Wie man am Ende alle Bestände verkauft bekommt

  • Es gibt viele Möglichkeiten sich von der eigenen Firma zu trennen. Die einfachste ist, dass man sie einfach in andere Hände übergibt. Findet man keinen Nachfolger, muss man die Auflösung von langer Hand vorbereiten.


    Reduzierung des Warenangebotes auf ein Kernprogramm

    Normalerweise führt eine Firma neben den Hauptprodukten auch vieles Zubehör. Das Zubehör ist einerseits ein Kundenservice und andererseits ein Umsatzbringer und dient auch der Kundenbindung. Bei einer Firmenauflösung kann man das Zusatzangebot jedoch nur schlecht schnell wieder zu Geld machen.


    Ersatzteilbestand massiv abbauen

    - Stelle zu jedem Produkt ein Reparatur-Kit bzw. Wartungs-Kit (Maintenance Kit) zusammen und biete es beim Kauf des Hauptproduktes gleichzeitig mit an.

    - Wenn die Kits zusammen gestellt sind, und alle überzähligen Ersatzteile verkauft sind, kann ein Kunde nur noch ein komplettes Kit kaufen, wenn er ein Ersatzteil daraus benötigt. Die Autohersteller machen es schon seit Jahrzehnten vor. Ersatzteile bekommt man oft nicht mehr einzeln, sondern nur noch als komplettes Set.


    Zubehör abbauen und die Lagerhaltung einstellen

    Zubehör, das du normalerweise auf Lager hast, wird jetzt nicht mehr nachbestellt. Möchte ein Kunde es trotzdem haben, wird es speziell nur für ihn erneut bestellt.


    Das Kernprogramm auf Schnellläufer einschränken

    A-Ware, die sich sehr schnell umschlägt, wird weiter nachbestellt. Das weitere Warenangebot wird nur entsprechend der Umschlagshäufigkeit weiter geordert. Alles, was in der Umschlaghäufigkeit hinter C rangiert, wird nicht mehr nachgeordert.


    Nach diesen vorbereitenden Maßnahmen wirst du feststellen, dass deine Firma viel mehr liquide Mittel freigesetzt und zur Verfügung hat. Es kann sein, dass du jetzt an ein Weitermachen denkst, wenn du vorher finanzielle Probleme hattest. Mach jetzt aber keinen großen Fehler ! Lass dich beraten, ob es sich wirklich rechnet, noch weiter zu machen. Das jetzt freigesetzte Geld hilft dir nämlich nur kurze Zeit weiter, wenn das eigentliche Problem nicht beseitigt wird.


    Die richtige Zeit für einen Ausverkauf/Schlussverkauf

    Viele Firmen wollen zum Schluss noch möglichst viel mitnehmen, bevor sie schließen. Das bedeutet jedoch, dass sie für die aktuelle Saison erst noch weiterhin Waren einkaufen müssen.


    "Deine Saison" ist die richtige Zeit für einen Schlussverkauf und nicht danach. Nur wenn dein Warenangebot sowieso begehrt ist, hast du die Chance, alles bis auf den letzten Rest los zu werden.


    Die gesetzlichen Vorgaben für einen Ausverkauf sind seit einigen Jahren teilweise sehr schwammig formuliert. Viele feste Fristen gibt es nicht mehr. Weiterhin gilt jedoch, dass ein "Nachschieben von Ware" während eines Ausverkauf unzulässig ist und dass nach einem Schlussverkauf auf jeden Fall Schluss mit der Firma ist.

    Nähere und erläuternde Informationen dazu habe ich unter IHK Frankfurt am Main und unter Versandhandelsrecht.de finden können.


    Der Ausverkauf wird vorbereitet

    - Schnüre diverse Komplettpakete/Bundles von Hauptartikel und Zubehör.

    - Informiere deine Bestandskunden von der bevorstehenden Aktion

    - Bereite Werbung vor, die dann zu Beginn des Ausverkaufs erscheint

    - Falls möglich, beantragst du eine Genehmigung für den Verkauf auf einer Außenfläche

    - Plane eine Umgestaltung des Ladengeschäfts, die in der Nacht vor dem Ausverkauf umgesetzt wird

    - Kündige bestehende Mietverträge

    - Miete einen Lagerraum für die Zeit danach an


    Warum die Bundles ?

