Am 14.12.2015 wurden die Atomreaktoren in Tihange (bei Lüttich / Liège ) wieder hochgefahren.
Der Block Tihange 2 war aus Sicherheitsgründen im März 2014 stillgelegt worden. Zuvor war er schon 1 Jahr lang (von Juni 2012 bis Juni 2013 ) aus den gleichen Gründen stillgelegt gewesen: Tausende von Haarrissen, die den Reaktorbau durchziehen und bis zu 18 Meter lang waren.
Die Abschaltung war erfolgt , weil es Sicherheitstest gab , "die nicht den Erwartungen der Experten entsprechen"
Am 21.12.2015 wurde ein Reaktor in Doel (bei Antwerpen) wieder hochgefahren .
Auch der Reaktorblock Doel 3 war im März 2014 wegen der Haarrisse abgeschaltet worden.
Am 24.12.2015 wurde Doel 2 wieder hochgefahren
Am 25.12.2015 wurde Doel 3 wegen einer Panne wieder heruntergefahren .
Doel 1 war im Februar 2015 stillgelegt worden, weil belgische Gesetze nur maximal 40 Jahre Betriebszeit zulassen.Es soll am 27.12.2015 wieder ans Netz gehen.
Belgien hat insgesamt 7 Atomreaktoren, die zusammen 55% der benötigten Energie erzeugen sollten.
Die Anlagen in Tihange und Doel stammen aus 1974/1975 und somit sind der ersten Reaktoren ( Tihange 1 , Doel 1 und Doel 2 ) jetzt schon 40 Jahre alt. Eigentlich hätten die ersten Reaktoren (Doel 1 und Doel 2 )schon im April 2015 stillgelegt werden sollen. Im Dezember 2014 wurde jedoch beschlossen , die Reaktoren weitere 10 Jahre (bis Februar und Dezember) weiterhin in Betrieb zu lassen. Für Tihange wurde eine ähnliche Entscheidung schon im Juni 2012 getroffen.
Eigentlich hatte Belgien ja den Atomausstieg beschlossen gehabt.
Wie steht es nun um die Sicherheit dieser Reaktoren ?
Ich glaube, keine/r der Leserinnen und Leser ist "Fachmann genug" , um sich selbst ein Urteil von der Sicherheit dieser Reaktoren bilden zu können. Ich bin euch da leider auch keinen Schritt voraus, auch wenn ich so ein Kraftwerk schon von innen gesehen habe.
Denken wir aber doch einmal logisch und vergleichen mit anderen Gebäuden.
Schaut euch ein 40 Jahre altes Haus oder einfach eine Brücke an. Überall durchziehen sichtbare Risse das Mauerwerk.
Bei einem Haus oder Brücke würde es nicht viel ausmachen , wenn ein paar Risse nach innen durchgehen. Da hätte man eben eine Lüftungsöffnung mehr.
Die Risse muss man natürlich reparieren , damit sie nicht größer werden. Werden sie zu groß , wird die gesamte Bausubstanz gefährdet. So lange aber alles hält , entstehen keine Gefahren.
Bei einem Kraftwerk sieht es aber ganz anders aus.
Risse im äußeren Bereich kann man ähnlich reparieren wie bei einer Brücke. Theoretisch könnte man sogar die komplette Betonkuppel demontieren und neu errichten , ohne dass es dadurch zu einer Gefahr kommen könnte.
Aber ...
Alle was sich im Strahlungsbereich befindet kann man später nicht nicht mehr reparieren. Aus (noch nicht reparierbaren) Haarrissen werden zwangsläufig größere Risse. Diese Risse lassen aber keine Luft durch, sondern gefährliche Strahlung , die sich unsichtbar ausbreitet.
Es kann also nichts kann repariert oder ersetzt werden , was sich im Strahlungsbereich befindet. Selbst mit spezieller Schutzkleidung kann man sich nur Sekunden oder Minuten dort aufhalten.
Die belgische Regierung hat also in ihrem damaligen Gesetz sehr weise gehandelt, wenn sie den Betrieb nur 40 Jahre lang zulässt.
