Wie eine Umstellung der EDV und IT zum Untergang der Firma führt

  • In der heutigen Zeit geht es in den meisten Firmen ohne EDV nicht mehr. Warenwirtschaft, Logistik, Personalabrechnung - selbst wenn man für das alles keine EDV braucht, spätestens das Finanzamt will die Steuersachen längst schon per EDV haben.
    Die EDV hat längst schon einen so hohen Stellenwert eingenommen, dass das Wohl und Wehe der Firma von ihr abhängen kann.


    Jede EDV-Umstellung muss gut vorbereitet sein. Der Vorsichtige lässt die alte EDV und neue so lange parallel laufen, bis einwandfrei feststeht, dass es keine Probleme gibt.Gleichzeitig spielt er alle Daten aus dem alten System in das neue ein, damit er auch weiterhin darauf zugreifen kann.


    Eigentlich haben wir 2017 im Ratgeber---Forum.de auch so eine Umstellung gemacht. Von April bis August haben wir das neue System vorbereitet damit es dann ohne Probleme genutzt werden kann. Damit die Daten weiterhin verfügbar sind, läuft das alte Forum jedoch weiter.


    Im Folgendem berichte ich nun über einen Großkonzern, der sich durch eine Umstellung der EDV gerade selbst ruiniert.

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    Kerndaten zum Großkonzern.
    Es handelt sich um eins der größten Großlager in Deutschland in seinem Metier. Von zwei Standorten aus werden alle Händler versorgt.
    Wie bei vielen anderen Firmen auch, wechselten auch hier die Inhaber und der Sitz der Zentrale immer mal wieder. Deutschland, England, Spanien.
    Der Firmenname änderte sich und man expandierte über ganz Europa.


    Als (Händler) Kunde merkte man die Übernahmen nur, wenn sich die Geschäftspolitik änderte. Eigentlich lief alles gut und die Übernahmen beeinflussten den normalen Ablauf nicht.


    Kaum war die Zentrale in Spanien angesiedelt, begannen die ersten Probleme.


    Eigenmarken
    Die Produktion der Eigenmarken wurde fast vollständig an spanische Hersteller in Auftrag gegeben. Das war die erste Entscheidung, die sich negativ auswirkte.
    Ab da begann es mit den Lieferschwierigkeiten. Wochenlang musste man warten, bis endlich wieder Ware zur Verfügung stand. Irgendwelche Probleme gab es immer. Noch war das aber nicht wirklich relevant für den Betrieb. Die Produkte waren gut und man konnte die Zwischenzeit mit Produkten anderer Lager überbrücken.


    Die komplette IT wurde nach Spanien ausgelagert
    Jetzt musste die Deutschland-Zentrale selbst die kleinsten Sachen erst nach Spanien melden und darauf hoffen, dass der Fehler dort gelöst wird.


    Hier war ich als Händler plötzlich direkt betroffen. Nach vielen Jahren stand meine Mailadresse plötzlich alle 2 Wochen auf der Spammer-Liste und es dauerte auch immer fast zwei weitere Wochen, bis sie endlich wieder auf der Whitelist landete.
    Heutzutage läuft ein Großteil der Kommunikation per Mail. Hat man etwas mit größerem Umfang oder Inhalt zu klären oder erreicht den Ansprechpartner nicht per Telefon, klärt man es eben per Mail.
    Landet man auf der Blacklist, wird nichts geklärt und man hofft vergebens auf eine Antwort.
    Auch Großbestellungen,, die nicht über Shop-Systeme abgewickelt werden können, klärt man per Mail und merkt erst bei der ersten Beschwerde, dass sie nicht ausgeführt wurden.


    Wie soll man jemanden schnell direkt erreichen, wenn die Schriftform nötig ist und er keinen speziellen Faxanschluss hat ?
    Weiß man, das man ihn nicht erreicht, weil man gesperrt ist, lässt man es eben über ein anderes Lager laufen. Allein bei mir werden es Umsätze in 5stelliger Höhe gewesen sein, die ich in den Monaten an andere Lager vergeben habe.

    Vertrieb und Support
    Auch bei solchen Großlagern hat man immer ein Team zur Verfügung, das Fälle klären kann/muss. Normalerweise gab es IT-Team, Service-Abteilung, Buchhaltung und Vertrieb.
    Alles was die Lieferungen betrifft, war Sache des Vertriebs. Reklamationen und Nachlieferungen erledigte der Service. Die IT war Ansprechpartner für deren Shop-System und für die Übermittlung jeweils aktueller Artikeldaten und Preise.
    Wurden Preise mit dem Vertrieb ausgehandelt, waren sie sofort gültig.


    Irgendwann wurde die Service-Abteilung scheinbar ausgedünnt. Reklamationen und alles was damit zusammen hängt, wurden nur sehr schleppend bearbeitet. Der Vertrieb musste diese Aufgabe zusätzlich unterstützend übernehmen.


    Noch hatte das alles nichts mit der EDV als Solches zu tun. Die Händler konnten weiterhin die gewohnten Systeme benutzen. Wurde eine Plattform abgelöst, standen die Daten auch weiterhin in den vorherigen zur Verfügung.
    Alles wurde so gemacht, dass die Händler weiterhin auf alles zugreifen konnten.

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    Ca. im Dezember des Jahres begann es aber, dass der Vertrieb telefonisch seltener erreichbar war. Jetzt wirkten sich E-Mail-Sperren drastisch aus.
    Völlig unlogisch waren aber nur die Kommunikationswege zum Vertrieb gesperrt, während man den IT-Support immer noch erreichen konnte.
    Hier zeigte sich, dass die spanische IT kolossale Fehler machte. Wenn man einen Spammer hat, sperrt man ihn schließlich komplett aus und nicht nur für einen Empfangsbereich.


    Da ich zusätzlich als Admin tätig bin, konnte ich also immer noch dafür sorgen, dass die nötigen Daten an das Server-Team und das Team des Shop-Entwicklers ausgeliefert wurden. Noch lief alles gut. Das muss es auch, wenn die Daten faktisch über 4 Stellen laufen müssen.

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    Gleichzeitig begann es aber auch, dass sich die Lieferungen immer weiter verzögerten. Das passiert jedes Jahr im Dezember und liegt oft an den überlasteten Paketdiensten und anderen Transportunternehmen.


    So langsam konnte man aber erkennen, dass es diesmal nicht daran lag. Die Aufträge wurden nicht bearbeitet. Angeblich waren die Lager mit zu vielen eingehenden Aufträgen überlastet. Statt der üblichen Doppelschicht wurde eine Voll-Konti-Schicht eingeführt.
    Trotzdem erhöhte sich die Lieferzeit um 2-4 Tage.


    Reklamationsbearbeitungen wurden überhaupt nicht mehr durchgeführt.
    Mitte Januar war man erst auf dem Stand Anfang Dezember. Wer jetzt denkt, das könne man linear weiter führen, irrt sich. 2 Wochen später hatte man erst 3 Tage aufgearbeitet.


    Erst Mitte Februar hatte man die Reklamationen und Rückstände aus Dezember aufgearbeitet.

  • Jahreswechsel 2017/2018
    Pünktlich am 01.01.2018 wurde alles geändert.


    Neues Auftragssystem bzw. Shop-System  
    Das alte System war zwar noch erreichbar, enthielt jedoch keine Daten mehr. Für das neue System waren die ersten Zugangsdaten am 1. Januar übermittelt worden.


