die Infrastruktur eines Rechenzentrums.


    Jeder Angreifer kann deinen Heim-Server faktisch schon dadurch lahmlegen , dass er einfach so viele Anfragen sendet , dass deine "magere Internetleitung" völlig ausgelastet ist. Der Angreifer braucht dazu nicht einmal eigene Server. Ein paar normale Rechner genügen, um genügend Daten anzufordern, um deine Leitung zu blockieren.
    Dein Server wird davon kaum etwas mitbekommen. So schnell kann man ihn eben auch nicht überlasten - aber deine Internetleitung wird blockiert und damit ist dein Server schlagartig "aus dem Netz gebombt".


    Vielleicht kann man ihn noch anpingen und er reagiert auch noch. Jedoch kommt der eigentliche Inhalt nicht mehr beim Nutzer an oder er muss ewig warten. Zu lange Wartezeiten sind jedoch der Tod jeder Internetseite.


    Du musst also dafür sorgen, dass ein Angreifer deine Seite eben NICHT auf diese simple Art vom Netz nehmen kann.
    Dazu gehören natürlich Kenntnisse über entsprechende Software und Hardware.


    Wenn du aber eine bessere Leitung hast , kommt ein anderes Problem auf dich zu: Du hast nur gewisse Hardware-Ressourcen.


    Ein einziger Server wird im Kampf gegen einen Angreifer auf jeden Fall unterliegen, wenn der Angreifer mehr Ressourcen hat. Bei einem Rechenzentrum kann man in solcher Fällen andere Rechner/Server zuschalten lassen , um den Angriff unwirksam werden zu lassen. Dieses Reservepotential steht dir jedoch nicht zur Verfügung. Du stehst allein da. Einer gegen Alle.


    Es könnte eventuell die Möglichkeit geben , über den Anbieter der dauerhaften IP , entsprechende Zusatzressourcen buchen zu können. Technisch ist es kein Problem , dass er dir dann die Last auf eigene Rechnersysteme verteilt. Es wird aber auf jeden Fall mehr Geld kosten.


    Informiere dich darüber , ob du irgendwo Redundanzen buchen kannst.


    Auf den Rest der eventuellen Probleme muss man eigentlich nicht eingehen , wenn diese Grundprobleme nicht beachtet und im Vorfeld nach einer Lösung gesucht wurde.
    "Der Rest" ist ganz normale Abwehrtechnik, wie sie jeder Hoster kennen und haben muss. Das allein füllt aber ganze Bücher.


    Der eigene Server zu Hause ist nur sinnvoll , wenn man eher eine geringe Zahl an Nutzern hat. Für Familie oder Verein reicht er auf jeden Fall aus. Da tauchen die Probleme auch eher selten auf, wenn man die Adresse/IP nicht weiter verbreitet oder entsprechende Sperren einbaut.


    Zitat

    Denk aber immer daran:
    - Der eigene Server zu Hause muss dauernd an sein und arbeitet auch dann, wenn du nicht in der Nähe bist. Er braucht daher automatisch mehr Strom als normale Rechner.


    - Du solltest dir auch nicht deinen eigenen Server auf dem normal genutzten Rechner einrichten, weil du dadurch die Rechenkapazität limittierst, die dir zur Verfügung steht. Für deine anderen Zwecke solltest du immer ein anderes Gerät nutzen.


    - Wenn der Server im Einsatz ist , klaut er dir Internetleistung für die anderen Einsatzzwecke. Du musst dich also damit abfinden , dass du währenddessen eventuell entsprechende Nachteile in Kauf nehmen musst.