neuen Rasen säen, wenn der alte vertrocknet ist

  • Frühling und Sommer 2018 waren in den meisten Gegenden so trocken, dass die meisten Rasen darunter so gelitten haben, dass ein komplettes neu Einsäen nötig oder sinnvoll ist.


    Bevor ihr jetzt aber neuen Rasensamen holt und ihn einfach aussät, bedenkt bitte: Rasen braucht gerade am Anfang sehr viel Wasser und er muss auch rund 6 Wochen lang täglich gewässert werden. Beginnt mit der Aussaat also erst, wenn es wieder genügend regnet, damit die Saat auch aufgeht und nicht gleich wieder vertrocknet.


    Wenn es so lange nicht geregnet hat, ist der Boden bis in die Tiefe ausgetrocknet und steinhart geworden. Er ist nach einer langen Trockenperiode also einfach noch nicht dazu bereit, um einer neuen Saat genügend Grundlage zum Wachsen zu bieten.


    1) Der Boden muss erst einmal wieder genügend Feuchtigkeit enthalten
    Wartet also ab, bis es wieder genügend geregnet hat. Abwarten allein genügt aber eigentlich nicht, weil ein so trockener Boden faktisch so hart ist, dass es ewig dauert bis er wieder bis in die Tiefe Feuchtigkeit durchlässt.


    2) Der Boden muss wieder lockerer werden
    Der Regen wird den Boden automatisch etwas lockern. Damit es aber etwas schneller geht und das Wasser auch in die Tiefe einsickern kann, muss der Boden gelockert werden. Im Normalfall würde man den Boden einfach umgraben und könnte nach einigen Wochen mit der Neusaat beginnen. Da wir aber nur einen alten Rasen neu einsäen wollen, scheidet diese Möglichkeit aus.


    3) Der alte kaputte Rasen muss runter
    Das vertrocknete und abgestorbene Gras muss weg. Einerseits sieht es nicht gut aus und andererseits nimmt es der neuen Saat nur Platz weg.
    Ideal wäre eine sogenannte Schälmaschine, mit der man den alten Rasen komplett abtragen kann. Leider findet man solche Maschinen kaum zum Mieten sodass diese Möglichkeit für die meisten Hobbygärtner ausscheidet.


    Ich habe so eine Aktion bereits im Frühjahr schon einmal gestartet. Hätte ich vorher gewusst, dass es viele Monate nicht regnen würde, hätte ich mir die ganze Arbeit erspart. Jetzt muss ich sie erneut machen, habe damit aber schon etwas Erfahrung sammeln können.
    Gleichzeitig habe ich, auch in diesem extrem trockenem Sommer, miterleben können, wie die Rollrasen-Profis immer wieder neuen Rasen produzieren. Weil ich dadurch aber auch weiß, wie viele Hektoliter Wasser dabei benötigt werden, weiß ich auch, dass man die Arbeiten erst beginnen kann, wenn man nicht selbst bewässern muss.


    Boden lockern und gleichzeitig alten vertrockneten Rasen entfernen
    Hierbei hilft der Vertikultierer, den jeder Hobbygärtner im Frühjahr einsetzt, damit der Rasen wieder schnell wächst und dichter wird.
    Das Gerät schneidet leicht in den Boden ein und mit ihm entfernt man ja eigentlich auch Moos aus dem Rasen.
    Eigentlich wollen wir jetzt ja eigentlich den alten Rasen komplett "abziehen". Das klappt damit definitiv jedoch nicht.


    Im Normalfall geht man mit dem Vertikultierer, und einer "leichten Einstellung", einmal längs und einmal quer über den Rasen, Dabei entstehen kleine Einschnitte im Boden, in die das Wasser besser einsickern kann und sich der Rasen wieder ausbreiten kann.


    Jetzt soll die Maschine aber mehr bewirken. Wir gehen jetzt also nicht mehr nur jeweils einmal, sondern mehrmals in beiden Richtungen über die Fläche. Gleichzeitig nehmen wir die tiefste Schnitttiefe, die die Maschine bewältigen kann.
    Der Arbeitsaufwand ist dabei verhältnismäßig hoch und der optische Erfolg scheint auf den ersten Blick relativ gering zu sein.
    "Du machst damit nur den Rasen kaputt". Ja und ? Macht doch nichts. Erstens ist er doch sowieso schon hinüber und zweitens willst du doch sowieso neu einsäen. Du kannst die Meckerer also gut und gerne ignorieren.


    Den richtigen Rasensamen auswählen


    Spielrasen, Sportrasen, "Berliner Tiergarten", Schattenrasen, Herbstrasen, Reparaturrasen für alles Mögliche scheint es eine eigene Rasenart zu geben. Um da noch durchzublicken, muss man nicht nur die Beschreibungen gut durchlesen, sondern auch darüber nachdenken, wie der Rasen beansprucht wird.


