Ohne Motorkraft das Tempo erhöhen

  • Mein erstes Auto war ein alter Reanult 4 (R4) mit 34 PS. Der Tacho reichte bis 140 und der Wagen fuhr mit Vollgas und auf ebener Fläche gerade einmal 120 km/h.


    120 km/h scheinen zwar ausreichend zu sein, jedoch nicht um zügig einen Überholvorgang beenden zu können. Sie reichen auch nicht aus, um Notfalls Abstand zum Nachfolgenden zu bekommen, wenn der zu nahe auffährt.


    Aktuell fahre ich einen Opel Vectra mit 101 PS. Normalerweise schafft der mit etwas Anlauf auch seine 180 km/h.
    Da der plötzlich in den Notfallmodus geschaltet hatte, riegelt er bei ca. 3.100 U/min schlagartig ab. Bei 113 km/h nimmt er kein Gas mehr an. Wird der Wagen, zum Beispiel bergab, trotzdem schneller, drosselt der Motor das Tempo bis auf 100 km/(h bevor er wieder auf Gas reagiert.


    [hr]
    Zwei verschiedene Bedingungen: Einmal zu wenig Kraft und einmal eine elektronisches Problem, das verhindert, dass man die Motorkraft benutzen kann.
    Am Ende haben beiden Fahrzeuge aber das gleiche Problem: Wie bekommt man das Fahrzeug schneller als es will ?


    Beim Kleinstwagen ist es nicht möglich. Der Motor schafft es einfach nicht.
    Beim defekten Fahrzeug ist es möglich, die falsche Motorsteuerung etwas auszuticksen indem man nicht erst wartet bis er von sich aus wieder auf das Gaspedal reagiert, sondern schon vorher mal beherzt auf das Gaspedal tritt. Über das Limit bekommt man ihn damit aber trotzdem nicht.


    Das Problem beider Fahrzeuge liegt aber am/im Motor. Beide Fahrzeuge könnten ohne ihn durchaus noch schneller sein.


    Die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten


    1) Kupplung treten
    Wenn die Kupplung getreten ist, wird die Verbindung zwischen Motor und Getriebe getrennt. Im Freilaufmodus kann er das Fahrzeug nicht mehr bremsen.


    2) Gang heraus nehmen. Bei Automatik auf neutral stellen
    Das Ergebnis ist das Gleiche: Motor und Getriebe sind getrennt.


    In beiden Fällen kann das Fahrzeug jetzt seine eigene Masse oder Gefälle nutzen, um noch mehr Tempo aufzunehmen als es eigentlich möglich ist.


    Das Auskupppeln hat das Problem, dass man nun während der folgenden Zeit durchweg auf dem Kupplungspedal stehen muss. So besonders gut ist das nicht für die Kupplung. Dafür kann man wieder sanft einkuppeln sobald die Motorkraft wieder benötigt ist oder nutzbar wird.


    Nimmt man den Gang komplett raus, darf man später nicht einfach wieder einen Gang einlegen, sondern muss den Motor zuvor im Leerlauf auf die höchste Drehzahl bringen, um dann ganz sanft den höchsten Gang einzulegen.


    Beim Wagen mit der Störung habe ich jeweils nur ausgekuppelt, wenn ich merkte, dass er abriegeln wollte. So bremste der Motor nicht und ich konnte das hohe Fahrzeuggewicht bei Gefälle nutzen.


    Beim schwach motorisiertem Fahrzeug war es sinnvoller den Gang komplett raus zunehmen, um längere starke Gefälle als "Antrieb" zu nutzen.


    .....


    Wer übrigens meint, das würde nicht viel bringen, dem möchte ich mit einem kleinen Erlebnis zeigen, wie stark Gefälle ein Auto beschleunigen.
    Opel Omega, Gewicht ca. 1,5 to. , Motor Totalschaden


    Am leichten Gefälle oberhalb der Stadt mit einem Fuß nach draußen angeschoben und etwas auf Tempo gebracht.
    Bereits nach ca. 1 Km musste ich auf die Bremse treten, damit mich die Radarfalle nicht mit über 70 km/h blitzte.
    70 km/h ohne Motorkraft sind definitiv möglich.
    Erst ca. 7 Km später reichte das Gefälle nicht mehr aus, um das Fahrzeug in Schwung zu halten. Natürlich musste ich in Kurven auch immer wieder bremsen und durfte das Fahrzeug auch nicht zu schnell werden lassen, da mir ohne Motor auch die Bremskraftunterstützung fehlte.


    Vorsicht:
    NIE den Motor abstellen um Gefälle zu nutzen um Tempo zu gewinnen oder Kraftstoff zu sparen. Der Motor muss weiter laufen, damit du Bremskraftverstärkung und Servounterstützung beim Lenken hast.