Nach 40 Jahren ist aber nicht nur die Bausubstanz angegriffen, sondern auch die Versorgungsleitungen werden porös. Ein Kernkraftwerk ist auf dauernde Kühlwasserversorgung angewiesen. Diese muss auch nach der Abschaltung noch weiter in Funktion bleiben. Auch diese Rohrleitungen können nicht durchgehend ersetzt oder repariert werden. Im Strahlungsbereich müssen auch sie bis zur endgültigen Entsorgung der Brennstäbe halten.
So ein Kraftwerk ist also im Innern irreparabel . Es ist ein Einwegprodukt , das dann abgeschaltet werden muss, wenn sich die ersten Materialschwächen zeigen. Diese Abschaltung muss so früh erfolgen, damit das Kraftwerk bis zur Demontage weiterhin strahlendicht bleibt.
Es ist aber nicht nur die Bausubstanz, die die Sicherheit ausmacht. Im Innern sind auch diverse Motoren im Einsatz , die jetzt seit 40 Jahren im Einsatz sind. Die Brennstäbe müssen zum Beispiel mit jedem Herunterfahren und Neustarten hinein und heraus gefahren werden. Motorentechnik und Elektronik im Innern sind also uralt.
Während man alles außerhalb modernisieren kann , entspricht alles innen im Strahlungsbereich dem Stand der 1970er Jahre.
Wie mag es nun innen aussehen ?
Die Kühlrohre werden sich schon längst verengt haben. Schaut in eine Wasserleitung eines alten Hauses. Schon der ganz normale Kalkanteil im Wasser hat dazu geführt, dass sie sich verengen. Man wird das damals beim Bau zwar auch schon berücksichtigt haben , jedoch nicht damit gerechnet haben, dass das System später 25% länger genutzt werden wird , als es damals gesetzlich geregelt war.
Ja, ich glaube durchaus , dass die Kraftwerksblöcke aktuell NOCH sicher sind. Sie sind schließlich darauf ausgelegt, 40 Jahre + Demontagezeit auszuhalten.
Jedes weitere Jahr in Betrieb nagt jedoch an der zukünftigen Sicherheit.
Ich prognostiziere, dass die Reaktorblöcke in 10 Jahren kurz vor dem Sicherheitskollaps stehen werden. Dann ist es zu spät für Abschaltungen. Die 10 Jahre waren eigentlich der Sicherheitspuffer zum Abkühlen der Brennelemente , nachdem man sie spätestens entnehmen kann. Dann muss der Bau ja nur noch die Reststrahlung abschirmen.
Man kann nur hoffen , dass die Ingenieure der 1970er Jahre über 25% mehr an zusätzlicher Sicherheit eingeplant haben . Da man aber auch damals schon immer an allen Ecken gespart hat, ist damit nicht zu rechnen.
Belgien, den Niederlanden Deutschland und der Nordsee steht also eine "strahlende Zukunft" bevor... wenn diese Museumsreaktoren weiterhin in Betrieb bleiben. Wie unzuverlässig sie sind , beweisen sie ja schon Tag um Tag.
Infos zu Doel könnt ihr der Seite http://de.atomkraftwerkeplag.w…m/wiki/Doel_%28Belgien%29 entnehmen.
Infos zu Tihange findet ihr unter http://de.atomkraftwerkeplag.w…iki/Tihange_%28Belgien%29
Wen das Thema grundsätzlich noch interessiert, der sollte sich auch mal folgende Quellen anschauen:
http://www.n-tv.de/politik/Bel…oppt-article12548441.html
http://www.n-tv.de/politik/Ern…-Akw-article16609091.html
http://www.n-tv.de/politik/Bel…Netz-article16639841.html
http://www.tagesschau.de/ausland/belgien-doel-103.html
http://www.faz.net/aktuell/wir…wieder-hoch-13984004.html
http://www.n-tv.de/panorama/Be…ktor-article16641686.html
http://www.t-online.de/nachric…tomreaktor-wieder-ab.html
http://www.tagesschau.de/ausla…ange-belgien-akw-101.html
Ach übrigens ...
In Dorf Doel selbst wohnen nur noch 30 Menschen . ´Der Abriss ist längst zugunsten eines Containerterminals beschlossen. Der Ort zählt mittlerweile zu den "geheimen Orten in Europa"
http://www.spiegel.de/reise/eu…in-belgien-a-1022688.html