    Das neue System war/ist eine Bastellösung, wie sie im Strafgesetzbuch steht.
    Wer jemals etwas im Internet bestellt hat, weiß, dass man auf die Ware klickt und sie dann sofort im Warenkorb ist. Hier dauerte es jedoch 30 Sekunden, bis das System reagierte.
    Performance-Probleme an unseren Systemen sind auszuschließen, weil es nur dieses Lager betraf.


    Artikelstamm
    Obwohl eindeutig feststeht, dass es die Ware gibt, war sie im System nicht vorhanden. Es dauerte fast eine Woche, bis die bestimmte Ware endlich eingefügt war und eine weitere Woche, bis man sie endlich auch beauftragen konnte.
    Diese Ware wird nur speziell für uns gelagert. Wir wissen also, in welcher Menge sie zur Verfügung steht.


    Das Support-Ticket vom 8. Januar an die IT wurde dann schon am 22. Februar beantwortet. 45 Tage Reaktionszeit der IT !!!!


    Datenübertragung
    Bis dato konnten wir die oft sehr umfangreichen Aufträge direkt als Datei übertragen. Kur aktivieren und dann freigeben. Der Auftrag war im System.
    Jetzt mussten wir alles einzeln per Hand eingeben. Bei einer Wartezeit von 30 Sekunden pro Artikel, bis eine Reaktion erfolgt, ist die reine Datenübernahme von 20 Positionen also in "sagenhaften" 10 Minuten erledigt. Zudem müssen alle anderen Daten auch immer wieder per Hand neu eingegeben werden.


    "Mit einer mechanischen Schreibmaschine kann ich schneller schreiben als es bei dem System dauert, bis ich da alles angeklickt habe." dachte ich mir.
    Wenn man bedenkt, dass das System nur die 6stelligen Artikelnummern und die Lieferadresse braucht, muss man dazu nicht einmal besonders geübt sein.


    Eine Datenübertragung dauerte bislang ca. 10 Sekunden. Nach maximal 30 Minuten bekam man dann die Bestätigung, dass der Auftrag in Arbeit ist und man konnte teilweise schon sehen wie die Kommsionierung in den Lagern anlief und wann sie abgeschlossen war.


    Das war übrigens Stand 09.03.2018. Bis gestern gab es immer noch keine funktionierende Datenübertragung.


    Es ist klar, dass allein der Aufwand von 10 Minuten statt 10 Sekunden zur Datenübermittlung schon abschreckte, dem Lager Aufträge zu erteilen. Den enormen Zeitverlust, durch die extrem miese Performance des Systems, müssen die Händler bei sich im Haus kompensieren.
    In heutigen Firmen sind fast alle Abläufe auf Zeit optimiert. In den neuen 10 Minuten hätte man vorher 60 Aufträge übermitteln können. Ich spreche übrigens immer nur von der reinen Reaktionszeit und nicht davon, dass man jetzt noch Zusatzzeit für die anderen Eingeben braucht.


    Allein durch die 60fache Übermittlungszeit gingen dem Großlager viele Aufträge verloren. Kein Händler kann es sich leisten zusätzlich 60 Mitarbeiter einzustellen, damit die Auftragsbearbeitung gleichschnell wie vorher läuft.
    "Bei anderen läuft es besser und schneller und weniger umständlich. Dann bekommen eben diese Lager die Aufträge"


    Keinerlei Erreichbarkeit mehr
    Per Telefon gab es nur noch Band-Ansagen "Bitte Mail senden". Nun musste man also selbst kurze Sachen per Mail formulieren. Selbst die einfachste Frage wurde erst nach 1 Woche beantwortet.


    völlig uninformierte Mitarbeiter
    Bislang hatten die Mitarbeiter Zugriff auf das System, das für die Order genutzt werden sollte. Sie konnten das sehen, was auch der Händler sah.
    Jetzt hatten sie ein völlig anderes System, hatten andere Masken und sahen andere Daten. Sie konnten keinerlei Fragen mehr beantworten oder die Antworten bestanden aus vagen persönlichen Vermutungen.
    Bei Fragen zum Oder-System wurde an die IT verwiesen .. dessen Reaktionszeit ich ja schon oben mit den besagten 45 Tagen aufgezeigt hatte.


    "Lustige" Lagerbestandsdaten
    Grüne Zahlen bedeuten "ist am Lager". Rote Ziffern bedeuten "die Menge kommt demnächst wieder rein". Das Datum war bisher eine verbindliche Bestätigung, dass die Lieferung an diesem Tag beim Adressaten ist. Die wurde auch über Jahre immer eingehalten.
    Das neue Datum bedeutet jedoch nur noch "kommt hoffentlich dann mal ans Lager". Aus einem festen Lieferdatum wird ein Lotto-Spiel. Dass die Ware dann ans Lager kommt, bedeutet nicht auch gleichzeitig, dass sie an dem Tag auch zusammen gestellt und ausgeliefert wird.


    Ich weiß auswendig, dass eine bestimmte Ware erst am 02.01.2023 wieder ans Lager kommen soll. Die Ware gehört zu den Sachen, auf die keiner verzichten kann .. egal ob privat oder in einer Firma. Jeder Mensch in Deutschland benutzt sie mindestens einmal am Tag. Auf so eine Ware kann man einfach nicht Jahre warten.


    Wenn die Lieferbarkeit genauso zuverlässig wie die Wettervorhersage für Weihnachten nächstes Jahr ist, lässt man natürlich die Ware über ein anderes Lager ausliefern.


    Eigenmarken
    Das Lager ist auf die Idee gekommen, seine seit Beginn etablierte Marke zu ändern. Normalerweise sorgt man dafür, dass neue und alte Marke am Anfang gleichermaßen bereit steht, damit man sich allmählich umstellen kann.
    Lässt man jedoch eine Marke auslaufen, hat man von der "neuen Sorte" bereits Vorräte als Ersatz.


    Dieses Großlager hat jedoch auch hier das Lotto-Prinzip eingeführt.
    In vielen Fällen gibt es die neue Marke noch nicht am Lager. Gleichzeitig wurden die Preise für die alte Marke jedoch um bis zu 50% erhöht.


    Einerseits müssen die Händler ihre Kunden auf die neue Marke "umstellen". Man muss Fragen dazu beantworten und Unterschiede klären. Wenn ein Kunde viele Jahre auf die Marke gesetzt hat, muss er sich auch innerlich anders einstellen.
    Die 50%tige Preiserhöhung der alten Marke zwingt die Händler auch faktisch schon dazu, ab jetzt nur noch auf die neue Marke zuzugreifen.


    Jetzt kommen aber "die Hammer".
    In den Händler-Shops wurde die alte Marke mal ganz und mal teilweise schon entfernt. Wer nur per Shop bestellt, kann sie also nicht mehr bestellen. Dadurch laufen natürlich viele Anrufe und Anfragen auf. Die Abläufe beim Händler werden gehemmt, weil er völlig unvorbereitet einen enorm höheren Aufwand hat.


    Gleichzeitig steht aber die neue Ware überhaupt nicht zur Verfügung. Der Händler soll also 50% mehr zahlen, weil die eigentlich gewünschte Ware noch nicht vorhanden ist und seine Kunden brauchen sie jetzt und nicht erst am "Sankt-Nimmerlein-Tag".