  • Punkto Bremskraftverstärkung möchte ich noch anmerken, dass die älteren Citroen Modelle mit Hydraulik, also die die das Fahrwerk heben und senken konnten, nur bremsen konnten, wenn der Druck in den Leitungen aufrecht war. Hatte die Hydraulik ein Leck oder sonstigen Schaden, war für die Bremse nur mehr ein Vorrat von ca. 20 Bremsungen vorhanden.
    Bei diesen Fahrzeugen war Bremse und Federung ein System. Bei allen anderen Fahrzeugen kann man auch ohne Motorunterstützung noch bremsen, man muss halt nur fester auf das Bremspedal steigen.
    Beim Citroen ist die Bremsanlage ab dem Bremspedal nur mit einem Ventil geregelt, darum gibt es ohne Motor eigentlich keine Bremswirkung bis auf eben die max. 20x auf das Pedal steigen.


    Achja, falls jemand so ein Fahrzeug gebraucht kauft...aufpassen beim bremsen...das Pedal hat nur einen Weg von wenigen cm. Latscht man da wie gewohnt rein, kann es passieren, dass der eventuell nicht angegurtete Beifahrer unsanften und schmerzhaften Kontakt mit der Windschutzscheibe hat. Die Bremsanlage bei diesen Fahrzeugen ist um vielfaches besser als bei heutigen Automatikfahrzeugen.

    Wenn man ein Fenster ins Wasser wirft, geht es unter, wenn man einen Apfel ins Wasser wirft, schwimmt er erst einmal, aber wenn er faulig wird, geht er unter, nur ein Pinguin kann schwimmen.

  • Vielen Dank dafür. Wieder etwas dazu gelernt.
    Übrigens "Bremsen ohne Motorkraft"...


    Als bei einem Firmenfahrzeug einmal der Bremskraftverstärker ausfiel, dachte ich auch
    "ist doch kein Problem. Der R4 hatte auch keinen. Also bin ich das ja gewohnt".
    Hast du auch nur gedacht. Einmal Frankfurt und zurück, 600 Kilometer ohne Bremskraftverstärker gefahren. Einmal und nie wieder.
    Motorbremse und Handbremse waren effektiver als die normale Bremse. Mit der Fußbremse konnte man den Wagen erst ab 20 km/h anhalten. 80 km/h waren deshalb das Höchste, was man noch fahren konnte :P;)

  • Sowas kenne ich auch...


    Ein Kumpel sagte mal zu mir, kannst mir helfen, ich hab ein Auto gekauft und muss es zu mir nach Hause bringen... Der Weg war ungefähr 30 ode 35km und es musste abgeschleppt werden, da der Moter nicht ansprang. (Anmerkung: Mein Kumpel ist Polizist bei der Autobahnpolizei..) Ich dachte mir, was soll schon schief gehen..ein Polizist und Abschleppen...


    Tja...falsch gedacht. :P Ich hatte vergessen dass er Automechaniker war und sein damaliges Fahrzeug, einer von den ersten Turbodiesel Passat, aufgemotzt hatte..Ladedruck erhöht, andere Nockenwelle verbaut und so Sachen. Der Typ ist mit mir gefahren wie ne gesenkte Sau. :D :D Der hat einfach vergessen, dass ich da hinten dran hing und er hat noch mehr vergessen, dass das Auto in dem ich saß, keine Bremskraftverstärkung hatte. Ich bin nur mehr auf der Bremse gestanden. :D :D Es war der pure Wahnsinn, danach hab ich meinen rechten Fuss nimmer gespürt. :P
    Nicht auszudenken was da hätte passieren können. Aber das war vor ungefähr 30 Jahren, da war am Land ned wirklich viel Verkehr. Wenn da ne Notbremsung gewesen wäre, hätte ich den sonstwohin geschoben. Immerhin war das Seil grade mal 5m lang. :P


    Achja...sowas ist ned wirklich zum Nachahmen empfohlen. Ich hatte ne gewisse Erfahrung, da ich seit meinem 15. Lebensjahr mit Autos rumgefahren bin, ausserdem habe ich auch KFZ Mechaniker gelernt... Ja damals hat man noch etwas gelernt, nicht so wie heutzutage PC anstecken und vom Kastl gesagt bekommen, wo man suchen muss. Damals musste man noch selber suchen..

    Wenn man ein Fenster ins Wasser wirft, geht es unter, wenn man einen Apfel ins Wasser wirft, schwimmt er erst einmal, aber wenn er faulig wird, geht er unter, nur ein Pinguin kann schwimmen.

  • Oh wie fein: Abschlepp-Geschichten. Ich hätte da auch noch eine. :joker:


    In einem heftigen Winter rief mein Chef einmal an, sein Vater wäre auf dem Weg zur Firma liegen geblieben und ob ich ihn da nicht abschleppen könnte.


