Falsch geparkt . Streitwert über 4.001 Euro ?

  • Ich habe von folgendem Fall gehört ...


    Ein Autofahrer hat irrtümlich auf einem Parkplatz eines Anwaltvereins in der Nähe des Gerichts geparkt. Als er nach der Verhandlung wieder kam , war sein Wagen abgeschleppt worden.


    Teil 1 des Falls war jetzt schon etwas "seltsam".
    Das Abschleppunternehmen gab den Wagen erst nach Zahlung der Gebühr heraus. Der Auftraggeber war jedoch keine Behörde gewesen (dann wäre es ok) sondern eine Privatperson.
    Die Zahlpflicht liegt in diesem Fall beim Auftraggeber. Er kann sich die Gebühren später beim Fahrer wieder holen. Das Abschleppunternehmen hätte den Wagen auch ohne Zahlung heraus geben müssen. Es war sein Eigentum, das ihm nicht hätte vorenthalten werden dürfen.


    Teil 2 kam einige Zeit später
    Der Anwaltsverein schickte eine "Kostennote" für die unberechtigte Nutzung.
    Hierbei wurde ein Streitwert von 4001 Euro festgesetzt


    (Aus dem ergeben sich die Anwaltsgebühren laut RVG von 303 Euro. Nur 1 Euro weniger und es wären nur 252 Euro gewesen.)


    Die Zeit der unberechtigten Nutzung lag bei rund 3 Stunden. Als Streitwert wurde also ein fiktiver Schaden von 1.333,33 Euro pro Stunde angesetzt.


    Mal ganz unter uns ...
    Für den Kurs kann man sich doch garantiert schon einen Helikopter mieten , der einen dann von einem anderen Parkplatz aus zum unberechtigt benutzten Platz bringt. Oder eine Limo mit Chauffeur für mehrere Stunden.


    Dem Autofahrer wurde am Telefon gesagt , dass dem Anwalt eigentlich 1/3 des Streitwertes zustehen würden. Gnädigerweise und ausnahmsweise würde man sich aber mit 250 Euro zufrieden geben.


    Ich weiß ja nun wirklich nicht, was am Telefon gesagt wurde. 1/3 wäre ja versuchter Betrug gewesen. Die "gnädige Ausnahme" war faktisch nur das Weglassen des 1 Euros , mit dem der Streitwert dann über 4000 Euro gepusht wurde, um mehr Gebühren bekommen zu können.


    Nein, ich erzähle hier nicht von einem persönlichen Fall. Ich habe mir die Gebühren laut RVG und die Streitwertgrenzen erst jetzt mal herausgesucht.
    Wäre das ein persönlicher Fall , würde ich das eindeutig vor das Gericht gehen lassen. Der angesetzte Streitwert erscheint mir einfach viel zu hoch und ist absichtlich auch so erhöht worden, dass ein nächsthöhere Staffel in der RGV erreicht wird.

    Das Gericht würde dann entscheiden, ob bei 3 Stunden unzulässigem Parken wirklich ein Schaden von 4001 Euro entsteht.
    Die Anschleppergebühren wurden schließlich schon beglichen .


    - Wenn das Verfahren zu meinen Gunsten ausgeht , wäre die Klage komplett hinfällig. Alle Kosten dafür wären beim Kläger.
    - Wenn das Gericht nur den Streitwert als unzulässig hoch empfindet , wäre der Prozess wohl nicht gewonnen , nur im Wert zurück gewiesen. Damit müsste ich meinen Anwalt wohl selbst zahlen und mit einer neuen "Kostennote" rechnen.
    - Würde ich den Prozess verlieren , müsste ich 2 Anwälte nach RVG zahlen und auch noch die Gerichtskosten begleichen


    Wie stehen die Chancen ?
    Es kommt natürlich vor allem auf den Richter an. Wie sieht er die Sachlage ? Wie schätzt er den entstandenen Schaden ein ?


    Man kann sich ja auch noch direkt vor Gericht einigen - bevor ein Urteil gefällt wird. Dann zahlt jeder seine Kosten und die Hälfte der Gerichtskosten.

    Wie hoch wären die Kosten ?

    Jeder beteiligte Anwalt würde bei 4001Euro Streitwert 303 Euro kosten. 606 für beide Anwälte zusammen


    Das Gericht bekommt 113 Euro.
    Wie ihr seht, sind die eigentlichen Gerichtskosten also "billig-billig" , verglichen mit den Anwaltsgebühren.


    Alles zusammen ist also noch billiger als die angeblichen "30% vom Streitwert als übliche Anwaltsgebühren" die angeblich am Telefon erzählt worden sind.


    Danach kommt aber die Gebühr für den wirklich entstandenen Schaden für 3 Stunden parken. Hierzu gibt es dann keine Tabellen, sondern das Gericht legt die Schadenshöhe fest.


    Was würde ich in so einem Fall wirklich machen ?
    Ich hätte mich gleich zu Anfang geweigert , die Gebühren für den Abschlepper direkt vor Ort zu zahlen , wenn weder Ordnungsamt noch Polizei das Wegschaffen veranlasst haben.


    Wer privat abschleppen lässt , ist Auftraggeber und zahlungspflichtig. Ob überhaupt ein "angemessener Anlass" für das Abschleppen bestand , muss erst einmal nachgewiesen werden.


    In der Kostennote finden sich (laut Hörensagen) auch Gebühren für eine Halterermittlung von um die 5 Euro.
    Die Höhe ist korrekt, aber die Ermittlung war unnötig. Das Abschleppunternehmen musste sich bei Abholung des Wagens "Identitätspapiere" vorlegen lassen als Nachweis der berechtigten Abholung .
    Ein Anruf oder Fax hätte die Halterermittlung überflüssig gemacht. Die Schadenminderungspflicht wurde also nicht beachtet.

    Ich würde auf gar keinen Fall etwas mit dem Gegner telefonisch klären wollen.

    Wenn abzusehen ist, dass etwas Gerichtliches stattfinden könnte , sollte man alles nur schriftlich machen. Später muss man alles beweisen können.


    Nachdem das Vorgeplänkel vorbei gewesen wäre, hätte ich einen Anwalt eingeschaltet
    Ich hatte beruflich zwar sehr viele Kontakte mit Recht und Gesetz , würde mir in einem solchen Fall jedoch auf keinen Fall einbilden wollen, dass ich so einen Fall mit allen Konsequenzen überblicken könnte.


    Der Anwalt sollte sich auf "so ein Recht" spezialisiert haben , so dass er entsprechende Erfahrung vorweisen kann (Nachzufragen bei der örtlichen Anwaltskammer)


    Wenn alles schlecht aussieht ?
    Dann verlege ich mich einfach aus Handeln. Ein wirklicher Schaden ist wohl nicht entstanden .. wohl aber Unbequemlichkeiten und Ärger. Vielleicht lässt sich der Gegner ja auf einen Deal ein ?


    Wir sind doch alle nur Menschen. Man muss sich auch in die Lage des Anderen versetzen können und wollen.
    Wenn ich sauer wäre und Ärger wegen einem Anderen hätte , würde ich auch sowohl eine sehr ehrliche Entschuldigung erwarten als auch eine Strafzahlung "zur Genugtuung".