    1) Du musst auch das Zubehör loswerden

    2) Die Einzelpreise eines Bundles sind immer höher als ein Komplettpaket.

    Weil du das Zubehör nur noch schwer einzeln verkaufen kannst, schenk es doch einfach dabei. Das allein macht schon einen oft erheblichen Preisnachlass aus.


    Warum Kunden vorher informieren ?

    Treue Stammkunden schauen nicht nur nach, was sie gerade jetzt benötigen, sondern auch, was sie immer wieder bei dir kaufen. Sie werden dir also schon vorher viel abkaufen, was du dann nicht erst mühevoll durch den Ausverkauf drücken musst.


    Warum Werbung vorbereiten ?

    Die Werbung muss dann erscheinen, wenn in deiner Branche "Ruhe" herrscht. Du willst ja schließlich mit deiner Aktion möglichst gut auffallen. "Klatsch-klatsch" muss die Werbung von einem zum nächsten Moment erscheinen können.


    Warum Außenflächen benutzen ?

    Deine günstigsten Produkte werden als Kundenstopper draußen eingesetzt. Sie machen alle darauf aufmerksam, dass hier etwas passiert.


    Warum Umgestaltung ?

    Deine Kunden kennen den Laden so wie er seit langer Zeit ist. Jetzt sollen sie ein ganz anderes Einkaufserlebnis bekommen. Beziehe auch bisherige Lagerbereiche mit ein. Klebe "Führungspfeile" auf den Boden, die neugierig auf die neuen Bereiche machen sollen.


    Warum Mietvertrag kündigen ?

    Du musst vertragliche Kündigungsfristen beachten, eventuell einen Nachmieter suchen und auch alles noch renovieren. Das muss alles organisiert und geplant werden. Du willst ja nicht unnötig die teure Miete für eine Firma weiter bezahlen, die es nicht mehr gibt.


    Warum Lager anmieten ?

    Darin bringst du die Waren unter, die du am Ende nicht verkaufen konntest. Ein Lager ist immer billiger als ein Ladenlokal. Gleichzeitig kannst du es so dimensionieren, wie es dann wirklich nötig ist.



    Der Ausverkauf beginnt

    In einem Ladengeschäft wird jetzt alles umgestaltet. Das, was du am meisten am Lager hast, kommt möglichst weit nach vorne. In den neu zugänglichen Bereichen finden die Kunden besonders günstige Angebote. Zusätzliche Hinweisschilder weisen sie darauf hin.


    In den ersten Tagen werden sich vorrangig "Sehleute" einfinden. Man will sich einfach nur umschauen, um dann später noch einmal wieder zu kommen. Erwarte dir also erst einmal nicht zu viel.


    Geplante Mitte des Ausverkaufs

    Spätestens jetzt würde ich eine Zeit angeben, an dem endgültig Schluss ist. Das muss man nicht machen und es setzt auch automatisch eine endgültige Frist, die man danach nicht mehr überziehen darf.

    Ein festes Datum setzt aber nicht nur dich unter Druck, sondern auch die "Sehleute". Jetzt wissen sie, bis wann sie "endlich gekauft" haben müssen.


    Die Schlussphase beginnt

    Jetzt ist das Motto wirklich "alles muss raus .. egal wie". Du brauchst Verkaufspersonal, das in "Spontanverkäufen" geübt ist. Mit dem "normalen Trott" schaffst du es sonst nicht mehr.


    Das Personal bekommt weitreichende Befugnisse, spontan neue Bundles zu schnüren und neue Preise anzubieten. In der Schlussphase heißt es jetzt wirklich "Händler". Ein Händler handelt und lässt auch mit sich handeln.


    Der Laden wird ein letztes Mal umgestaltet.

    Alles, was noch da ist, kommt nach "vorne". Der Laden muss weiterhin "voll" aussehen. Die Kunden müssen immer noch eine große Auswahl haben.

    Alle bisherigen Bereiche werden geschlossen, damit sich die Kunden nur noch im verbliebenen Rest aufhalten. Von draußen muss es so aussehen, als wäre der Laden "proppevoll".


    Warum ?

    Ein voller Laden suggeriert große Auswahl. Keiner will sich mit Resten zufrieden geben. Viele Kunden suggerieren eine hohe Beliebtheit. Wo kein Kunde ist, kommen auch andere nicht rein. Der Mensch ist ein Herdentier.