    Was machen die Händler natürlich ?
    Sie bestellen bei anderen Lagern. Die neue Marke wird nicht eingeführt und die alte nicht mehr beworben.
    Markentechnisch ist das der völlige GAU für ein Unternehmen.
    Mit Eigenmarken machen alle Hersteller und Lieferanten den meisten Umsatz und daran haben sie den größten Verdienst

    IT-Support-Fähigkeit sinkt auf Null
    Nachdem pünktlich am 1. Januar neue Daten eingespielt wurden, erfolgt Mitte Januar eine nicht angekündigte Änderung der Daten.
    Die Admins der Händler müssen plötzlich fehlende Daten ausfindig machen und per Hand neu eintragen. Dabei müssen sie darauf hoffen, dass es nicht kurz danach eine neue Datenübertragung gibt, die ihre Bemühungen zunichte macht.


    Glücklich sind die Admins, deren Shop einen Sonderbereich haben, auf den solche Updates keine Auswirkung haben.
    So etwas kostet jedoch extra und man muss vorher schon wissen, wie viel man davon braucht.
    Normalerweise reicht eine geringe Zahl. Braucht man jedoch diesen plötzlich in unerwarteter Höhe muss man alles umstellen. Das kostet dann extra Zeit und Geld.

    Werden die fehlenden Daten aber danach doch wieder aufgespielt, gibt es den Artikel plötzlich doppelt unter der gleichen Artikelnummer mit ganz anderen Spezifikationen. Und wieder müssen die Admins alles per Hand ändern.


    Um herauszufinden, welche Artikel plötzlich gelöscht wurden, muss man per Hand suchen. Es gibt nämlich keine Regel, die angewendet wurde. Hier hilft es, den aktuellen mit dem vorherigen Datenstamm vergleichen zu können. Dazu muss man beide aber erst einmal haben. Am einfachsten wäre eine Differenzliste.


    Also eröffnet man ein Ticket und erwartet, eine (wie auch immer geartete) Reaktion.
    Nachdem nach 5 Zeit-Tagen keine erfolgt ist, ein kurzer Anruf "ja, ich kümmere mich darum". Mittlerweile waren schon 8 Tage herum ... und immer noch keine Antwort auf das Ticket. Nicht einmal ein ablehnendes "haben wir nicht".


    Ursprünglich hatte ich 2017 geplant, das Shop-System des Großlagers zu benutzen.
    Der Betreiber unseres Shops führte täglich Änderungen am Code ein, die jeden Tag neue Arbeitsabläufe erforderten. Manche erfordern manuelle Zusatzarbeit, auf die wir nicht eingestellt sind.


    Shop-Admin ist eigentlich nur ein Nebenjob. Mal ein paar Daten ändern und wenn es technische Probleme gibt, müssen die mit 3 Stellen geklärt werden.


    Zuerst einmal die Geschäftsführung von den Änderungen und den dadurch entstehenden Nachteilen informiert.
    Wir können und wollen kein zusätzliches Personal nur deshalb einstellen, weil der Shop sich dauernd ändert.


    Natürlich bedeutet das zunächst einmal längere Vorbereitungszeit.
    Man muss einen besseren Shop suchen, der den eigenen Bedürfnissen entspricht. Gleichzeitig muss man darauf achten, dass die Kunden sich nicht zu sehr umstellen müssen.
    Im Gegensatz zum Großlager, von dem dieses Thema handelt, wusste ich, dass ein Shop auch darüber entscheiden kann, wie die Umsätze sind. Funktioniert nicht alles wie vorher, verliert man die Kunden.


    Nach diesen ersten Recherchen dann zunächst die Zustimmung der Geschäftsführung eingeholt.
    Dabei musste ich natürlich auch die Vorteile der Umstellung aufführen. Die eigentliche Arbeit und Verantwortung dafür würde ich haben.


    Mehrere Wochen lang arbeitete ich mich also in ein völlig neues System ein.
    Ich testete die Kundenzugänge und begann eine eigene Admin-Anleitung dafür zu schreiben. Die gelieferte Anleitung war wie die Anleitung für eine neue chinesische Haushaltsmaschine. Völlig ohne Bezug zu der Software die ich vorliegen hatte ... und ich hatte die maximale Premium-Version zum Testen bekommen.


    Schnell schauen, was wir davon wirklich brauchen. Dann ein Downgrade auf die Version die wir wirklich einsetzen würden. Es geht schließlich um einige Tausend Euro jährliche Kosten.

    .....

    Als die Probleme mit dem Großlager begannen, konnte ich mich nicht mehr so sehr mit dem neuen Shop beschäftigen. Es mussten noch viele Export- und Importfunktionen komplett neu geschrieben werden. Die Aufteilung der Datenbänke mussten angepasst werden, damit wir den vollen Datensatz übernehmen konnten.


    Erste Uploads zum Test zeigten, dass die erhaltenen Musterdateien völlig falsch waren. Der Shop-IT zeigte hier also schon seine mangelnden Kenntnisse über den eigenen Shop. Noch konnte mich das nicht wirklich abschrecken. Ich bin gewohnt, im Notfall eigene Lösungen zu entwickeln.
    Wenn ich einmal etwas "zusammen gestoppelt" habe, läuft es auch. Ich bin kein Programmierer, weiß darüber jedoch genügend darüber, um solche Kleinigkeiten auch selbst erledigen zu können.


    Programmierung hat etwas mit Logik zu tun. Manchmal ist es Maschinen-Logik und manchmal ist es die besondere Logik des Programmierers. Man muss sie nur erfassen und sich nach ihr richten können.


    Als ich im Januar dann das neue System vor die Nase bekam schaltete ich erst einmal auf Standby.
    Programmierer, die einen neuen Shop aufstellen und dabei alles missachten, was jeder Anfänger weiß - ich betrachte mich selbst auch noch als Anfänger - sind für mich keine zuverlässigen Ansprechpartner mehr.


    Also erst einmal damit rechnen, dass eine Änderung in weite Ferne rückt. Der alte Shop wird behalten. Die Unterlagen für den neuen liegen vor. Ich kann jederzeit dort weiter machen, wo ich aufhören musste - aber wird das Material überhaupt noch benötigt werden ?

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    Eigentlich war mein Plan gewesen, pünktlich zum 1. Januar alles einsatzbereit zu haben.
    Technisch war alles im Zeitrahmen. 2 Wochen noch,dann wären alle Fragen und Codes geklärt gewesen.
    Durch die Verzögerung im Dezember gab ich noch eine Woche hinzu. Die erste Woche im Januar würde ich doch noch für Test benötigen.
    Dann hätte ich den neuen Shop anmieten und einrichten können. Das neue Datum sollte also der 1. Februar werden.


    Einige Monate Zusatzarbeit, die dafür sorgen würden, dass es später flüssiger läuft als bisher.
    Die letzten Monate haben mir jedoch gezeigt, dass es immer wichtig ist ,einen verlässlichen Partner zu haben.
    Allein durch meine Wartehaltung geht dem Großlager aktuell eine 4stellige Summe verloren.

    .....

    Summa summarum verliert das Großlager an allen Ecken und Enden seine Aufträge.
    In zwei Großlagern gibt es wochenlang keine Ware, die man ordern könnte. Pro Händler stehen hier also 5- bis 6-stellige Umsatzverluste allein schon in dieser kurzen Zeit im Raum.


    Die Umsätze werden natürlich weiterhin getätigt, jedoch bei anderen Lagern. Das schwächt dann wieder die Marktstellung des betreffenden Großlagers. Bekommen andere Lager mehr Lieferaufträge, ordern sie größere Warenmengen. Damit können sie die Ware günstiger abgeben.
    Effektiveres Arbeiten, weniger Probleme und gleiche Preise .. und schon hat das Großlager Kunden verloren.. und dazu noch ein weiteres Problem:
    Wenn man weniger Waren gleichzeitig kaufen kann, bekommt man nicht mehr so gute Preise.


