Umweltbelastungen in den Städten teilweise hausgemacht

  • An manchen Umweltbelastungen hat eigentlich keiner Schuld


    Beispiel Stuttgart
    Die Ozon-Belastung ist sehr hoch. Die Feinstaubwerte sind hoch. Die Stickoxid-Werte sind hoch. Im Sommer liegt über der ganzen Stadt eine Hitzeglocke und man wartet sehnsüchtig auf frischen Wind oder Regen.


    Meteorologisch gesehen liegt die Stadt an der denkbar ungünstigsten Stelle.
    Sie liegt in einem Tal in dem die Wetterbedingungen so ungünstig sind, dass die Winde über sie hinweg ziehen. Gleichzeitig verhindern auch diverse Umgebungsbedingungen, dass die Wärme aufsteigen kann.


    Sorry ich bin kein Meteorologe und kann es deshalb nicht besser erklären. Es hat mit Tiefdruckgebieten und Hochdruckeinflüssen zu tun, die verhindern, dass "frischer Wind" in die Stadt kommen kann, um Staub und Hitze heraus zu wehen.


    Als die Stadt gegründet wurde, waren es ideale Bedingungen, weil die Bewohner vor heftigen Wetterwechseln geschützt waren. Man baute die Häuser dich an dicht, was Platz sparte und Sicherheit gab. So war das damals eben. Die Straßen mussten nur so breit sein, dass ein oder zwei Fuhrwerke hindurch konnten.


    Eine historisch gewachsene Stadt basiert auf den "Grundlagen" ihrer Gründungszeit.
    Nimmt die Einwohnerzahl zu, reicht allein das schon, um überhöhte Umweltbelastungen zu erzeugen. Kriege und Feuersbrünste schafften jedoch immer wieder etwas Platz, so dass es eben doch nicht dazu kam.


    Kommen jedoch neue Umweltbelastungen hinzu, kommt es automatisch irgendwann zum Umwelt-Kollaps.


    Nach dem zweiten Weltkrieg wurden viele zerstörte Städte nicht neu geplant, sondern man versuchte, sie wieder historisch aufzubauen. Jetzt hätte man eigentlich die Möglichkeit gehabt, die Städte auf neue Bedingungen hin auszurichten. Diese Chance verpassten viele Stadtväter jedoch.


    Es kommt also wie es kommen muss:
    Die Stadt ist historisch angelegt und muss Probleme lösen, die nur durch die Moderne entstehen.


    Stuttgart muss auch in Zukunft mit Gütern versorgt werden. Die Leute müssen dort leben und arbeiten. Sie brauchen Heizungen und Elektrogeräte. Die Umweltbelastung wird also weiterhin hoch sein und immer weiter steigen.


    Selbst wenn der komplette Fahrzeugverkehr auf Elektro umgestellt wird, wird es die Probleme immer weiter geben.
    Für Stuttgart wird es, wegen seiner Lage, keine Lösung geben.


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    An anderen Umweltbelastungen haben Stadtplaner die alleinige Schuld
        
    Beispiel Düren
    Diese Kreisstadt steht bundesweit an Platz 8 der Städte mit den höchsten Umweltbelastungswerten und in NRW rangiert sie gleich hinter Ballungszentren wie zum Beispiel Düsseldorf.


    Ein Fakt zugunsten der Stadt:
    Sie liegt sehr nahe an einem Tagebau, der extreme Feinstaubbelastungen erzeugt. In diesem einen Punkt hat die Stadt keinerlei Schuld an den Umweltbelastungen. Hier ist der Energiekonzern als Betreiber des Tagebaus der einzig Schuldige.


    ......


    Nahe der Messstelle gibt es einen großen Kreisverkehr. 4 der 5 Zufahrten führen zu ihm herunter. Er liegt also in einem "Loch". Gleichzeitig liegt er auch noch an einer Wetterscheide, so dass hier ganz andere Temperaturen als im Rest der Stadt herrschen.
    Der Kreisverkehr hat zwei Spuren, um zu den jeweiligen Ausfahrten zu kommen.


    An jeder Zufahrt gibt es Fußgängerüberwege.
    Queren nur 5-6 Fußgänger langsam nacheinander einen einzigen der Überwege, wird dadurch der Verkehr im Kreisel komplett zum Erliegen gebracht. Er kann nicht mehr abfließen, weil die Fahrzeuge nicht zur nächsten Ausfahrt weiter kommen.
    Sobald der Verkehr im Kreisel zum Stillstand gekommen ist, kommt auch der Verkehr in allen 5 Zubringerstraßen zum Stehen.


    An einer Ausfahrt gibt es nach Hundert Metern noch zusätzlich eine Fußgängerampel. Sobald sie auf Rot schaltet, gibt es einen weiteren Rückstau in den Kreisverkehr.


    Kommt der Verkehr im Kreisel zum Stehen, gibt es auf drei Zubringerstraßen einen Rückstau, der sich durch die ganze Stadt zieht und mehrere Kilometer weit reichen kann.


    Hier haben wir also eindeutig einen städteplanerischen Fehler vor uns. Wenige Fußgänger am Kreisverkehr sorgen in Stoßzeiten dafür, dass Hunderte von Fahrzeugen nicht mehr weiter kommen.


    Die Messstelle liegt "strategisch günstig" direkt vor der Fußgängerampel.
    - Eine enge Häuserschlucht.
    - Die Fahrzeuge, die in den Kreisverkehr wollen, warten bergab mit laufendem Motor auf eine Lücke.
    - Die Fahrzeuge, die aus dem Kreisel kommen, müssen beschleunigen, um bergauf zu kommen.
    - Die Fußgängerampel sorgt dafür, dass die bergauf fahrenden Fahrzeuge anhalten müssen und deswegen im Kreisel ein Rückstau entsteht.


    Würde ich hohe Umweltbelastungen nachweisen wollen, würde ich auch genau hier eine Messstelle einrichten .. oder sie direkt hinter einen Auspuff klemmen. Es kommt auf das Gleiche raus. :angel:


    In dieser Straße werden die Umweltbelastungen nie auf unbedenkliche Werte sinken können. Der Kreisverkehr ist die große Fehlplanung und die einzelne Fußgängerampel sorgt für zusätzliche Staus.
    Hier werden auch in Hundert Jahren noch die stärksten Belastungen gemessen werden können, wenn es längst keine Verbrennungsmotoren mehr gibt.


    Auch Elektrofahrzeuge verbrauchen mehr Energie, wenn es bergauf geht und wenn sie immer wieder neu anfahren müssen.


    Aus der Physik:
    Beim Anfahren muss erst einmal der Rollwiderstand überwunden werden. Das kostet immer mehr Energie als ein Fahrzeug in Bewegung zu halten. Jedes erneute Anfahren kostet also mehr Energie als wenn das Fahrzeug weiter fahren würde


    Fahrverbote lösen deshalb das Problem nicht.


    Hier gibt es deshalb nur eine Lösung für die Stadt:
    Der Kreisverkehr muss so umgebaut werden, dass der Verkehr flüssig durch ihn hindurch kommen kann.



    Die Alternative zum Schutz von Anwohnern wäre, dass die Häuser nicht so nahe an der Straße stehen dürfen. Änderung der Bebauungspläne und Abriss aller betroffenen Häuser. Wenn Anwohner ohne Umweltbelastungen leben sollen, muss die Stadt eben auch mit Protesten und Aufruhr leben können.


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    Andere Städte passen sich an und verändern sich


    Beispiel Paderborn
    Diese Kreisstadt hatte vor rund 10 Jahren ähnliche Probleme wie Düren. In manchen Straßen der Innenstadt stand im Sommer morgens noch die Hitze und der Geruch vom Vortag. Die extrem hohe Bebauung verhinderte einen schnellen Luftaustausch.


    Die große Hauptkreuzung führte in Richtung Bahnhof nach außerhalb durch eine dicht bebaute Häuserzeile mir Wohnhäusern und Gewerbebetrieben. Auch hier hätte man damals nicht wohnen mögen.


    Heute gibt es in der Innenstadt freie unbebaute Flächen, die einen schnellen Luftaustausch unterstützen.
    Die Bahnhofstraße ist nicht mehr eng bebaut, sondern es finden sich große Bereiche, die unbebaut sind oder in den die Gebäude weiter nach hinten stehen.


    Insgesamt hat sich durch diese Maßnahmen das Klima in der Stadt bedeutend verbessert - aber auch das Stadtbild hat sich geändert.
    Die Stadt hat sich den Bedürfnissen der Bewohner angepasst. Sie stellt sich auf die Zukunft ein, ohne Bewohner und Besucher auszuschließen.


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    Ich habe drei Städte namentlich als Beispiel für drei völlig verschiedene Lagen/Situationen genannt.


    Stuttgart als Beispiel für eine Lage, die man nicht ändern kann.
    Es gibt viele andere Städte, für die es, wegen ihrer Lage, keine wirkliche Lösung gibt. Will man historische Städte möglichst ursprünglich erhalten, müssen die Bewohner Einschnitte hinnehmen.


    Düren als Beispiel für einen Planungsfehler an nur einer Stelle, der sich aber gravierend auf die ganze Stadt auswirkt.
    Ähnliche Fehler wird es überall geben. Da nutzen dann auch keine Umgehungen oder Verbote. Der Fehler muss beseitigt werden.


    Paderborn als Beispiel für eine Stadt, die sich an moderne Bedürfnisse anpasst, dabei aber historisch entstandene Bereiche weiterhin ursprünglich erhält.
    Auch von diesen Städten gibt es sehr viel. Sie ändern sich und passen sich an.


