Möbel mit "Massivholzfurnier" und andere Fallen beim Möbelkauf

  • Ich habe einige Jahre in der Entwicklung und Herstellung von diversen Möbeln gearbeitet. Seit diesen Jahren betrachte ich diverse Werbeaussagen sehr kritisch. Sie beinhalten Aussagen , die absichtlich dazu gedacht sind, einen höherwertigen Eindruck zu erzeugen, als es real gegeben ist.
    Ein Anwalt würde so etwas vor Gericht vielleicht als "Verbrauchertäuschung" bezeichnen wollen. Die Bezeichnungen sind aber ganz legal. Also muss man informieren und aufklären, um nicht darauf herein zu fallen.


    Massivholz und Massivholzfurnier


    "Massiv" klingt automatisch schon sehr hochwertig. Es ist also auch eine Qualitätsaussage.
    Stellen wir uns aber erst einmal die Frage :


    Gibt es Möbel , die nicht "massiv" sind ?
    Ja , natürlich gibt es sie. Gartenstühle aus Plastik sind nicht massiv. Bei ihnen sind die Bauteile hohl um Gewicht zu sparen und die Stabilität und Flexibilität zu erhöhen. Bei einem Gartenstuhl wäre "massives Plastik" sogar ein Zeichen für mindere Qualität.


    Bei Möbeln aus Holz gibt es aber kein "nicht massiv". Selbst das einfachste Brett ist automatisch schon dadurch "massiv" , weil es keinen eingearbeiteten Hohlraum gibt.


    Spanplatten , Sperrholz , massives Material
    All diese "Holzarten" sind heute übliche Materialarten im Möbelbau.


    Spanplatten bestehen faktisch aus Holzspänen , die durch Leim zusammen gehalten wird. Unter großem Druck und mit Wärme bekommt es dann seine Form und Stabilität . "Pressspanplatten" sagt es relativ eindeutig aus, woraus das Material besteht.


    Bei Sperrholz handelt es sich um verschiedene Lagen aus Holz, die miteinander "gesperrt" verleimt werden , um dadurch eine höhere Stabilität und Festigkeit zu bekommen.


    Massives Material (Eiche, Buche usw.) ist z.B. ein Brett, das nicht verleimt wurde, sondern "direkt aus dem Baum" geschnitten wurde. Es hat exakt die gleichen Eigenschaften wie der jeweilige Baum.


    Wie kann man sie unterscheiden , ohne ein Möbelstück auseinander zu nehmen oder zu beschädigen ?
    Möbel aus Spanplatten sind in der Regel sehr schwer. Das liegt u.a. am verarbeiteten Leim. Er wiegt mehr als Holz. Möbel aus Pressspan sind also sehr schwer.
    Merke : Sehr schwer = billige Herstellung und nicht so gut


    Möbel aus Sperrholz sind oft hochwertiger als Möbel aus Spanplatten. Durch die gezielte Auswahl an Hölzern, die miteinander verleimt werden , braucht man weniger Material . Das Gewicht sinkt.
    Merke: Leicht = technisch bessere Verarbeitung und damit besser


    Möbel aus "wirklich massiven Brettern" bestehen nur aus dem angegebenem Holzmaterial. Um über das reine Gewicht eine Aussage über das Material treffen zu können , muss man schon wissen, wie schwer das Holz eigentlich ist. Eiche ist z.B. ein sehr schweres Holz , während Birke relativ leicht ist.

    Merke: Massives Holz kannst du (ohne nähere Kenntnisse) nicht wirklich nur am Gewicht erkennen


    Aus diesem Grund findet man oft Möbel aus Pressspan genau dort , wo der Begriff "massiv" in Kombination mit schweren Hölzern eingesetzt wird.


    Man muss bei der Beurteilung aber auch die Materialstärke betrachten. Dünne Bretter wiegen eben weniger. Schon kann man also auch bei Spanplatten ein viel zu hochwertigen Eindruck anhand des Gewichts bekommen.
    Das reine Gewicht ist also nur ein erster Anhaltspunkt.


    Massivholzfurnier
    Der Begriff sagt nur aus, dass das Furnier aus dem massiven Holz besteht , das man von außen sieht. Eine wenige Millimeter dicke Schicht aus "echtem Holz" überzieht also das Ganze.
    In der Regel wird mit dem Begriff aber ganz gezielt der Eindruck erweckt, es handele sich um ein besonders hochwertiges Möbelstück.


    Merke: "Massivholzfurnier" sagt überhaupt nichts über die Gesamtqualität des Möbelstücks aus.

    So - und nun zeige ich euch einmal anhand eines realen Beispiels , was euch zu erwarten hat, wenn ihr z.B. einen Kleiderschrank mit "Massivholzfurnier" kauft.


    Der Schrank sieht sehr massiv aus und besteht aus mehreren einzelnen Schränken. An den Seiten ist auch sehr dickes Material zu sehen
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    Jetzt öffne ich eine Schranktür und sehe , dass sich das von außen sehr massiv aussehende Material als weniger massiv erweist als es den Anschein hatte. Innen ist ein weiterer Schrank eingebaut.


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    Nun löse ich die Schrauben , die die Einzelschränke zusammen halten und schiebe sie auseinander. Jetzt erwartet mich die nächste Überraschung:
    Der "ach so massive Schrank" besteht nur aus relativ dünnen "Schränkchen", zwischen denen sich einfach ein dickes Brett befindet. Aber selbst dieses "dicke Brett" ist nur ein schmaler Streifen.


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    Um dem Fass die Krone aufzusetzen , ist das hintere Brett nicht einmal "furniert" und wurde auch nicht befestigt. Einfach ein dicker Streifen Pressspan , der hinten zwischen den Schränken steht und als Abstandshalter dient.


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    Ich habe beim Zerlegen ja noch die Hoffnung, dass wenigstens die obere Abdeckplatte durchgehend ist.
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    Pech gehabt. Auch hier handelt es sich nur um einen schmalen Streifen billiges Pressspanholz


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    Der riesige Kleiderschrank wurde vor Jahren für viele Tausend gekauft und direkt vom Händler aufgebaut. Bis zum Zerlegen wusste keiner , dass es sich bei dem "massiven Schrank" faktisch nur um einen Blender handelte.
    Alles was "massiv" aussah, stellte sich als billige Spanplatten heraus , die einfach nur mit einem ganz dünnen Furnier überzogen waren. Die schmalen Streifen waren einfach zwischen den Schränken angeschraubt gewesen.
    An den Seiten handelte es sich dann wirklich um "ganze Bretter" , die keinen anderen Sinn und Zweck erfüllten als den Schrank möglichst teuer aussehen zu lassen.


    Nur die dünnen Rückwände der Innenschränke bestanden aus hochwertigerem Sperrholz.
    Billigstes Möbelbau-Material , das durch den Begriff "Massivholzfurnier" teuer verkauft werden konnte.


    Wie gesagt: Das ist eine ganz legale Form der Bezeichnung. Es liegt am Kunden, sich vorher darüber zu informieren, was der Begriff eigentlich bedeutet .


    WENN ihr also ein Möbelstück bestellt, lasst euch schriftlich zusichern , dass es sich nicht nur um "massives Furnier", sondern um "massives Echtholz" handelt. Dann habt ihr wenigstens die Sicherheit, nicht mit einfachen Spanplatten abgespeist zu werden. Spanplatten zählen nämlich nicht zum Begriff "Echtholz". Da gibt es dann keine Ausrede mehr.