    Entweder der spanische Investor schießt jetzt einige Millionen bis Milliarden hinein - ja wir sprechen wirklich von solchen Größenordnungen, wenn das Großlager seine Abnahmeverträge bei den Herstellern einhalten will - oder das Großlager ist bald Geschichte.

    .....

    Ihr habt bisher nur von einer einzigen Änderung an EDV und Software lesen können. Die allein reicht schon aus, um eine Firma in den Ruin zu treiben.


    Die eigentliche Ursache und den Auslöser für viele der Probleme, beschreibe ich euch im nächsten Teil.

  • Der eigentliche Hintergrund aller Probleme


    Mit der neuen Zentrale wollte man ein Verwaltungssystem einsetzen, das international genutzt wird, weil man jetzt europaweit vernetzt sein wollte.


    In großen Firmen ist SAP im Einsatz. Fast jede Software bietet Schnittstellen zu SAP an. Vom Prinzip her ist also eine Umstellung aller Abteilungen eines Konzerns auf dieses System von Vorteil.
    Gleichzeitig verbessert es auch die Abläufe beim Kunden.


    Technische Zugänglichkeit und Datenübertragung vom eigenem in ein fremdes System ist eins der Hauptargumente, Kunden zu halten und neue zu gewinnen.


    Um so eine Umstellung zu bewältigen, müssen aber erst einmal alle nötigen Schnittstellen hergestellt und angepasst werden.
    Gerade in Großlagern ist so viel unterschiedlich alte Technik im Einsatz, dass es unmöglich ist, alles vorher berücksichtigen zu können. Ohne Testläufe unter Einsatzbedingungen ist das nicht zu schaffen.
    Nach heutigem Kenntnisstand vermute ich, dass die Lieferprobleme zum Ende des Jahres auf solche Tests zurückzuführen sind


    Alle müssen in ein neues System eingearbeitet werden


    Vom einfachsten Kommissionierer bis hin zur Zentralen Verwaltung muss jeder in seinem Bereich komplett neu eingearbeitet werden.
    Die speziellen Anforderungen anderer Software und Geräte (z.B. im Lager selbst) müssen in Fleisch und Blut übergehen, so dass man das nötige Arbeitstempo bekommt. Gleichzeitig muss man aber weiterhin mit dem alten System arbeiten.


    Hier entstehen Doppelbelastungen für alle und die Effektivität sinkt. Da jeder Mensch eine andere Auffassungsgabe hat, kann es durchaus mehrere Monate dauern, bis alle in der Lage sind, mit den neuen Systemen zu arbeiten.


    Bereits hier entstehen erste Einbußen, die sich jedoch durch spätere erhöhte Produktivität langfristig wieder negieren.
    Die vorherige Einarbeitung scheint noch nicht stattgefunden haben, so dass selbst drei Monate nach der offiziellen Einführung immer noch nicht annähernd die Effektivität wie vorher erreicht ist.


    Langfristig sorgen Effektivitätseinbußen für einen Umsatzrückgang, wenn nicht abzusehen ist, wie lange sie dauern könnten. Keine Effektivität = keine Zuverlässigkeit


    Alle Schnittstellen müssen funktionieren
    Mir ist bekannt geworden, dass in den Großlagern massenweise Ware angekommen ist. Die LKW wurden entladen und die Ware wurde in die Lager verbracht.


    Moderne Lager arbeiten alle mit EDV.
    Es beginnt damit, dass die EDV angibt, wo die Ware hin soll.
    Selbst wenn man es auch ohne weiß, darf man nicht einfach einlagern. Das würde in der Software ein Problem verursachen.


    "Laut Daten ist der Lagerplatz leer. Hier kann ich also einlagern lassen" Und dann steht der Einlagerer vor einem schon besetzten Platz und kann die Ware dort nicht hin stellen.


    Die riesigen Warenmengen standen also in Wartestellung, bis die EDV die nötigen Lagerplatz-Informationen gab.


    Im nächsten Schritt muss jede Einlagerung ins System eingegeben werden.
    Hierfür wird eine andere Schnittstelle benötigt und natürlich auch ein Gerät, das auf diese zugreifen kann. Im Normalfall hat man einen Scanner, mit dem man beides bewerkstelligen kann.
    Gibt es aber Probleme mit der Schnittstelle, kann man jetzt zwar einlagern, jedoch die Menge ist nicht bekannt und auch die Einlagerung selbst wird von der EDV nicht erkannt.


    "Laut Daten ist der Platz leer. ich habe den Auftrag zur Bestückung gegeben und warte jetzt ab bis sie bestätigt wurde. Der Platz ist reserviert. Warenbestand Null"


    Die Warenmenge kann also nicht eingebucht werden und kann daher auch nicht ausgeliefert werden.


    Jetzt kommt die nächste Schnittstelle. Man soll in der Verwaltung ja auch sehen können, was los ist. Lagerführung und Bestandspflege können durchaus unabhängig laufen.
    Sobald eine Warenmenge bereit steht, kann die Auslieferung angestoßen werden. Bis dahin laufen die Aufträge ein, ohne dass sie auch abgearbeitet werden können.


    Die Warenmenge steht also immer noch sinnlos herum.


    Nun brauchen wir die nächste Schnittstelle. Die geht zurück ins Lager. Die EDV gibt an, welche Aufträge abzuarbeiten sind. Kommissionierungssysteme muss man erst einmal einbinden, damit sie die nötigen Daten verarbeiten und entsprechende Anweisungen weiter geben können.


    Die Waren stehen zur Auslieferung bereit, jedoch läuft die Übermittlung der Aufträge noch nicht.


    Jetzt läuft endlich alles. Die angekommenen Waren können eingelagert und ausgeliefert werden.
    Ich gehe mal davon aus, dass die Schnittstellen zu den Spediteuren mit einem Klick herzustellen sind, da sie zu den SAP-Standards gehören.


    Verwaltung und Einkauf
    Wenn Waren rausgehen, müssen sie auch wieder eingekauft werden. Für Eigenmarken müssen Herstellungsaufträge erteilt werden.


    Warenwirtschaftssysteme (WWS) arbeiten mit Lagerbeständen, Lieferzeiten, Sollbeständen, Meldebestand und Istbeständen. Daraus errechnen sie wann welche Waren wann nachbestellt werden müssen.


    Wenn es bei der Einlagerung Probleme gibt, wirken sich diese direkt auf das WWS aus.
    So lange keine Warenmenge eingelagert ist, zeigt es eben nur Null an.


    Sobald dann die Einlagerung erfolgt ist, kann man daran gehen die aufgelaufenen Aufträge abzuarbeiten.
    Jetzt kommt es zum ersten Problem:


    Die Warenbestände sinken schneller als in den Vorgaben. Man hat mehr Aufträge als Ware. Die automatischen Termin-Systeme versagen.


    Der Einkauf hatte, ohne Zahlen aus dem Wareneingang, keine Möglichkeit, rechtzeitig nachzubestellen. Es entsteht ein Auftragsüberhang, der nicht abgearbeitet werden kann, weil Ware fehlt.


    Ohne "absolute EDV-Steuerung" hätte man eine einfache Strichliste gemacht:
    Anhand der Lieferscheine sieht man die Anzahl der eingetroffenen Ware. Lieferscheine gibt es immer noch auf Papier. Das kann man einfach vom Wareneingang bringen.


    Dann schaut man nach, welche Menge dieser Ware beauftragt wurde und sieht gleich, dass man diese Ware zu wenig hat. Die muss man dann eben nachbestellen.