    Anpassungen und Änderungen brauchen natürlich auch Zeit.
    Wenn eine Stadt ihr Heil darin sucht, einfach Verbote auszusprechen, ohne die wirklichen Probleme zu lösen, wird sie auf Dauer nicht mehr lebenswert sein.
    Verbote bringen nur einen Aufschub, der dafür genutzt werden muss, um Änderungen zu verwirklichen.


    Umgehungsstraßen sind einfach, aber keine Lösung.
    Langfristig veröden viele Orte, die plötzlich abseits der Strecken liegen. Das Leben wird dort immer weniger lebenswert. Wenn die Läden aus den Städten verschwinden, weil die Kundschaft ausbleibt, müssen die Bewohner sich immer mehr von außerhalb versorgen lassen.
    Die Läden verschwinden, der Zulieferverkehr wird stärker und am Ende werden die Umweltbelastungen dann wieder so hoch als wenn die Umgehungsstraße nie gebaut worden wäre - leben will in so einer Stadt dann keiner mehr.


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    Ich persönlich werde die Städte Düren und Paderborn im Auge behalten und schauen, wie sie sich ändern.
    Beides sind Provinzstädte ohne große Industrien. Änderungen im Stadtklima werden also nicht durch Industrie beeinflusst werden.


    Mal schauen, wie sich beide Städten in 10 Jahren "gemacht" haben.
    Wird Paderborn den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen ?
    Wird Düren seine Planungsfehler erkennen und beheben ?


    2028 werde ich also erneut darüber berichten .. falls ich es nicht vergesse *lach*
    Also bleibt weiter dabei und lasst euch berichten, was sich getan hat... oder fahrt selbst einmal in die Städte und macht euch ein eigenes Bild.

  • Ich weiß, ich bin viel zu früh dran. Schon nach nur 1 1/2 Jahren melde ich mich wieder. Schuld daran hat jedoch eine Entwicklung in der Stadt Düren.


    In der vergangenen Zeit wurde eine Umgehungsstraße gebaut und teilweise frei gegeben. Zu ihr kommt man über eine der Ausfahrten des Kreisverkehrs.


    Die entsprechende "Zubringerstraße" war früher in beiden Richtungen zweispurig. Mittlerweile wurde sie derart umgestaltet, dass ein den Seite Parkbuchten zum schräg Einparken sind und es nur noch eine Spur zum Kreisverkehr gibt.

    Gleichzeitig wurden noch mehrere Tempo 30 Bereiche ausgewiesen und mehrere Fußgängerampeln installiert.


    Das Ziel der Maßnahme ist natürlich, die Verkehrsmenge zu begrenzen indem man es "ungemütlich macht" diese Straße zu nehmen.

    Da es jedoch die einzige Verbindung zur Umgehungsstraße ist, sorgt es nur für einen erhöhten Rückstau im Kreisverkehr. Dieser sorgt zu einigen Zeiten dafür, dass es sogar einen mehrere Kilometer lange Rückstau quer durch die Stadt bis nach außerhalb gibt.


    Die Umweltbelastung durch diese Maßnahme ist durch die Fahrzeuge im Stop-and-Go-Verkehr höher als wenn er wie früher fließen könnte.. nur besteht sie jetzt nicht nur an einer Stelle sondern über eine sehr große Strecke.

    .....

    Zur Messstelle hin ist jetzt ein LKW-Fahrverbot.

    Aus jeweils zwei Spuren werden - nur im Bereich der Messstelle - nur eine einzige in jeder Richtung. Das sorgt für einen Stau, aus der anderen Richtung zum Kreisverkehr, der sich auch über einige Kilometer fortsetzen kann.


    Ein LKW, der von stadtauswärts kommt und eigentlich nur geradeaus durch muss, steht also erst einmal in einem innerstädtischen Stau bis zum Kreisverkehr .

    Danach muss er rund 2 Kilometer die verengte Straße hoch und rund 4 Kilometer auf der Umgehungsstraße fahren.

    Von dort aus fährt er wieder auf einer einspurigen Landstraße 2 Kilometer in Richtung seiner eigentlichen Strecke.

    Auf seinen 8 Kilometern Umweg hat er dann die ca. 500 Meter gesperrte Strecke umfahren.

    Muss er dann den gleichen Weg zurück, wird er sich auf 2 weitere Staus und weitere 8 Kilometer Umweg freuen dürfen.


    16 Kilometer Umweg, um 2x 500 Meter vorbei an einer Messstelle zu umgehen, ist schon eine Meisterleistung städtebaulicher Fehlplanung. :pompf:


    Jeder Kilometer und jeder Stau mehr, verursacht zusätzliche Umweltschäden.


    Die Stadt Düren löst mit ihrem Handeln keine Umweltprobleme, sondern sie schafft zusätzlich noch weitere, die vorher nicht vorhanden waren.

    Würde jetzt ein Diesel-Fahrverbot kommen, würde es nicht mehr nur einzelne Straßen betreffen, sondern für die komplette Stadt verhängt werden müssen,.