Ehrenkodex - oft nur schöner Schein

  • Ein Ehrenkodex sollte immer etwas sein, auf das man sich verlassen kann. Weil es aber "Ehrensache" ist, kann man es oft nicht einklagen.


    Nimm als Beispiel einfach mal ein Versprechen. Du verlässt dich darauf, dass der Andere es auch hält. Macht er es dann aber doch nicht, kannst du ihn deshalb nicht vor Gericht ziehen. Du bleibst auf einem leeren Versprechen sitzen.


    Auch ein Vertrag ist ein Versprechen. Wenn einer der Vertragspartner aber nichts von Ehre hält, kannst du ihn trotzdem gerichtlich dazu zwingen lassen, dass er den Vertrag (das Versprechen) einhält. Das Versprechen wird also eingehalten - ob er will oder nicht. Es braucht keine Ehre, weil es einen Vertrag gibt.


    Kommen wir nun zum Ehrenkodex.
    Ich lese mir gerade einmal den PBS-Ehrenkodex durch. Die Firmen, die sich ihm verpflichten, dürfen das auch nach außen hin zeigen. Das soll ihnen mehr Relevanz und Beachtung z.B. bei Ausschreibungen bringen.
    Für sie alle ist es Ehrensache, sich an den Kodex zu halten.


    Es gibt eine Kontrollinstanz, an die man sich wenden kann.
    Man hat jetzt also einen Ansprechpartner, wenn der Vertragspartner nichts von Ehrensache hält. Diese Kontrollinstanz wirkt dann auf den Vertragspartner ein, dass er sich an den Ehrenkodex zu halten hat.


    Als Vertragspartner muss man sich jetzt also nicht mehr auf das Ehrgefühl verlassen, sondern kann Ehrensachen jetzt auch durchdrücken. Das sieht doch wunderbar aus.


    Schaut man sich aber mal den Ehrenkodex genauer an, findet man dort folgende Punkte


    1) Anwendungsbereich = wen betrifft das überhaupt
    2) Einhaltung des Wettbewerbsrechts
    3) Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen
    4) Ehrenrat für Wirtschaftskonflikte in der PBS-Branche = Kontrollinstanz
    5) Beitritt = wie kann man beitreten
    6) Inkrafttreten = ab wann gilt der Kodex eigentlich


    Von den 6 Punkten betreffen nur 2 Punkte den eigentlichen Ehrenkodex


    2) Einhaltung des Wettbewerbsrecht.
    Das Wettbewerbsrecht ist in BGB und HGB geregelt. Wer dagegen verstößt verstößt gegen Gesetze und muss mit Strafe rechnen. Ob die Firma den Ehrenkodex unterzeichnet oder nicht. Sie muss die Gesetze trotzdem befolgen.

    3) Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen
    Auch das ist gesetzlich bereits geregelt. Wenn ein Vertrag nicht gegen Gesetze verstößt, muss man ihn auch einhalten. Auch ohne Ehrenkodex kann man den Vertragspartner dazu zwingen, sich an den Vertrag zu halten.


    Weil dieser Ehrenkodex die Unterzeichner zu nichts anderem verpflichtet, als sie auch ohne ihn einhalten müssen, kann ihn jede Firma sorglos unterzeichnen ... oder es auch sein lassen.
    Es ist keine besondere "Ehrensache", wenn man sich an Gesetze hält. Das machen alle anderen auch.


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    Schreibst du dir mit einem Fasermaler "Ich halte mich an Gesetze" auf die Stirn ?
    Würdest du einen anderen Menschen als unehrlich einstufen, wenn er so etwas nicht auf seine Stirn schreibt ?
    In beiden Fällen lautet deine Antwort "natürlich nicht".


    Der Hinweis auf diesen Ehrenkodex ist aber auch nichts anderes. Es bringt weder den Unterzeichnern noch ihren Vertragspartnern einen Vorteil oder Nachteil.
    Der Ehrenkodex sieht gut aus. Mehr soll er auch nicht.


    PS:
    "Ehrensache" ist es immer nur dann, wenn man rechtlich nicht dazu gezwungen werden kann.


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    Ich habe mir diesen Ehrenkodex heraus gegriffen, weil er ganz klar und ohne Auslegungsmöglichkeit zeigt, dass es (in diesem Fall) keinen Unterschied ausmacht ob man ihn unterzeichnet oder nicht.


    Andere Ehrenkodexe sind durchaus sehr lang und breit ausgeführt und erfordern intensivere Auseinandersetzungen mit der jeweiligen Materie.


    Bevor man so einem "Ehrenkodex-Siegel" eine gewisse Relevanz oder Wertigkeit zumisst, muss man sich immer erst über den Kodex eingehend informieren und wie man ihn durchsetzen kann, wenn man es einmal muss.