Einmal noch die Welt mit Kinderaugen sehen

  • Diesen Wunsch hegen viele Erwachsene , weil es scheinbar eine Zeit der ungetrübten Freude war, in der man keine Ängste und Sorgen hatte.


    Das stimmt aber nicht , sondern ist nur eine Verklärung der Vergangenheit oder eine Fehlinterpretation .


    Ein Kind im Kleinkindalter
    Bis ein Kind in den Kindergarten oder die Vorschule kommt, spielt sich das Leben nur im familiären Umkreis ab.
    Geborgenheit und Liebe, Schutz und Wärme


    Trotzdem hat es schon die ersten Sorgen und Ängste. Für einen Erwachsenen scheinen sie banal zu sein und sie halten auch nicht lange an ... und trotzdem sind diese kleinen banalen Ängste für das Kind existent und wichtig.
    Die Angst vor einem harmlosen Haustier ist zunächst eine "ehrliche Angst" für das Kind.
    Die Sorge um das verlorene Spielzeug ist für das Kind auch sehr real , bis es endlich wiedergefunden wird.


    Vorschulalter
    Spätestens jetzt kommen neue Sorgen auf das Kind zu. Es muss sich anpassen und hat täglichen Umgang mit anderen Menschen , die nicht Teil der eigenen Familie sind.


    "Warum will die nicht meine Freundin sein ?" .... "Ich will mein Spielzeug nicht abgeben" ... "Ich will das Spielzug der anderen" .. "Ich mag das Essen nicht"


    Soziales Leben und Regeln müssen gelernt werden und es entstehen immer neue Sorgen und Probleme für das Kind. Zum Glück gibt es noch die Eltern , die alle Probleme lösen können/müssen.


    Schulzeit
    Jetzt geht es für das Kind erst richtig mit den Problemen los.


    Es wird plötzlich in die Leistungsgesellschaft versetzt , in der es mit anderen verglichen wird und sich nach diversen Regeln messen lassen muss.


    Mit jeder Generation steigen die Anforderungen an Schüler immer weiter. Die Schulzeit bleibt in Jahren vielleicht ähnlich , aber in der gleichen Zeit muss jede Generation mehr Wissen aufnehmen als die vorherige.
    Hinzu kommt, dass sie die Umwelt und das soziale Leben immer weiter, schneller und extremer verändern.



    Schauen wir doch einmal ins Jahr 2009 zurück , das Jahr in dem dieses Forum entstand.
    Kinder hatten zwar Handys und Computer, soziale Netzwerke wie z.B. Facebook hatten sich jedoch noch nicht international verbreitet.
    Exakt 1 Jahr vor der Gründung dieses Forums , war Facebook erst als "Nerd-Netzwerk" in Deutschland zugänglich geworden. Im Jahr 2009 spielte es noch keine Rolle. Smartphones in der heutigen Art gab es auch noch nicht.


    Wenn ein Kind also ein "soziales Leben" leben wollte, passierte es entweder am Computer oder in der realen Welt. Beide waren ganz eindeutig voneinander getrennt und jede Welt hatte ihre eigenen Regeln , die man lernen musste und konnte.


    Verglichen mit der heutigen Zeit , war Gewalt an Schulen und unter Schülern relativ selten verbreitet.


    Im Jahr 2016 sieht die Welt für ein Kind jedoch ganz anders aus
    Wer als Kind kein Smartphone hat , zählt als Außenseiter. Das Internet ist genauso gegenwärtig und relevant wie das reale Leben. Virtuelles Leben und reales Dasein sind untrennbar miteinander verbunden. Es gibt keine Abgrenzung zueinander mehr.
    Facebook ist längst ein soziales Netzwerk geworden, in dem jeder "drin sein muss"... ob es für das Kind eigentlich zulässig ist oder auch nicht.
    Um schlimmsten Fall wird das Kind sogar durch die Schule gezwungen, ein bestimmtes Netzwerk zu benutzen , um wichtige Informationen dort nachlesen zu können.


    Gewalt an Schulen ist längst Normalität geworden. Diese Gewalt setzt sich auch in der schulfreien Zeit z.B. durch Mobbing im Netz weiter fort.


    Neben den "ganz normalen Problemen" kommt dann noch die allgemeine Angst vor Terror und anderen jeweils aktuellen gesellschaftlichen Ängsten hinzu.


    Die Welt durch Kinderaugen zu betrachten , bedeutet nicht , sich die schönen Moment der eigenen Kindheit vorzustellen , sondern die Welt aus dem Augen eines aktuellen Kindes zu betrachten und wie das Kind die Zeit aktuell erlebt.



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    Das menschliche Gedächtnis ist nicht dazu konzipiert , wirklich alles zu behalten. Der Mensch hat ein selektives Gedächtnis in dem er nur wichtige Momente des Lebens festhält.
    Dazu kommt noch, dass es sich auf ein gewisses Erinnerungsgefühl einstellt. Wie eine Kindheit in Erinnerung bleibt, wird durch die Masse der Erinnerungen bestimmt. Überwiegen die positiven Erinnerungen, wird man sich an eine "schöne Kindheit" erinnern.


    Kein Mensch hat jedoch nur positive oder negative Erinnerungen. Man kann deshalb die gefühlsmäßige Beurteilung der eigenen Kindheit auch willentlich beeinflussen , indem man sich die dazu nötigen Erinnerungen vergegenwärtigt. So etwas machen zum Beispiel Psychologen , um Menschen mit seelischen Problemen helfen können



    Das Internet in der aktuellen Form sorgt jedoch dafür , dass manche Sachen nicht mehr in Vergessenheit geraten können.
    Was man heute macht , muss man sich in vielen Jahrzehnten immer noch vorhalten lassen. Man kann jetzt nicht nur am aktuellen Verhalten und Taten gemessen werden , sondern es findet eine Gesamtlebensbewertung statt


    Jugendsünden stehen dadurch auf gleicher Stufe mit den Fehlern als Erwachsener. Fakten kennen weder Gnade noch Nachsicht oder Rücksicht aus Altersgründen.
    Ein heutiges Kind hat es deshalb viel schwerer als frühere Kindergenerationen. Wenn man es ganz genau nimmt, muss es sich vorher schon überlegen, wie eine bestimmte kindliche Aussage Jahre später auf den Erwachsenen zurück fällt und sein Leben beeinflusst.

    Meiner Meinung nach wird damit jedoch einem Kind eine Zukunftsverantwortung auferlegt , die es überhaupt nicht tragen kann. Selbst als Erwachsener kann man nicht abschätzen, ob eine heute positive Aussage , in Zukunft nicht zum Nachteil werden kann.