    Spielrasen
    Wenn Kinden auf dem Rasen spielen sollen, muss er sehr viel wegstecken können. Kinden spielen nicht nur einmal die Woche ein paar Stunden, sondern täglich. Der "Rasen fürs Grobe".
    Dieser Rasen ist ein Steher. Er braucht länger, hält dafür dann aber auch länger durch.


    Sportrasen
    Auch dieser Rasen muss viel vertragen können. Schaut aber mal einen Fußballplatz an: Die Beanspruchung erfolgt zwar heftig, aber nur relativ selten. Die übrige Zeit wird er nur gepflegt.
    Dieser Rasen ist ein Sprinter, aber kein Steher. Er verträgt viel, braucht dann aber eine Pause.


    Berliner Tiergarten
    Ein gepflegter Rasen, der eher selten einmal beansprucht wird. Die Rasenmischung ist auf optisch gut aussehend ausgelegt, jedoch eher nicht auf Beanspruchung.


    Schattenrasen
    Er braucht wenig Sonne und wächst dadurch auch unter Bäumen und an Nord- und Westseiten von Gebäuden.


    Herbstrasen
    Seine Stärke ist, dass er auch bei tieferen Temperaturen schnell angeht und wächst. Sonne mag er zwar auch, braucht sie aber nicht.


    Reparaturrasen
    Einfach eine Mischung aus verschiedenen Rasensamen, damit der Rasen später optisch zu allen anderen passt. Dünger und andere Mineralien sind bereits untergemischt oder liegen separat bei.


    Jede Art von Rasensamen ist verschieden teuer.
    Der teuerste Rasensamen ist der Reparaturrasen. Sehr oft ist er aber nur rausgeworfenes Geld. Kauft man sich einen Rasensamen und den Dünger einzeln, ist es erheblich günstiger.
    Von hier an geht es in umgekehrter Reihenfolge der obigen Aufzählung zurück. "Spielrasen" und Rasensamen ohne weitere Bezeichnung sind die günstigsten.

    Bei billigen Rasensamen braucht man relativ große Mengen an Saatgut. Bei ihm gibt es eine sehr große Ausfallquote an Samen, die später nicht aufgehen werden. Genau genommen, ist er deshalb trotzdem der teuerste.
    Wie gut ein Rasensamen wirklich ist, kann man an den "Recihweiten-Empfehlungen" auf der Verpackung erkennen. Wenn mehrere Kilos nur für ein paar Quadratmeter reichen sollen, ist es einfach ein schlechter Samen, bei dem das Prinzip "Quantität statt Qualität" zählt.


    Natürlich kommt es auch darauf an, woher der Samen stammt. Rasen wird längst schon, wie normale Nutzpflanzen, immer weiter "optimiert" und gezüchtet. Einer "guten Quelle" ist daher eher zu vertrauen als irgendeinem No Name.


    Ihr könnt euch nun eure eigenen Gedanken machen, welcher Rasen am besten für euch ist oder euch von einem Fachmann beraten lassen.
    Wenn der Fachmann sich aber nicht ansieht wo ihr den Rasensamen aussäen wollt, kann er euch nur Allgemeinplätze sagen und grundsätzliche Empfehlungen geben. Die sind dann auch nicht besser als was ich hier schreibe oder was auf den Verkaufsverpackungen steht.
    Der "richtige Fachmann" wird sich nämlich erst einmal das Grundstück ansehen und dann für jeden Bereich und Zweck einen anderen Rasen empfehlen.


    Rasensamen aussäen
    Haltet euch genau an die Anleitung wie viele Gramm pro Quadratmeter ausgesät werden sollen. Wenn ihr zu viel nehmt, wächst zu viel Rasen auf der Fläche. Das ist nicht gut, weil sich das Gras dabei gegenseitig am Wachsen hindert und sich die Nährstoffe wegnimmt.
    Es sieht zwar am Anfang gut aus, wenn der Rasen sofort "dicht an dicht" wächst. Auf lange Sicht erdrücken sich aber die "Rasenpflanzen" gegenseitig. Dieser Rasen wird nie das leisten können, für das er eigentlich konzipiert und gesät wurde.


    Ein Streuwagen ist ideal
    Man kann an ihm exakt die benötigte Dosierung einstellen. Gleichzeitig verteilt er den Samen auf der ganzen Breite gleichmäßig.
    Die Anschaffung lohnt sich auf jeden Fall, weil man mit ihm später auch den Rasen immer wieder düngen kann. Das geht dann schnell und mühelos und man muss auf kaum mehr etwas achten, außer dass man den Vorratsbehälter immer wieder nachfüllt.