    Der Einkauf hat sich auf die EDV verlassen und keine unüblichen Methoden verwendet, um rechtzeitig erkennen zu können, dass der Warenbestand nicht ausreicht. Und wieder gibt es Nachschubprobleme.


    Weil jetzt langsam die Nachfrage sinkt - wo nichts ist, bestelle ich doch nichts - regulieren sich die automatischen Terminsysteme automatisch. Die Umschlagshäufigkeit sinkt, dadurch geht die Ware langsamer aus. Die Zeiten verschieben sich.


    Völlig unberücksichtigt bleibt, dass während der Lieferzeit immer noch Aufträge einlaufen. Die müssen danach wieder abgearbeitet werden. Jetzt kommt es darauf an, ob das System lernfähig ist oder ob wenigstens die Einkäufer mitdenken und die Einstellungen der realen Situation anpassen.


    Eine unflexible EDV wird auch jetzt wieder viel zu spät warnen und nur nach den aktuellen Lagerzahlen vorgehen.
    Ein menschlicher Einkäufer würde auch nachbestellen, wenn das Lager rappelvoll ist. Er weiß ja dass die Mengen vielleicht nur ein paar wenige Tage halten und nicht so schnell nachkommen werden.


    Und wieder gibt es leere Lager und Lieferrückstände weil keine Ware mehr da ist.
    Das Lager kann zumachen, wenn es das Problem nicht löst. Mit jeder Leermeldung bestellt ein Auftraggeber woanders, wo die Ware vorrätig ist.


    In dieser Branche ist eine 24-Stunden-Lieferung der Normalfall und keine Express-Lieferung. Mehr als 2 Tage Verzug sind schon außerhalb jeder Norm.
    Wenn viele Ware aus Spanien kommt, dauert es natürlich lange, bis sie da ist. Hier können durchaus mal 1-2 Wochen vergehen bis sie dann ausgeliefert werden kann.


    Die Schuld an der ganzen Misere hat nur die Umstellung der internen EDV.
    Sie beeinflusst die ganzen Warenströme.
    Die Hauptschuld haben aber die Organisatoren, die nicht dafür gesorgt haben, dass alles rechtzeitig bedacht und vorbereitet wird. Hätten sie ihren Job korrekt gemacht, hätte man die Probleme durch kurzzeitige Personalaufstockung puffern können.


    Die Abwärtsspirale für dieses Großlager hat begonnen
    Lager leer = die Kunden laufen weg = die Umsätze fallen = der Verdienst fällt = die Mitarbeiter werden zu teuer = Entlassungen drohen = weniger Mitarbeiter müssen mehr schaffen = vermehrte Krankheitsausfälle oder Eigenkündigungen = noch weniger Mitarbeiter müssen das Gleiche schaffen, können es aber nicht = die Umsätze fallen immer weiter.
    Sie ist nur dadurch aufzuhalten, dass man massiv an Waren bestellt und sie in anderen Lagern zwischenlagern lässt und gleichzeitig mehr Mitarbeiter einstellt. Das geht massiv ins Geld. Werden diese Maßnahmen nicht getroffen, wird das Großlager wohl nächstes Jahr (mindestens für Deutschland) in Konkurs gehen .. oder aufgekauft werden.

    .....

    Natürlich möchten Kunden wissen, weshalb es plötzlich zu Problemen kommt. Viele Firmen haben mir gesagt, dass sie selbst ähnliche Probleme hatten und auch Firmen kennen, die genau daran zugrunde gegangen sind.


    Bei einer so umfangreichen Umstellung der EDV sollte man also so lange wie möglich denken
    "Never change a running system" .. und erst dann, wenn dann die neue Lösung einwandfrei läuft, parallel in Betrieb nehmen.

    ...

    Ihr seht also, genauer betrachtet waren es zwei massive EDV-Umstellungen, die gleichzeitig und stümperhaft durchgeführt wurden.
    Bei beiden wurden der gleiche Fehler gemacht, die Nutzer nicht rechtzeitig vorzubereiten und das alte System nicht so lange redundant bereit zu stellen bis das neue einwandfrei funktioniert.

    .....

    Woher kommen die Infos ?
    Interna des Konzerns und eigenes Wissen und Erfahrungen.


    Wie heißt der Konzern ?
    Wird nicht genant


    Woher kommt die Einschätzung, dass er massive Probleme hat ?
    Details habe ich geschrieben und ansonsten ist es nicht der erste Konzern, dessen Untergang ich sehe oder miterlebt habe. Hat man etwas tiefere Einblicke in Strukturen, kann man die Probleme erkennen und ob an einer Lösung gearbeitet wird.
    Es besteht jedoch immer die Möglichkeit, dass der "Totgesgagte" dann doch noch überlebt. Er kann die Untergangsspirale immer noch durchbrechen.

  • Heute möchte ich euch ein kleines Update liefern. Die Infos stammen aus "gut informierten Kreisen", wie man so schön sagt.


    Die eingesetzte Software für den Händler-Shop ist ein Fremdprodukt und wurde dem Konzern unter folgenden Zusicherungen angeboten:
    - Software ist schon international im produktiven Einsatz
    - Die Schnittstellen sind bereits an SAP angepasst
    - Individualisierungen lassen sich einfach durch entsprechende Module und Einstellungen realisieren


    Der Großkonzern ist also, im Vertrauen auf die Zusicherungen, sehenden Auges ins offene Messer gelaufen.


    Die Quelle bestätigte weiterhin meine persönlichen Vermutungen
    - ohne funktionierende Lagerlogistik konnte man weder einlagern noch auslagern
    - ohne Bestandskontrolle war die rechtzeitige Nachschubbeschaffung unmöglich
    - die Lager "liefen leer", ohne dass der Nachschub rechtzeitig erfolgen konnte


    Eins der beiden Großlager wurde mittlerweile aufgelöst. Man konnte es nicht mehr rechtzeitig und in angemessener Menge mit Waren wiederbefüllen, um es noch weiter betreiben zu können.
    Dementsprechend sind natürlich auch alle davon abhängigen Arbeitsplätze verloren gegangen. Auch auf die Logistikbranche wirkt sich die Auflösung eines Großlagers natürlich extrem negativ aus:
    LKW-Fuhrparks sind nicht mehr ausgelastet und Paketdiensten geht ein Großkunde verloren.


    Das verbliebene Großlager hat jetzt ein anderes Problem:
    Die fortlaufenden Umsatzausfälle haben zu massiven Verlusten geführt. Ohne die entsprechenden finanziellen Mittel kann man das Lager nicht mehr auf einen Schlag füllen.
    Die immer wieder gemeldeten Nichtverfügbarkeiten, führen dazu, dass immer weniger Händler Lieferaufträge erteilen. Das Geld wird also immer knapper.
    Die Quelle erwähnte, dass man bestrebt sein, die Lager wieder so weit zu füllen, dass man wieder zum Normalbetrieb kommen kann.


    In einer Zeit, in denen alle nur noch "just in time" bestellen und die normale Lieferzeit "innerhalb von 24 Stunden" beträgt, kann das Großlager jetzt nur noch die Händler um Nachsicht, Geduld und Unterstützung bitten.
    Wenn die Händler diese Nachsicht und Unterstützung leisten wollen, müssen sie wiederum ihre Firmenkunden um entsprechende Unterstützung bitten.


    Die angeschlossenen Händler und ihre Kunden sollen nun also mit dafür sorgen, den Fehler der spanischen Zentrale ungeschehen zu machen.

    .....

