Seit heute läuft die größte Kriegssimulation seit Jahrzehnten

  • Seit 00:01 Uhr Zulu Time läuft das größte Manöver der Nato seit Ende des Kalten Krieges.

    Zu Zeiten des "Kalten Krieges" gab es in Manövern zwei Parteien: "Die Roten" und "die Blauen".
    Rot war stellvertretend für die "Warschauer Pakt Staaten": Die UDSSR und alle angeschlossenen Armeen des Ostblocks.
    Blau stellte die Nato und ihre Verbündeten dar: USA und europäische Armeen.


    Im ersten großen Manöver seit dem Ende des Kalten Krieges hat man die Bezeichnungen geändert:
    "südliche Kräfte" gegen "nördliche Kräfte"
    Zuerst sollen die "südlichen Kräfte" einen Angriff der "nördlichen Kräfte" abwehren. Danach sollen sie zum Gegenangriff vorgehen.


    Aus einem ganz eindeutigem "Ost gegen West" wurde jetzt also ein semi-neutrales "Nord gegen Süd". Der eigentliche Zweck der Übung bleibt jedoch der gleiche wie zu Zeiten des Kalten Krieges... nur dass sich das "ehemalige Blau" viel weiter im Osten befindet als damals.


    .....


    Wer jetzt denkt, der Grund des Manövers wäre in der jüngsten Vergangenheit zu suchen, ist leider falsch informiert. Es handelt sich um einen Beschluss aus dem Jahr 2014.
    Hier übt jetzt auch nicht die ganze Nato den Verteidigungs- und Angriffskrieg, sondern nur einige Länder, die seit damals eine neue schnelle Eingreiftruppe aufgestellt haben.


    Die neue geschaffene Truppe wurde so aufgestellt, dass sie binnen kürzester Zeit in jedes Land der Nato verlegt werden kann, das sich in einer Verteidigungslage befindet. Im "Bündnisfall" kommen alle Armeen der Nato dem angegriffenem Land zu Hilfe. Bis die Hilfe da ist, muss sich das angegriffene Land selbst verteidigen.


    Weil die Hilfe aber relativ lange dauert, würde es, in Zeiten der allgemeinen Abrüstung, dem angegriffenem Land nichts mehr nutzen. Es wäre längst schon überrannt worden, bis die Hilfe eintreffen könnte, weil kein Land mehr so große Armeen hat, um sich selbst einige Zeit lang verteidigen zu können.
    Die schnelle Eingreiftruppe wurde gebildet, um die Landeskräfte zu unterstützten, bis der Rest der Nato als Hilfe nachgekommen ist.


    Die neue Truppe muss in einem solchen "Eingreif-Fall" natürlich nicht nur defensiv sondern auch offensiv vorgehen können. Es genügt nicht, die Stellung zu halten und abzuwarten, wie man es im normalen Verteidigungsfall machen würde. Der Angreifer muss nicht nur gestoppt, sondern auch wieder "aus dem Land geworfen" werden können.
    Verlorene Gebiete müssen so schnell wie möglich wieder zurück erobert werden, bevor sie sich festsetzen und einigeln können.


    Die Eingreiftruppe muss also nicht nur "die üblichen Waffen" zur Verteidigung haben, sondern auch entsprechend "aggressive Waffen" einsetzen, wie man sie eigentlich nur zum Angriff auf stark befestigte Stellungen braucht. Sie muss in der Lage sein, aus einem Verteidungskrieg in einen Angriffskrieg zu gehen.


    Damit eine Truppe so schnell wie möglich verlegt werden kann, darf sie nicht zu groß sein. Damit sie jedoch trotzdem schlagkräftig genug ist, um ihre Aufgabe erfüllen zu können, muss sie besonders ausgerüstet und trainiert sein. Bei ihr zählt also nicht die Quantität, sondern die Qualität von Ausrüstung und Ausbildung.


    .....


    An der aktuellen Übung nehmen 50.000 Soldaten und Personal teil. Die Bundeswehr stellt nach offiziellen Verlautbarungen mit 10.000 Mann das zweitgrößte Kontingent nach den USA. Von diesen 10.000 Mann sind jedoch nur 7.000 Mann Soldaten. Die übrigen 3.000 Mann gehören zum Begleitpersonal, das für Nachschub und andere Unterstützung der kämpfenden Truppe zu sorgen hat.


    Das mag sich jetzt seltsam anhören, dass fast 30% der Truppe überhaupt nichts mit dem eigentlichen Kampfgeschehen zu tun hat. Das hat aber damit zu tun, dass heute sehr viele Leute nötig sind, um eine bestimmte Waffengattung überhaupt zum Einsatz bringen zu können.
    Der Einsatz auch nur eines einzigen Kampfpiloten braucht ein große Menge an Mechanikern und anderes Personal, um den Flieger überhaupt in die Luft zu bringen. Der reine Kampfwert der Crew liegt also bei Null, aber ohne sie ist der Kampfwert des Fliegers auch Null. Fällt die Crew aus, fällt automatisch auch der Flieger aus.


    In modernen Zeiten verlagern sich, wegen der neuen "Wichtigkeiten", automatisch auch die eigentlichen Ziele. Werden die Crews ausgeschaltet, legt man automatisch auch die Waffensysteme lahm. Man muss also genau die angreifen und schützen, die sich nicht selbst verteidigen können, um sich gegen angreifende Waffensysteme zu verteidigen.


    In einem "Drohnenkrieg" wäre es egal wie viele Drohnen man abwehrt oder zerstört. Nicht die Drohnen sind das Ziel, sondern die Mannschaften und Einrichtungen, die sie steuern.


    ......


    Im aktuellen Großmanöver werden also neue Taktiken angewendet und trainiert. Einerseits sollen sich die Truppen besser aufeinander einspielen und andererseits soll es eventuellen Gegnern zeigen, mit was sie zu rechnen haben, wenn sie eins der Bündnisländer anzugreifen wagen.


    Selbstverständlich kann, darf und wird dabei natürlich nicht wirklich alles gezeigt und geübt. Ein eventueller Angreifer würde dabei ja bestimmte Strategien sehen und sich dadurch darauf vorbereiten können.
    Aus diesem Grund wird man nur sehen können, wie gut die Truppenteile aufeinander eingespielt sind und wie schnell und gut sie interagieren können.


    Es wird also nichts weiter sein als eine große Kriegssimulation, die nur wenig zeigen wird, was wirklich in der Truppe steckt. Sie wird rund 2 Wochen laufen und sehr viel Geld kosten. Dieses Jahr ist Norwegen dran. Beim nächsten Jahr wird dann ein anderes Land den Gastgeber geben müssen.