    Ein kleines Sieb ist auch sehr hilfreich
    Auf große Flächen ist es zwar mühsam, mit einem Sieb zu arbeiten, aber es geht auch sehr gut. Das Sieb sollte nicht besonders große Löcher haben, damit nicht viel zu viel Rasensamen heraus rinnt.
    Die Größe der Löcher bestimmt die Menge, die mit dem Sieb gleichzeitig verteilt wird.


    Entweder muss man die Löcher "verkleinern" = einfach eine Plastikfolie/Frischhaltefolie drüber stülpen und mit einem geeigneten Gegenstand neue (kleinere) Löcher hinein stanzen.
    Oder man muss die Saat allein durch das eigene Tempo dosieren. Je schneller man das Sieb bewegt, desto weniger fällt auf einen einzelnen Teilabschnitt.


    Hier kommt es also dann nur auf das eigene Zeitgefühl an, wie viel Gramm man auf einem Quadratmeter verteilt. Menschen mit guten Taktgefühl und Zeitgefühl können damit genauso gut dosieren wie mit einem Streuwagen.


    Theoretisch kann man sich das richtige Zeitgefühl auch antrainieren oder ausrechnen.
    Saatgut ins Sieb und dann stoppen, wie lange man für eine Hin-Bewegung gebraucht hat. Saatgut aufsammeln und abwiegen und schon weißt du, wie viel Gramm du mit der einen Bewegung verteilt hat. Jetzt alles auf einen Quadratmeter hochrechnen und dann so lange weiter probieren, bis du die ideale Zeit gefunden hast.
    Ist natürlich in der Realität purer Blödsinn. Bevor du das ausgerechnet und entsprechend trainiert hast, hat sich die Fläche selbst schon wieder begrünt :joker:
                        
    Richtig düngen
    Dünger macht erst einen Sinn, wenn der Samen schon aufgegangen ist. Er wird also erst viele Wochen später benötigt. Nicht einfach irgendetwas nehmen, nur weil es gut sein soll.
    Stickstoff, Nitrat, Eisen oder was auch immer... das Zeug macht nur einen Sinn, wenn man weiß, was der Boden wirklich braucht. Das falsche Mittel behindert oder schädigt den Rasen sogar noch.


    Denk einfach daran: Rasen ist auch nur Gras und Gras braucht nur wenig Spezielles um wachsen zu können. Ausreichend Wasser, Licht und Wärme sind das Wichtigste.


    Rasenmähen regt das Wachstum an
    Ab einer bestimmten Höhe (ca. 5 cm) sollte der neue Rasen gemäht werden. Einerseits wird der Grashalm dadurch stabiler, weil er nicht abknicken oder umbiegen kann und andererseits nimmt er den Halmen nebenan nicht das, für das Wachstum nötige, Sonnenlicht.


    Die Halme bekommen nun alle gleichmäßig Licht und Luft, die für das Wurzelwachstum wichtig sind. Je mehr Wurzeln gebildet werden, desto mehr Nährstoffe können aus dem Boden gezogen werden. Je tiefer die Wurzeln reichen, desto mehr Nährstoffe stehen zur Verfügung.


    Je jünger ein Rasen ist, desto empfindlicher ist er auch noch.
    Erst mit richtig tiefen Wurzeln ist er gegen schlechte Wetterverhältnisse gewappnet. Ein heftiger Winter schadet den Rasen weniger als ein trockener Sommer.
    Sobald es zu kalt wird, stellt er sowieso das Oberflächenwachstum ein. Das Wachsen der Wurzeln geht jedoch weiter.
    Im Sommer will er aber auch oben wieder wachsen und braucht deshalb dann auch relativ viel Wasser und Nährstoffe. Die bekommt er jedoch nicht, wenn die Wurzeln nicht so ausgeprägt sind, dass er sich aus tieferen Regionen versorgen kann.


    PS:
    Für eine besondere Gelegenheit habe ich im späten Frühling eine Rasenfläche komplett neu angelegt, die dann wochenlang künstlich bewässert wurde. Nachdem die Bewässerung endete, dauerte es jedoch nur wenige Wochen, bis der neue Rasen zu vertrocknen begann. Die Wurzeln waren noch zu klein als dass sie sich aus den tieferen Regionen selbst hätten mit dem nötigen Wasser versorgen können.
    ... aber... der junge Rasen hat die Trockenheit trotzdem besser weggesteckt als der alte Rasen nebenan.


    Ich wünsche allen Rasenbesitzern viel Erfolg bei der "Aufforstung" ihres Rasens. :gut-ani: