Wie Reinigungsmittel hergestellt werden

  • Vor einigen Jahren hatte ich die seltene Gelegenheit, nicht nur bei der Herstellung von Reinigungsmitteln zuzuschauen, sondern es auch selbst längere Zeit selbst machen zu dürfen. Das gibt vielleicht ganz andere Eindrücke als Werbefilme oder Reportagen, bei denen der Blick auf Näheres versperrt bleibt.
    Der nächste Vorteil ist, dass ich direkt an der ersten Produktionsphase mitgewirkt habe, die später dann zur Weiterverarbeitung an die "offiziellen Hersteller" geht.


    Herstellung von Reinigungsmitteln


    Beginnen wir einmal bei den Zutaten für Reinigungsmitteln
    Grundsätzlich bestehen fast alle Reinigungsmitteln aus den gleichen Zutaten. Der größte Teil ist fest und besteht aus Pulvern. Hierbei handelt es sich um Grundstoffe, die zur Bindung und zur Konsistenz benutzt werden. Sie werden palettenweise in Säcken geliefert und auch in ähnlich großen Mengen eingesetzt.


    Spezielle Zutaten sind in dieser Form nicht nur reizend, sondern können beim Einatmen von Stäuben sogar tödlich wirken. Reizend sind fast alle. Tödlich zum Glück jedoch nur wenige.


    Die Hauptzutat aller Mittel ist jedoch Wasser in rauen Mengen.


    Die Herstellungsanlage an sich
    Grundsätzlich handelt es sich um einen riesigen Tank, in dem sich ein Rührwerk befindet. Mannsgroße Zuläufe für das benötigte Wasser und weniger große Zuläufe für flüssige Bestandteile und Chemikalien.
    Unten am Tank befindet sich der Ablauf, aus dem später das fertige Produkt entnommen wird. Je nach Hersteller fassen die Tanks 30.000 - 80.000 Liter - also bis zu mehreren Tankwagen-Ladungen.
    Oben auf dem Tank befinden sich große Klappen in die die festen Zutaten gegeben werden. Bei spezialisierten Herstellern erfolgt die Zugabe der Bestandteile mittels Rohrleitung aus riesigen Vorratsbehältern. Bei "Allroundern" muss die Zugabe manuell erfolgen.


    Wie sieht die Arbeitsweise aus ?
    Zuerst wird ein riesiger Tank mit Zigtausend Litern Wasser geflutet. Trotz der riesigen Zuläufe vergehen bis zur vollständigen Füllung mehrere Stunden.
    Nun wird das riesige Rührwerk im Tank gestartet und die Zutaten werden ins Wasser gegeben. Sack um Sack und Fass um Fass werden auf den Tank gehoben, dort erst geöffnet und von oben in den Tank geschüttet.


    Bei dieser Arbeit gibt es mehrere Gefahren, gegen die man sich schützen muss


    1) Wenn 25 Kg Zutaten mehrere Meter tief fallen, bevor sie auf dem Wasser aufschlagen, kann es aus dem Tank heraus spritzen.
    In dieser Konzentration kann es zu Verätzung des Gesichts und zur Erblindung führen, wenn man keinen entsprechen Gesichts- oder Augenschutz trägt. Fahrlässigkeit ( "Ich mache das schon seit Jahren. Nie etwas passiert. Ich brauche das nicht") kann das Augenlicht kosten. (selbst miterlebt)


    2) Fallen pulverförmige Substanzen aus großer Höhe oder werden sonst wie aufgewirbelt, verteilen sie sich in der Luft.
    Einerseits entsteht die Gefahr einer Staubexplosion und andererseits dass man sich beim Einatmen die Lungen verätzt.
    Pumpen und andere elektrische Geräte müssen also speziell für diesen Zweck hergestellt werden und vor Inbetriebnahme noch einmal besonders geerdet werden.
    Gleichzeitig müssen Filter und Atemschutzmasken getragen werden.
       
    3) Reizende und extrem reizende Stoffe dürfen nicht an die Haut gelangen
    Handschuhe sind also in jedem Fall Pflicht und dauerndes Händewaschen wird trotzdem noch zusätzlich obligatorisch.


    4) Irgend etwas geht immer mal daneben
    Seien es Säcke, die beim Anheben reißen oder Flüssigkeiten, die noch aus den Schläuchen tropfen. Das Schuhwerk muss also beständig gegen Chemikalien und rutschfest sein. Die Schutzklasse S2 reicht aber in der Regel aus.


    Je nach herzustellendem Reinigungsmittel dauert das Einfüllen mehrere Stunden in denen die Arbeiter immer wieder neue Zutaten heran holen und zugeben müssen. Es ist "pure Knochenarbeit", die dazu auch noch schnell erledigt werden muss.


    Welche Mengen und welche Zutaten zugegeben werden müssen, werden durch einen Computer angegeben. Flüssigkeiten werden nach Gewicht angegeben, auch wenn die in Litern bereit stehen. Die Bediener-Mannschaft muss also auch spezifische Gewichte der Stoffe kennen und umrechnen können.


    Ist die Arbeit dann erledigt, hat man Zeit, alles wieder aufzuräumen und die neuen Zutaten für den nächsten Produktionsprozess heran zu schaffen. Nach ein paar Stunden steht die Mischung dann zur Abfüllung bereit.


    Die Abfüllung aus dem Großtank in kleinere Einheiten


    Rein theoretisch könnte man ja vielleicht denken, dass unten jetzt ein Tankwagen steht, in den der Tankinhalt einfach abgepumpt wird. Bei dieser Produktionsstufe handelt es sich jedoch um so starke Konzentrationen, dass das kleinste Bisschen Luft sofort zur Verschäumung führen würde, wenn man Pumpen benutzen würde.


    Am unteren Ende des riesigen Tanks befindet sich deshalb nur ein Ablauf, der nur durch ein Ventil abgeriegelt wird. Keine Pumpe, kein Nichts. Das Reinigungsmittel muss einfach durch die Schwerkraft nach unten fließen.


    Unten stehen wieder andere Bediener bereit, die die Abfüllung manuell vornehmen.


    Bestimmung der Abfüllmenge
    Bei den "kleineren Einheiten" handelt es sich in der Vielzahl um 1000 Liter IBC-Container in verschiedenen Ausführungen. Sie stehen auf einer Waage. Das fertige Reinigungsmittel hat ein eigenes spezifisches Gewicht, das fast immer oberhalb dessen von Wasser ist. 1000 Liter sind also keine 1000 Kilogramm, sondern sehr oft mehr.


    Mit der Waage wird also die Füllmenge kontrolliert. Das macht es auch zusätzlich so schwer, direkt einen Tankwagen zu befüllen, wenn er nicht den kompletten Tankinhalt auf einmal aufnehmen kann, Man wüsste nie wirklich wie viele Liter sich genau im Tankwagen befinden. Auf solche Feinmessungen sind die Waagen von LKW nicht ausgelegt.


    Die Abfüllung an sich
    Die Füllschläuche dürfen nicht einfach eingehängt werden. Hängen sie zu hoch entsteht Schaum und der Container kann erst Stunden später die geplante Menge aufnehmen, wenn der Schaum sich gesetzt hat.
    Andererseits dürfen sie auch nicht einfach auf den Boden des Containers gelegt werden. Spätestens wenn man den Zufluss verigeln muss, wäre das eine "riesige Sauerei", wenn man den "versifften Schlauch" aus der Flüssigkeit heraus ziehen will.


    Die Gefahren bei der Abfüllung
    Auch hier haben wir es mit extrem reizenden oder sogar gefährlichen Substanzen zu tun. Hochgesättigte Lösungen, deren Dämpfe man weder einatmen darf, noch zu denen man Hautkontakt haben sollte.
    Schaut euch mal die Gefahren-Hinweise auf Putzmitteln an .. und nehmt die gerne Mal 100. Dann habt ihr eine ungefähre Vorstellung von der Gefahr.


    Dicke, oberarmlange, Schutzhandschuhe gehören zur Grundausstattung. Eine riesige Chemie-Schutz-Schürze schützt den Körper und einen Teil der Beine. Auigen und Gesicht werden durch eine Schutzbrille respektive Vollschutz vor hochspritzenden Stoffen geschützt. Natürlich gehören S2 Stiefel als Schuhwerk dazu.
    Was oben nur hin und wieder passierte, Flüssigkeiten am Boden, ist bei der Abfüllung fast unvermeidlich.


    Für besondere Fälle muss zusätzlich auch noch eine Atemschutzausrüstung bereit stehen und auch Augenspülflaschen müssen in Reichweite sein.


    Wenn alle Schutzausrüstungen angelegt wurden, kann es mit der Abfüllung beginnen. Zeit ist Geld. Der große Tank muss so schnell wie möglich geleert werden.
    Container voll ? Schlauch rüber zum nächsten. Gefüllten Container schnell von der Waage herunter und neuen auf Position setzen.
    Gefüllten Container sicher verschlißen, von Produktresten reinigen, Warn- und Gefahrenaufkleber anbringen. Raus damit ais dem Abfüllbereich und gleich den nächsten Container mitbringen.


    Um die Container zu bewegen, stehen "Leguane" und "Ameisen" bereit. Mit einem Hubwagen würde man nie eine Tonne Gewicht (oder mehr) auf rutschigem Boden fortbewegen können. Auch die Motorfahrzeuge haben so eine gute Traktion wie ein Auto bei Glatteis.
    Man kann eigentlich aufpassen wie man will. Irgendetwas Rutschiges ist immer auf dem Boden und man hat in dieser Abfüll-Phase nicht die nötige Zeit, das Hochkonzentrat vom Boden weg zu spülen. Der Schlauch muss geführt werden, damit es nicht schäumt .. und der Schaum selbst ist auch schon extrem rutschig.


    Nach der Abfüllung
    In der Abfüllung ist nun Zeit für das "große Reinemachen" aber auch der Großtank muss gereinigt werden. An seinen Wänden befinden sich immer noch die Reste des Produkts. Würde man jetzt einfach die nächste Mischung ansetzen, wäre die Konzentration viel höher als sie sein darf. Das gleiche gilt für alle Rohrleitungen und Schläuche zum Abfüllbereich.


    Während unten in der Abfüllung nur mit Wasser gearbeitet wird, um den Bereich wieder zu reinigen, werden für die Tankspülung auch Chemikalien eingesetzt. Natürlich kommt die Spülung unten in der Abfüllung heraus, jedoch aus einem besonderen Kanal.


    Gefahren bei der Reinigung
    Für den Abfüller unten bestehen zunächst die gleichen Gefahren wie bei der Abfüllung. Er arbeit zwar nur mit Wasser, kann jedoch jederzeit ausrutschen oder sonst wie Kontakt mit den Produktresten bekommen.
    Handschuhe und Schürze zusammen mit den Schutzstiefeln reichen üblicherweise aus.


    Werden oben bei der Spülung jedoch Fehler gemacht, wirken sie sich sofort auf den Abfüllbereich aus in den die Flüssigkeiten abfließen.
    In einem erlebten Fall wurde irrtümlich Salzsäure eingeleitet, deren ätzende Dämpfe sich sofort unten auszubreiten begannen. Für solche seltenen Fälle liegt jetzt die Atemschutzmaske bereit.


    Bei ätzenden Dämpfen sofort Vollschutz anlegen und die Haut bedecken, um Haut, Gesicht und Atemwege vor den Dämpfen zu schützen. Gleichzeitig den Gefahrenbereich sofort verlassen oder Gegenmaßnahmen ergreifen und natürlich zuständige Stellen über die aufgetretene Gefahr benachrichtigen.
    Bei Augenverätzungen muss der Einsatz der Augenspülflasche bekannt sein. Hier geht es jetzt um Sekunden, die darüber entscheiden, wie die Sache ausgeht.

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    Ich hoffe, ich habe euch diesen Teil der Produktion von Reinigungsmitteln einmal aus einer anderen Sicht darstellen können.
    Was ich oben gemischt oder unten abgefüllt habe trug später immer verschiedene Bezeichnungen, Reiniger für LKW-Planen, Bodenreiniger und was sonst noch so auf dem Markt ist. Am Ende bestimmten nur noch die Etiketten, was am Ende zu was werden wird.


    Was ist mit großen Abfüllanlagen ?
    Wie eine wirklich große Abfüllanlage arbeitet, werde ich euch dann irgendwann später einmal beschreiben. Solche Anlagen habe ich nämlich selbst mit gebaut, justiert, getestet und "eingefahren", bevor sie wieder zerlegt wurden und (zum Beispiel) in den USA für die Abfüllung von ganz bestimmten Stoffen eingesetzt wurden.


    Da mir solche Anlagen schon vorher bekannt waren, weiß ich auch, weshalb sie bei der Produktion von Reinigungsmitteln nur dann zum Einsatz kommen können, wenn immer nur ein Produkt produziert wird: Jede Anlage muss ganz genau und speziell für einen ganz bestimmten Stoff hergestellt und eingestellt werden. Das dauert einige
    Wochen. Spontane Änderungen von Mischungsverhältnissen oder Produkten sind damit faktisch ausgeschlossen.
    Dazu dann aber in einem später Thema ganz ausführlich.