Wie weit müssen Paketdienste und Lieferanten bringen ? (und andere Probleme)

  • Kurz vorweg: Mit Lieferfahrern und Paketboten gibt es immer wieder Probleme. Ausreden, Probleme und Lösungen dazu möchten wir euch hier einmal vorstellen.
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    Wie weit müssen Paketdienste und Lieferanten Lieferungen bringen ?
    Die Frage lässt sich zunächst nur für LKW-Transporte eindeutig und kurz beantworten:


    Für Lieferungen per LKW gilt: "Bis Laderampe oder Bordsteinkante"


    Der Grund dafür ist:
    LKW transportieren in der Regel große, sperrige oder schwere Güter. Diese werden oft auf Paletten transportiert. Wenn eine 2 Tonnen-Lieferung per LKW ankommt, kann der Fahrer sie nur dort absetzen, wo er auch mit dem LKW hin kommen kann. Wo es mit dem Fahrzeug nicht weiter geht, endet in der Regel auch der Transport.


    Man kann eben keine 2 Tonnen "mit Schwung" auf einen Bordstein ziehen, ohne dabei die Ware zu beschädigen. An der Bordsteinkante ist deshalb Schluss.
    Auch "kleine Lieferungen" wiegen in der Regel mindestens 125 Kg und auch diese Güter würden bei so einer Aktion Schaden leiden.


    Wenn es keinen Absatz oder Vorsprung gibt, kann man den Fahrer höflich bitten, ob er die Ware vielleicht etwas weiter ziehen kann. In den meisten Fällen wird der Fahrer so freundlich sein. Macht er es jedoch nicht, darf man ihm auch nicht böse sein. Es ist seine Zeit, die er aus Freundlichkeit investiert und man kann ja nie wissen, ob er nicht durchaus in Zeitnot ist.


    Wer Wert darauf legen muss, dass die Lieferung auf jeden Fall ins Haus transportiert wird, muss das vorher mit dem Lieferanten absprechen. Er wird dann beim Transporteur eine sogenannte "Vertragung" beauftragen. Dieser Service ist in der Regel kostenpflichtig. In dem Fall hat der Fahrer dann den entsprechenden Auftrag vorliegen und hat auch die dazu nötige Zeit mit eingeplant.


    Bei Paketdiensten ist es nicht so eindeutig
    Eine gerne verwendete Klausel in den AGB lautet "hinter die erste verschlossene Tür".


    Ist die erste verschlossene Tür eigentlich immer die Haustür ? Nein !
    Wenn du ein ganzes Haus bewohnst, ist DEINE erste verschlossene Tür natürlich die Haustür. Bis dahin muss das Paket also gebracht werden.


    Wenn du aber in einem Mietshaus wohnst, sieht die Sache schon ganz anders aus.
    DEINE erste Tür ist die von deiner Wohnung. Wenn ein Paketbote dir sagt, er müsse nur bis hinter die Haustür tragen, frage ihn doch einmal, wie die das in 20-stöckigen Hochhäusern machen.
    Klingelt der Bote dann überall und wartet bis das ganze Haus zusammen läuft, um an der Haustür die Pakete abzuholen ? Natürlich nicht !


    Der Paketbote muss die Sendung zu deiner Tür bringen und kann sie nicht einfach bei der Haustür ablegen. Falls er es doch machen will, hat er ein großes Problem: Du musst für die Sendung unterschreiben, dass du sie auch erhalten hast. Er muss also auf jeden Fall zu dir hoch, um die Unterschrift von dir zu bekommen.
    Bestätigst du, dass du die Lieferung bekommen hast, obwohl sie noch unten an der Haustür liegt, bist du mehr als dumm.
    Auf dem Scanner kann stehen was es will. Du weißt nie wirklich wie viele Pakete du bekommen hast .. außer du kannst sie sehen. Nach der Unterschrift "muss der Bote überhaupt nichts mehr".
    Du kannst nichts mehr reklamieren, weil du den korrekten Empfang der Sendung schon unterschrieben hast. Fehlt etwas oder sind die Pakete beschädigt, ist es nur noch dein Problem. Auch das Hochtragen ist deine eigene Aufgabe.


    Schellt ein Paketbote also bei dir und sagt, dass er eine Lieferung für dich hat, öffne ihm von oben und bitte ihn herauf. Gleich darauf hinweisen, dass er die Paket gleich mitbringen soll. Dann weiß er, dass er sich nicht durch Tricks davor drücken kann.


    Bei Firmen kann die Sache etwas komplizierter werden.
    Hat die Firma unten einen Empfang, kann der Bote dort auch die Sendung abgeben. Da beginnt die Firma und weiter muss er auch nicht transportieren.


    Befindet sich die Firma jedoch in den oberen Etagen (sehr oft bei Kanzleien und anderen reinen Büro-Firmen üblich) beginnt die Firma auch erst an der Tür oben und nicht schon an der Haustür. Das Haus gehört dem Vermieter. Die Haustür ist also "sein Eingang". Der Eingang der Firma ist jedoch nicht dort.


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    Was ist, wenn der Paketbote nicht will oder mir irgendwie droht ?
    Die folgenden Aussagen, Vermerke und Geschehnisse sind nicht einfach ausgedacht. Ich höre sie seit vielen Jahren alle paar Tage, wenn ein Empfänger sich mal wieder bei mir (als Lieferant) meldet.


    "Ich nehme das Paket wieder mit und dann geht es an den Absender zurück"
    Bei dieser Art von Drohung sollte man ganz gelassen bleiben.


    "Sie wissen schon, dass Sie dazu keine Berechtigung haben. Ihr Job ist die Lieferung von Paketen und nicht die Verweigerung der Lieferung. Wenn Sie das Paket nicht ausliefern, kostet es mich einen Anruf und Sie sind morgen wieder hier und übermorgen wieder und überübermorgen auch wieder. Wenn Sie es mir jetzt also liefern sparen Sie sich endlose Schleppereien."


    Das ist keine leere Drohung, sondern es wird tatsächlich so passieren. Man muss nur den Absender sofort informieren, was gerade abläuft. Vielleicht geht es ja telefonisch ? Dann kann der Absender dem Boten direkt sagen "was Sache ist".
    Falls das nicht möglich ist, kann der Absender die Sendung verfolgen und sehen, was ins Terminal eingegeben wurde. Er kennt die Tatsache und kann dafür sorgen, dass die Sendung sofort beim Rücklauf gestoppt wird. Dann geht es nicht zurück, sondern wird nur (innerhalb des Paketdienstes) umgeleitet und zurück geschickt
    Spätestens ein paar Tage danach hat der Bote wieder den gleichen Auftrag mit wieder der gleichen Sendung.


    "Sie wollen es nicht hier unten annehmen/abholen ? Okay. Das ist Annahmeverweigerung. Das Paket geht zurück"
    Natürlich ist das keine Annahmeverweigerung. Es ist eine Lieferverweigerung seitens des Boten.


    "Ich möchte und werde das Paket annehmen. Bitte händigen Sie es mir aus"
    Ganz eindeutig eine Klarstellung der Tatsache, dass man es nicht verweigern will. Macht der Bote es dann nicht, ruft man wieder den Absender an. Auch hier wird der Bote einige Zeit später erneut vor der Tür stehen müssen.


    "Die Pakete sind viel zu schwer. Die muss ich nicht bringen"
    Da versucht ein Bote, sich vor seiner Arbeit zu drücken. Paketboten wissen bereits vorher auf was sie sich einlassen, wenn sie den Arbeitsvertrag unterzeichnen. In der Vielzahl wissen und akzeptieren sie, dass sie Packstücke bis zu 30 Kg zu transportieren haben.
    Bereits bei der Aufgabe der Sendung wird diese auf das Gewicht geprüft. Ist es zu hoch, erfolgt der Transport per LKW und der Bote bekommt sie gar nicht erst zur Zustellung.


    Der Bote "muss also doch". Was er dabei hat, ist eindeutig nicht zu schwer.
    Natürlich kann man aus reiner Menschenfreundlichkeit dem Boten gerne einmal einen Teil der Last abnehmen, wenn man sieht, dass er "nicht mehr kann".
    Hier macht jedoch der Ton die Musik. Eine freundliche Bitte um Hilfe wird wohl keiner ablehnen wollen. Einer sturen Weigerung, sollte man mit der gleichen Sturheit begegnen.


    "Empfänger unbekannt. Unbekannt verzogen. Falsche Adresse"   
    Wenn ein Paketbote unverrichteter Dinge wieder geht, sollte man auch dieses Mal den Absender informieren. Er wird es nicht hinnehmen, dass die Sendung wieder, mit einer faulen Ausrede, zurück geht.


    Das Paket wird irgendwo abgestellt und später ist eine Empfänger-Unterschrift zu sehen
    Unterschriftsfälschung ist eine Straftat. Wenn eindeutig feststeht, dass keine Unterschrift geleistet wurde, sollte der Empfänger deswegen Anzeige erstatten.


    Das Paket wird irgendwo abgestellt und der Bote unterschreibt selbst
    Mit seiner Unterschrift übernimmt der Bote die persönliche und alleinige Verantwortung über den Zustand und Verbleib einer Sendung. Geht sie daraufhin verloren, ist er auch persönlich haftbar und schadenersatzpflichtig.


    Wenn alles gut geht, ist alles in Ordnung. So mancher Bote möchte damit vielleicht einem gebrechlichen Menschen helfen, weil er genau weiß, dass dieser relativ lange braucht bis er an der Tür sein wird. Er hetzt ihn also nicht unnötig und kann andererseits auch sein eigenes Pensum schaffen. Eine Win-Win-Situation für beide, bei der der Bote aber das alleinige Risiko trägt.


    Paket beim Nachbarn abgegeben
    Manche Paketdienste gehen davon aus, dass sie die Sendung überall abgeben können, wo es ihnen gerade gefällt. Der gutmütige Nachbar trägt dann die Verantwortung dafür .. auch wenn man überhaupt nichts bestellt hatte. Wer die Ware erhält, muss sie im Zweifelsfall auch bezahlen.


    Andererseits ist nicht einmal sicher gestellt, dass der Nachbar überhaupt eine Berechtigung zur Annahme hat. Da bekommt ein fremder Mensch ein Paket, mit dem er überhaupt nichts zu tun hat. Habe ich das wirklich so gewollt ?
    Dafür ist der Absender verantwortlich, weil er ja den Paketdienst beauftragt hat und von dessen Regelungen wissen musste.


    Der Paketbote kommt nicht mit der Sendung, sondern wirft nur einen Zettel ein, dass man sich das Paket abholen kann.
    Eindeutig pure Faulheit, die leider immer wieder vorkommt. Auf den Zetteln steht in der Regel auch eine Nummer bei der man anrufen kann oder man kann schriftlich eine neue Lieferung veranlassen. Der Bote wird also erneut kommen müssen.
    Macht er es erneut nicht, ruft man wieder einfach den Absender an.


    Der Paketbote wird handgreiflich
    In diesem Fall sofort um Hilfe rufen. Wenn keiner sonst im Haus ist, sofort die Polizei anrufen und auch Nachbarn um Hilfe bitten. In dem Fall muss sofort Hilfe kommen, die den Boten daran hindert und so lange festhält, bis die Polizei eintrifft.
    Es kommt zum Glück sehr selten, aber es kommt leider wirklich vor, dass ein Bote handgreiflich wird.
    Handgreiflichkeiten sind eine Straftat, die durch nichts zu entschuldigen ist.





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    Wie ist eigentlich die Rechtslage bei all diesen Empfehlungen ?
    Antwort: Sehr positiv.
    Ich arbeite mit Anwälten zusammen und gebe ihnen und ihrem Personal die gleichen Infos wie euch hier in diesem Thema. Bislang hat mich nie Eine/r auf eventuelle Rechtsprobleme in dem Zusammenhang hingewiesen.


    Wie sinnvoll ist es, sich beim Lieferant zu melden, anstatt sich beim Paketdienst zu beschweren ?
    Antwort: Sehr sinnvoll.
    Als Lieferant kann ich erstens jede Sendung verfolgen. Zudem kann ich veranlassen, dass sogenannte Rückläufer teilweise schon direkt wieder umgeleitet werden oder erneut abgesendet werden. Die Kosten trägt der Paketdienst selbst, da es sich um Reklamationen handelt.


    Kann ein Lieferant einem einzelnen Paketboten direkt Ärger machen ?
    Antwort: Nein, kann er nicht. Das kann nur sein Arbeitgeber
    Im Endeffekt müssen sich jedoch nur die Beschwerden in seinem Zustellbereich häufen, dass er persönlich Ärger bekommt. Je massiver die Meldungen auftauchen, desto eher droht ein "ernstes Gespräch mit dem Chef".


    Hat ein Lieferant direkten Kontakt zu Lieferfahrern oder Paketboten ?
    Antwort: Nur wenn ein Empfänger oder ein Vorgesetzter des Fahrers den Kontakt herstellen.


    Stellt der Empfänger den Kontakt her
    ... bleibt es in der Regel bei einem "persönlichen Gespräch", das für den Fahrer keinerlei Konsequenzen hat. Er erkennt seine "falsche Denkweise" und ändert sie. Damit hat sich der Fall dann. Sein Chef erfährt davon nichts.


    Stellt der Vorgesetzte einen Kontakt her
    ... muss der Fahrer mit beruflichen Konsequenzen rechnen. Dem Kontakt gehen nämlich in der Regel Beschwerden von Empfängern vorweg. Nach einem "intensiven Gespräch" muss sich der Fahrer nun bewähren. Eine erneute Beschwerde kann er sich jetzt nicht mehr leisten. Sie würde zur Abmahnung und/oder Kündigung führen.


    Während ein einzelner Kunde mit seiner Beschwerde beim Paketdienst relativ wenig ausrichten kann, kann der Lieferant jedoch massiven Druck ausüben.


    Beschwert sich ein einzelner Empfänger oder Absender, ist es kein großer Verlust, wenn dieser seine Sendung demnächst mit einem anderen Paketdienst befördern lässt.
    Kommen die Beschwerden jedoch durch einen großen Auftraggeber, können jeden Tag neu Tausende von Beförderungsaufträgen ausfallen. Hier stehen also Zigtausend Euro jeden Tag auf dem Spiel, die man auf gar keinen Fall verlieren möchte.
    Bevor das passiert, feuert man lieber Boten, die immer wieder nur Ärger machen .. falls sie sich nicht ändern wollen.


    Jetzt sei einmal ganz ehrlich. Kannst du so einen Druck direkt ausüben ?
    Antwort: Nein, kann ich nicht.
    Ich bin zwar der Lieferant, jedoch nie auch der Versender. Ich bediene mich Großlagern, die als Versender fungieren. Das machen üblicherweise viele andere Lieferanten auch so.


    Weil aber in einem Großlager täglich unzählige Sendungen anfallen, müssen die Lieferanten nur Probleme melden und um das Abstellen bitten. Das Großlager hat die nötige Power, um Druck auf den Paketdienst zu machen.
    Die Lieferanten haben jeder für sich aber auch die Power, wieder Druck auf das Großlager auszuüben. Klärt es nicht die Probleme mit dem Paketdienst, erhalten eben andere Großlager den Auftrag, die ihre Paketdienste besser im Griff haben.


    Der Druck geht in solchen Fällen ganz von unten aus
    - Der Empfänger beschwert sich beim Lieferanten
    - Der Lieferant verlangt vom Großlager, dass das Problem mit dem Paketdienst geklärt wird
    - Das Großlager macht Druck auf den Paketdienst, damit das Problem nicht erneut auftaucht.


    Es ist also eine Kette von "Drücken", die nach oben immer massiver wird. Was am Anfangt ein kleiner Stein ist, der ins Rollen kommt, ist am Ende ein ganzer Erdrutsch, der auf die betreffende Zustellbasis niederprasselt. Der "kleine Stein" hat also eine sehr massive Wirkung.


    Wenn ihr also einmal Probleme mit einem Lieferfahrer oder Paketboten habt, meldet euch direkt bei eurem Lieferanten.
    Für einen "vernünftigen Lieferanten" sind eure Probleme auch seine eigenen und er wird sie zu lösen versuchen. Kümmert er sich jedoch wirklich um nichts und gibt auch nicht einmal eine kurze persönliche Rückmeldung, solltet ihr euch einfach einen besseren Lieferanten suchen.



    Einwand:
    Wenn ich mir möglichst billig alles im Internet zusammen klicke, kann ich leider nicht davon ausgehen, dass dort entsprechendes Personal vorhanden ist. Wo an allen Ecken und Enden gespart werden muss, um günstigere Preise als die Konkurrenz zu haben, wird oft auch am Personal gespart.
    Eigentlich entscheidet man sich bereits beim Kauf auch dafür, ob man seine Probleme mit Lieferfahrern aller Art selbst lösen muss oder es dem Personal des Lieferanten überlassen kann.
    Andererseits sind hohe Preise aber auch keine Garantie dafür, dass man "seine Probleme abwälzen kann".