    Entgegen meiner persönlichen Vermutung, hat die Zentrale also nicht die "Geld-Pumpe" angeworfen, damit die beiden Großlager wieder gefüllt werden konnten, um den Normalbetrieb wieder aufnehmen zu können.
    Die deutsche Lagerführung musste die Zentrale-Fehler büßen und sehen, ob und wie sie weiter bestehen können.


    Eine große Anzahl angeschlossener Händler sollen sich bereits negativ über die Situation geäußert haben.
    Einerseits hat die Liefersituation und andererseits die Preispolitik damit zu tun. Um das verbliebene Großlager wieder füllen zu können, muss das Lager (mit den wenigen Waren) möglichst effektiv Gewinne erwirtschaften.


    Wenn man einen Gefallen haben möchte, muss man dem Anderen auch Vorteile bieten wollen.
    Im Normalfall geschieht das dann durch Preisvorteile. Schließlich muss sich der Ärger ja auch bezahlt machen.
    Mit Preisnachlässen kann man jedoch das Lager nicht schnell genug wieder vollständig füllen.


    Das Großlager ist bestrebt, so schnell wie möglich zum Normalzustand zurück zu kehren. Dabei riskiert es, dass es, durch immer weitere Preiserhöhungen, immer mehr unterstützungswillige Händler verliert.
    Wenn ein Lager, entgegen der allgemeinen Tendenz, immer höhere Preise ansetzt, gibt es für einen rechnenden Kaufmann keine Grund, weiterhin dort Waren zu ordern.


    Großlager lagern auch Waren von Händlern ein, um sie von dort zentral auszuliefern.
    So lange sich noch Einlagerungen dort befinden, werden die Händler nicht sofort alles umlagern, weil das einfach zu teuer ist. Eine gewisse Zeit lang akzeptieren die einlagernden Händler also noch die steigenden Preise.
    Sinkt der Lieferstandard jedoch weiterhin, sind eingelagerte Waren nur noch totes Kapital. Trotz eingelagerter eigener Ware, muss der Händler zusätzlich Waren einkaufen.
    Ist der Zustand irgendwann unhaltbar, wird man trotzdem die hohen Kosten in Kauf nehmen, bevor der eigene Lagerbestand unverkäuflich wird.


    Persönliche Prognose:
    Die Händler werden ihre eingelagerten Bestände massiv abbauen. In den nächsten Monaten ist mit Sonderaktionen zu rechnen, die dem Rechnung tragen.
    Nimmt das Großlager in den nächsten Monaten seinen Regelbetrieb nicht wieder auf, sehe ich keine Chance, dass es das Jahr überleben kann.

  • Eine Kollegin hat durch Zufall eine regionale Pressemeldung zu dem aufgelösten Großlager gefunden.
    In der Meldung wird die Situation großteils ähnlich geschildert. Gleichzeitig kommen aber auch weitere Fakten ans Tageslicht:


    - Die Zentrale des Großkonzerns wusste um das Risiko der Umstellung auf SAP
    Bereits vor einigen Jahren waren die Probleme schon einmal aufgetaucht und hatten ähnliche Auswirkungen gehabt. Der Konzern stand dadurch schon einmal fast vor der Pleite.
    Trotz dieser eigenen Erfahrung, wurden die Lager zur Umstellung gezwungen und es wurden erneut genau die gleichen Fehler wie zuvor gemacht.
    Die Konzernzentrale hat also ganz bewusst die Lager völlig unvorbereitet ins Dilemma getrieben und die Arbeitsplätze riskiert.


    - Die Zentrale führt auch heute noch auf, dass dadurch die Effektivität gesteigert wird
    Man kann jetzt innerhalb 48 Stunden liefern. In der Pressemeldung ist jedoch von den Arbeitnehmervertretungen zu lesen, dass man es vorher innerhalb 24 Stunden schaffte.


    - Die Auflösung des Großlagers wurde bereits im Anfang des Jahres beschlossen
    Es bestand jedoch absolute Schweigepflicht darüber. Auch die Arbeitnehmervertretungen wurden nicht informiert. Seit Februar laufen die Gespräche über "sozial verträgliche" Entlassungen, die mittlerweile auch angelaufen sind.

    .....

    Sobald diese Fakten überregional an die Öffentlichkeit und die angeschlossenen Händler kommen, kann der Großkonzern einpacken. Während die Händler noch mit rein technischen Problemen vertröstet wurden, baute man hinter ihrem Rücken jeglichen Service ab und ließ sie mit den Lieferproblemen allein.


    Aktuell werden die Warenbestände umgelagert.
    Das weiterhin aktive Großlager hat massive technische Probleme und muss gleichzeitig alles just in time ausliefern. Es gibt faktisch keinerlei externe Warenlieferungen, weil man den Platz für die Umlagerungen braucht.
    Das verbliebene Lager ist fast völlig leer und meldet neue Wareneingänge für frühstens 2 Tage später.

    ........

    Würde unsere Geschäftsführung ganz offiziell über alles informiert werden, würde sie die Geschäftsbeziehungen abrupt beenden. Sie mag es nicht, hinters Licht geführt zu werden und reagiert drastisch, wenn so etwas vorkommt.


    Da der Konzern jedoch seit Monaten weder auf Rückfragen reagiert, noch offizielle Mitteilungen heraus gibt, wird es nicht zum harten Bruch kommen.


    Offiziell kann es sich der Konzern nicht leisten, weil er dadurch direkt Schadenersatzklagen in hoher mehrstelliger Millionenhöhe am Hals hätte. Jeder Händler kann sofort die Verluste beziffern und wird sie auch sofort einfordern.


    Firmenintern vollzieht sich der Bruch jedoch schon, da es längst schon Anweisungen und Genehmigungen gibt, völlig nach eigenem Ermessen zu handeln. 99% aller bisherigen Tagesaufträge fließen dadurch an andere Lieferanten.


    Anfragen der neuen Lager-Geschäftsleitung nach Gesprächsterminen werden unsererseits abschlägig beschieden, während sich die führenden Stellen anderer Lager gegenseitig die Klinke in die Hand geben.

    .....

    Eigentlich sollte sich das Thema nur darum drehen, was passieren kann, wenn man bei der Umstellung von IT und EDV bedenken und vermeiden sollte.
    Es stellte sich jedoch heraus, dass dem Konzern die Fehler bekannt waren und absichtlich gemacht wurden. Ganz bewusst wurden eigene Arbeitsplätze riskiert und geopfert.
    Gleichzeitig wurden Geschäftspartner im Unklaren gehalten und es wurde darauf spekuliert, dass diese, trotz massiven Problemen und Einbußen, weiterhin die Stange halten würden. :teufel:

  • Bevor ich hier weiter schreibe, habe ich erst noch einmal das überflogen, was ich vor einem Jahr geschrieben hatte.


    Meine Prognose war gewesen, dass die Firma nur noch bis zum Jahresende durchhalten würde, falls sich nichts ändern würde.

    So geschah es dann auch.


    Gegen Ende 2018 meldeten die spanische Zentrale und alle Länderzentralen Konkurs an. Das Großlager in Deutschland versuchte, in einer selbst verwalteten Insolvenz die Probleme für sich zu lösen.


    Was war bis dahin geschehen ?

    Ab Jahresmitte verbesserte sich die Liefersituation wieder etwas. Die Lager füllten sich wieder mit den beliebtesten Artikeln. Die neue Eigenmarke kam endlich ins Laufen. Alles wurde immer besser.


    Nun schien die Zeit gekommen, wieder das "Projekt neues Shopsystem" aufzunehmen.

    Einerseits hatte ich jedoch mitbekommen, dass das Lager ein neues System lancieren würde und andererseits wollte ich dem Können und der Zuverlässigkeit der zuständigen IT nicht trauen.

    "Lass die erst einmal ihre eigenen Probleme in den Griff bekommen, bevor ich mir selbst welche schaffe"


    "Warum noch kein Umstieg ?" - "Mangelnde Zuverlässigkeit der IT". So kurz und knapp kann der Entscheidungsweg in einer Firma sein.

    ....

    Gegen Ende des Sommers verlangte ich vehement nach einem Update für den Shop.

    Normalerweise wird es automatisch angefertigt und an alle beteiligten Händler ausgerollt.

    Sage und schreibe 3 Wochen dauerte es, bis in unzähligen Anläufen endlich etwas einigermaßen Brauchbares zustande kam.


    Endlich war das Update drin, das auch die neuen Markenbezeichnungen und Artikelstamm enthielt. Eigentlich hätte das alles längst im Frühjahr passieren sollen.


    Bereits hier konnte man aber erkennen, dass die Qualität der IT unterste Schublade geworden war. Nur noch einer einzigen Person war bekannt, wie die neuen Files angefertigt werden mussten.

    .....

    Im November dann plötzlich der große Bruch: Mit der Insolvenzanmeldung stellten alle Hersteller und Lieferanten die Lieferungen ein.

    Zwar waren mittlerweile die Lager wieder gut gefüllt, aber das würde nicht lange anhalten, wenn der Nachschub nicht rollen würde.


    Vom Lieferstopp sollten die Händler jedoch erst im Januar erfahren. Bis zum Jahresende schien erst einmal alles so wie sonst auch in der Weihnachtszeit auch zu sein. "Business as usual". Verzögerungen sind in der Zeit ganz normal.


    Jahresbeginn 2019

    Das Jahr 2019 begann mit den gleichen Problemen wie schon 2018.

    Wieder die IT-Probleme, wieder keine Lagerbestände. Wieder war das Lieferprogramm umgestellt worden. Wieder erhielten die Shops kein Update.


    Dieses Mal kamen die Updates "schon" nach 2 Wochen hinterher laufen und drängeln, in denen eine pure Hinhaltetaktik gefahren wurde. "Kollegen von der IT sind in Urlaub. In der IT sind alle krank"


    Dann wurde das Update eingespielt und machte das Chaos perfekt:

    Neue Artikel .. die man überhaupt nicht bestellen konnte. Neue Artikelnummern und Produkte ersetzten die alten . Ordern konnte man sie jedoch nicht. Nur die alten Artikelnummern waren bestellbar.


    Mit jeder eingehenden Bestellung musste man erneut nachschlagen, was die Vorgänger oder Nachfolger-Nummer war, bevor man die Lieferung veranlassen konnte.


    Das bedeutet: Die EDV liefert eine Nummer, zu der es aktuelle Infos und Konditionen gibt. Um das Produkt ordern zu können muss man erst in alten Katalogen wälzen, bis man die alte Nummer heraus gefunden hat.


    Jetzt wäre eine Alternativ-Liste gut gewesen. Leider bekam man sie jedoch nicht. Es war keiner mehr für irgend etwas zuständig.

    ...

    Tausende Produkte, die beworben wurden, jedoch nicht bestellt werden konnten.

    "Rufen Sie doch die Kunden an und empfehlen Sie Ihnen eine Alternative"


    Ein schwachsinniger Vorschlag. Erstens waren wir immer noch im "manuellen Modus" für die Order ins System. Das allein kostete schon mehr Zeit als sinnvoll gewesen wäre.

    Dann auch noch jeden Kunden anrufen ? Das führt jedes Bestellsystem ad absurdum. Da kann man ja gleich wieder mit Katalogen hantieren und Bestellungen per Hand aufnehmen.

    ...

    Nach den ersten "Verschlimmbesserungen" der IT begann eine neue Phase: Plötzlich wurde jeden Tag ein neues Update eingespielt.

    Das wäre zwar schön gewesen, wenn es nicht die manuellen Korrekturen des Vortages wieder gelöscht hätte. Jeden Tag der gleiche Nonsens . Jeden Tag wurde alles wieder gelöscht.

    Die Admin-Arbeit macht keinen Sinn mehr, wenn sie nur eine Haltbarkeit von maximal 12 Stunden hat.

    ....

    Irgendwann hatte ich endgültig die Nase voll.

    Einerseits hatte ich bereits den Unmut des Chefs zu spüren bekommen und andererseits war es ein Kampf gegen Windmühlen


    Also die Pistole auf die Brust gesetzt: Bis Tag X ist das geklärt. Andernfalls reicht ein kurzes Gespräch mit der Chefetage und Minuten später erfolgt die Anweisung, keinerlei Aufträge mehr zu erteilen.


    Das half. Es wurde ein Gesprächstermin "mit der obersten Stelle" vereinbart und dann hatte ich ihn auch an der Strippe.

    .........

    Es wurde eigentlich über alles gesprochen, was ich hier angesprochen habe. Auf der anderen Seite war das komplette Team, mit dem ich bislang gesprochen hatte, und hörte zu.


    "Wir können ja.." - "Genau das hatte ich schon vor Wochen vorgeschlagen, aber X sagte, das wäre unmöglich.. ist doch wahr oder ?"

    Kernaussagen notiere ich mir immer. Ich konnte sie daher direkt wortwörtlich mit Datum und Uhrzeit wiedergeben.


    Das Problem, das man etwas bestellen will, was nicht am Lager ist, sollte dadurch gelöst werden, dass das Shopsystem direkt ans Lagersystem angebunden wird.

    Was nicht lieferbar wäre, sollte einfach nicht angezeigt werden.

    "Lässt sich das technisch bei Ihnen verwirklichen ?"


    Ja sicher. Technisch ist alles möglich- Kaufmännisch ist es aber die totale Abhängigkeit. Unsere Kunden sollten also nur noch das ordern, was genau dieses Lager liefern kann.

    Wer auf so etwas eingeht ... sorry ... hat nichts an entscheidender Stelle zu suchen. Es macht den Alltag zwar leichter, führt aber zum Untergang der eigenen Firma.


    Es ist so, als wenn Rettungsboote einen Überseedampfer vor dem Sinken bewahren sollen. Die Händler sollten jetzt also das Großlager vor dem Untergang bewahren. Schaffen sie es nicht, gehen alle gemeinsam unter.

    ...

    Nach dem mehrstündigen Gespräch gab es innerhalb 48 Stunden ein Update, das die meisten Fehler beseitigte.

    Wozu schlägt man sich da Wochen mit der untersten Riege herum.. auch wenn sie angeblich leitende Stellung haben ?


    Einen Tag nach dem Gespräch bekam ich Zugriff auf eine "Alternativ-Liste". Ganz genau die Liste, die man schon direkt am Jahresanfang gebraucht hätte.

    Die Liste wurde schon 2018 angefertigt, jedoch erst Ende Februar verteilt.


    Die eigentlichen Planungen des Großlagers erstreckten sich über den Sommer hinaus. Gegen Jahresmitte sollte es ganz neue Produkte geben. Diese waren schon in gedruckten Katalogen aufgeführt, von denen wir aber keine Ausführung hatten.


    Wegen meines Jobs sollte ich einen zugesendet bekommen.

    Als in der Folgewoche eine Sendung ankam, staunte ich nicht schlecht.

    Ich erhielt ein "Lexikon" mit schwarzem Hardcover-Leinen-Einband mit geprägten goldenen Lettern in limitierter Auflage. Die Nummer war eingeprägt. So ein Buch würde in jeder Bibliothek Eindruck schinden.

    DAS war also der Katalog, den man mir versprochen hatte.

    ......

    Ja, so macht man Eindruck und besänftigt Gemüter. Für mich sah es aus als wenn man gewillt wäre, aus Fehlern zu lernen.


    Da meine Hauptprobleme nun beseitigt waren, war es an der Zeit, sich für alles zu bedanken. Noch auf ein paar kleine Fehler hinweisen. Die kann man ja gerne beim nächsten Update korrigieren.

    Die Mail liegt immer noch zur Bearbeitung und Absenden in meinem System. Einfach keine Zeit gefunden, sie zu vervollständigen.


    Warum ? Weil schlagartig kaum noch etwas lieferbar war. Das Tagesgeschäft geht vor Dankesreden.

    =====

    Gestern erreichte uns eine Info, die zur Anweisung führte, alle unsere eigenen Waren so schnell wie möglich aus diesem Großlager auszulagern.


    Binnen weniger Stunden leerten wir Lagerbestände, die eigentlich auf Jahre hinaus angelegt waren und weiter genutzt werden sollten.

    Im Lager müssen sich die Mitarbeiter wohl gewundert haben, wieso plötzlich LKW-Mengen statt nur kleinen Stückzahlen zur Kommissionierung freigegeben wurden.


    Nach dem Ende des Geschäftstages des Großlagers wurden Mails an alle Händler gesendet Das Großlager stellt Ende April den Betrieb komplett ein.

    Die Händler erhielten die Meldung also erst gleichzeitig mit den offiziellen Pressemeldungen mit Beginn des nächsten Geschäftstages.

    - Keinerlei Vorwarnung.

    - Keine Möglichkeit, sich andere Lieferanten zu suchen

    Bis zur letzten Minute wurden sie im Unklaren gehalten, was auf sie zukommen würde.


    Die Mitarbeiter des Großlagers haben alle ihre Kündigung erhalten. Laut offiziellen Verlautbarungen ist man auf der Suche nach einem Investor.

    =====

    Alles begann mit der stümperhaften Umstellung der IT. Meine persönliche Schätzung, wann das Lager "eingehen" würde lagen nur um 3 Monate daneben.


    Das Lager versucht jetzt mit Bundles, den letzten Rest loszuwerden, was überhaupt noch da ist. Wieder einmal eine stümperhafte Aktion. Das kann man besser machen.


    Der Untergang des Großlagers hat viele Händler sehr viel Geld gekostet. Mir ist mindestens einer bekannt, der dadurch aufgeben musste.

    Ausfall von Händlern bedeutet aber auch Nachschubprobleme überall, wo man ganz bestimmte Waren braucht. Plötzlich fehlt die Bezugsquelle und man muss sich andere suchen.


    Ich erkenne problemlos, welcher Händler auch an dieses Großlager angeschlossen ist. Alle benutzen eins der Shopsysteme des Lagers. Teilweise sind die sogar direkt damit verkettet.


    Diese Händler werden jetzt massive Probleme bekommen. Noch schlimmer wird es für die Händler, die allein auf dieses Warenlager gebaut haben.


    Es ist eigentlich eine "natürliche Auslese" im Handel. Wer nur ein Standbein hat, geht zu Boden, wenn das bricht. Diese Händler haben entweder nicht aufgepasst, zu wenig Ahnung oder ein sehr tiefes Gottvertrauen.

    "Das wird schon klappen. Alles wird gut" .. oder eben auch nicht... wie in diesem Fall.

    =====

    Dieses Thema wird jetzt einen Platz im Bereich der Firmengründung finden. Es soll eine Warnung für Firmen sein, auf was man aufpassen muss und was man falsch machen kann.


    Wie man es besser macht, werde ich natürlich in anderen Themen auch schreiben.

    "Ratgeber" ist nicht allwissend oder fehlerfrei. Wenn man aber etwas schon öfters gemacht hat, hat man eben die Erfahrung. Erfahrungen kann man nicht studieren. Die kann man nur in der Realität erfahren.

  • Im Nachgang gibt es noch ein paar weitere Fakten, die sich erst später heraus kristallisierten.


    Eigentlich war die Einstellung des Betriebs zu Ende März 2019 angekündigt gewesen. Der Betrieb ging jedoch auch im April noch weiter. Dabei wurde jedoch der Eindruck erweckt, dass es auch weiterhin neue Lieferungen geben würde, obwohl nur noch Restbestände ausgeliefert wurden.


    Seit Jahresbeginn waren die Einkaufspreise für die Händler immer weiter erhöht worden und gleichzeitig waren die UVP gefallen. Um die Restbestände loszuwerden, wurden die UVP immer weiter gesenkt.

    Die Großlager schadeten also ganz bewusst den angeschlossenen Händlern.

    .....

    Da die Shopsysteme auch von den Großlagern mit Daten beschickt wurden, konnten immer noch angeschlossene Händler dem Treiben nur noch machtlos zusehen.


    Es tauchten neue Bundles auf, die eigentlich erst ab Juli 2019 verfügbar sein sollten. Die Shopsysteme wurden also mit Waren beschickt, für die es keine Lieferanten gibt und auch nie geben würde.


    Jetzt gab es nur noch eine Lösung: Konsequente Trennung vom Großlager

    Ein Webshop, der seit vielen Jahren ein Selbstläufer war, musste per Hand eingestellt und aktualisiert werden.

    Dazu musste erst einmal dafür gesorgt werden, dass es keine weiteren Updates mehr geben würde.


    Für die Händler fielen nun Hunderte von Arbeitsstunden an, in denen Artikel per Hand auf weitere Lieferbarkeit geprüft und Artikeldaten korrigiert werden mussten.

    Je nach Personalkapazität, dauerte das viele Monate, gab jedoch die Chance, einen eigenen Katalog zu entwickeln.


    Noch im Januar 2020 waren alle offiziellen Kataloge des ehemaligen Großlagers online. Eine Firma, die es nicht mehr gab, diktierte immer noch die Preise.

    Erst im Februar 2020 wurden dann endgültig die Server abgeschaltet.


    Unzählige Händlershops enthalten selbst heute noch den Datenbestand von vor über einem Jahr. Sie haben es nicht geschafft, alles per Hand zu ändern.


    Da stellt sich natürlich die Frage: Warum haben die Händler die Shops nicht an ihre eigenen Warenwirtschaftssysteme angeschlossen und sich dadurch viel Arbeit gespart ?


    In diese Shops sind keine Schnittstellen eingebaut gewesen, mit denen man das hätte machen können.

    Man konnte nur Daten als einzelne CSV-Datei hochladen: Unformatierte Texte und Werte. Keine internen Links und keine Bilder. Grafiken konnten nur einzeln hochgeladen werden.


    Aus diesem Thema gibt es drei Lehren


    >> Never change a running system << 

    (ändere nie ein funktionierendes System)


    >> Mach die nie von einem einzigen Lieferanten absolut abhängig <<

    Geht er unter, gehst du mit


    >> Traue nie einem System, das du nicht selbst kontrollieren kannst <<

    Ohne Kontrolle bist du vollständig von ihm abhängig und kannst keine moderne Datentechnik einsetzen, wenn es das System nicht zulässt


    Bearbeitungshinweis:

    Ich habe nun in den früheren Texten diverse Design-Codes entfernt, die nur in der älteren Forensoftware einen Sinn; in der aktuellen jedoch nur störende Steuerzeichen ergaben. Die Texte selbst wurden jedoch nicht geändert.