    In dem Jahr hatte ich privat zwei Autos. Eins hatte ich mir extra für den Winter gekauft, da die Firma auf dem Berg in einer ehemaligen Kaserne lag und es keinen Winterdienst gab, der die letzten 2 Kilometer Steigung ab dem letzten Ort frei räumte.
    Als die Kaserne noch im Betrieb war, hatten die Soldaten die Straße im Winter mit Panzern geräumt. Wollten wir geräumte Straßen haben, mussten wir selbst einen Räumdienst beauftragen. Da der aber nur kam, wenn alle anderen Straßen frei waren, mussten wir eben zusehen, wie wir selbst zur Arbeit kommen.
    Ohne vernünftiges Winterfahrzeug war da kein Durchkommen.


    Der Vater vom Chef war aber noch 2 Kilometer früher an einer Steigung stecken geblieben.


    Na gut. Dann holen wir mal seinen Vati ab.
    Als ich ankam staunte ich nicht schlecht. Ich hatte einen PKW erwartet, jedoch nicht noch einen vollen Anhänger dran.
    Zusätzlich war ich davon ausgegangen, dass der Wagen nur im Schnee steckte und nicht, dass er auch noch ein Motorproblem hatte. Ich musste also nicht nur eine kleine Zughilfe geben, sondern das Fahrzeug komplett schleppen.


    Das würde mit meinen 109 PS schwer werden. Außerdem hatte ich kein Abschleppseil dabei, das mehr als 2 to. aushält. Der Anhänger würde also stehen bleiben müssen.... zum Glück


    ....


    "Vati" hatte aber eine Abschleppstange dabei. Ich musste also doch das komplette Gespann mitschleppen :sos:



    Vorteil der Abschleppstange:
    Beide Fahrzeuge sind fest miteinander verbunden. Das vorderen Fahrzeug kann auch das folgende mit abbremsen. Insgesamt ist es beim Schleppen wie wenn man mit einem Anhänger fährt. Der Fahrer im folgenden Fahrzeug muss nur in die Kurven lenken können.


    Kurz geklärt, was am Wagen funktioniert:
    - Lenkung ok. Servounterstützung steht also bereit
    - Bremsen ok. Bremskraftverstärker funktioniert


    Los geht es.
    Anfahren am tief verschneiten Berg mit faktisch zwei Anhängern dran (PKW + Anhänger) ist schon eine feine Sache. Ich hatte Mühe, das Gespann in Schwung zu bekommen. Endlich bewegte es sich langsam vorwärts.


    Die erste Steigung war überwunden. Jetzt kam eine kurze Ebene, auf der ich genügend Tempo machen musste, bevor es nach einer Kurve die nächsten 2 Kilometer nur noch steil bergauf ging.
    Kam die Fuhre da zum Stehen, würde ich es schon alleine schwer haben, noch einmal weiter fahren zu können. Also "volle Pulle mit Anlauf".


    Endlich erhöhte sich das Tempo langsam immer weiter. 30, 40, 50, 60 .... 50, 40, 30 ... Wieso werde ich jetzt plötzlich langsamer ? Ist da Glatteis unter dem Schnee oder was ist los ? Ich hatte nur noch ein paar Hundert Meter um auf den nötigen Schwung zu kommen. Das Problem musste also sofort geklärt werden.


    Komisch. Die Straße war relativ griffig. Das war also nicht der Grund dafür, dass die Fuhre langsamer wurde. Also musste hinten irgendetwas sein. Kann ja sein, dass die Bremse vom Anhänger blockierte. Dann hätte ich ihn abkoppeln und stehen lassen müssen.



    Zitat


    - "Hast du eine Ahnung was los ist ? Ich gebe vorne Vollgas und wir werden trotzdem immer langsamer." :verwirrt:
    - " Das war mir zu schnell. Da habe ich eben gebremst" :opa:
    - " Ja sag mal. Hast du ein Rad ab ? Was meinst du, wie wir den Berg dahinten hochkommen sollen, wenn du auf der Bremse stehst ? :teufel:
    Ich fahre jetzt wieder los und wenn ich merke, dass du wieder bremst, halte ich an und du kannst sehen wie du deine Karre da weg bekommst. Dann läufst du zu Fuß !" :zitter-ani:



    Ich bin normalerweise der gutmütigste und geduldigste Mensch. Wer mich jedoch im Wut bringt, weicht automatisch einige Schritte zurück.
    "Quäle nie ein Tier aus Scherz .. es könnte geladen sein" meinte mein Vater immer. Hier und jetzt war ich aber sowas von geladen.


    Wieder rein ins Auto , Vollgas geben und es geht langsam wieder los. Mit viel Glück, durchdrehenden Rädern und im Schneckentempo kamen wir dann sehr später viel endlich am Ziel an.