    Der letzte Tag

    Was jetzt noch da ist, bekommst du fast nicht mehr los. Du hast jetzt die Wahl:

    1) die letzten Reste irgendwie loswerden oder teuer entsorgen

    2) einfach alles, was kaum einen Wert hat, verschenken


    Ein letztes Mal wird eine besondere Werbung geschaltet. "Letzter Tag, dann Schluss"

    Soweit zulässig, nutz die zulässige Ladenschlusszeit bis zur letzten Minute aus.


    Du kannst ja auch noch, ein paar Tage vorher, deine Stammkunden ein letztes Mal aktivieren.

    Vergiss aber nicht, dich für ihre Treue zu bedanken.

    Vielleicht ladest du sie auch zum letzten Tag zu einem kleinen Umtrunk ein ?

    Einerseits ist es eine Verabschiedung und andererseits könnten sie dich ja auch von einigen Restbeständen "befreien".


    Auf einen Ausverkauf muss man sich auch mental vorbereiten und ändern


    Andere Verkaufsmentalität

    Normalerweise arbeitet man mit dem Ziel der Kundenbindung. Diese Arbeitsweise ist jetzt völlig fehl am Platz. Diese Kunden werden nie wieder bei dir kaufen können. Du musst jetzt eine andere Arbeitsweise an den Tag legen, ähnlich wie ein Messeverkäufer: Es zählt nur das Hier und Jetzt.


    Andere Verkäufer

    Sie müssen anders arbeiten. Die (eventuell) ruhige Zeit ist jetzt vorbei. Sie müssen in der Lage sein, ganz spontan auf Kundenwünsche zu reagieren und nicht nur Wünsche erahnen, sondern sie auch noch selbst erwecken. Gleichzeitig müssen sie auch im Handeln geübt sein.


    Das muss nicht bedeuten, dass man die Verkäufer austauschen muss. Man muss sie nur rechtzeitig entsprechend trainieren. Nehmen sie das Training jedoch nicht an, kommen sie während der letzten Zeit nur noch in Bereichen ohne Kundenverkehr zum Einsatz.


    Hierarchien abbauen

    Du Chef. Alle anderen nur noch Verkäufer. Alle bekommen die gleichen Vorgaben. Die Administration wird bis auf das Nötigste abgebaut.


    Zusätzliche Bezahlung

    Während des Ausverkaufs bekommen alle zusätzliche Provision. Sie sollen sich schließlich ein letztes Mal "voll ins Zeug legen" und es muss sich auch für sie lohnen. Gib eine ganz bestimmte kleine Prozentzahl vom Verkaufserlös "on top". Die Verkäufer sollen "Masse machen" und das werden sie auch ganz automatisch. Schließlich kommt innerhalb kürzester Zeit das gesamte Warensortiment unter den Hammer.


    Den Warenwert kennst du ja aus deinen Bilanzen. Den letzten Verkaufswert aus einer aktuellen Inventur. Wenn du mit diesen Zahlen nicht genügend motivieren kannst, hast du entweder keine Warenbestand mehr oder es fehlt dir eine wichtige Eigenschaft zum "Chef".

    "Ein simples Prozent" von 100.000 sind schließlich schon 1.000 Euro Zusatzverdienst ... und 100.000 sind wirklich keine große Summe bei einem Ausverkauf.

    Wenn der Warenbestand sinkt, kannst du ja die Provision anheben, damit auch die billigen Sachen "rausgedrückt" werden.


    Das kostet mich doch zusätzliches Geld ?

    Wenn du es nicht machen möchtest, ist es okay. Ansonsten zahlst du zwar etwas mehr an "deine Leute", bekommst dafür aber auch alles verkauft. Es wird sich also für dich rechnen, sodass du am Ende nicht mit unverkäuflichen Waren da stehst.


    Jede Geschäftsaufgabe ist deprimierend

    Auch wenn du selbst damit keine Probleme hast, denk dabei auch an deine Mitarbeiter. Sie verlieren ihre finanzielle Grundlage. Baue dein Personal so rechtzeitig ab, dass sie sich einen neuen Arbeitgeber suchen können.

    Versichere dich aber trotzdem ihrer Mithilfe für den geplanten Ausverkauf. Einerseits brauchst du dann noch gute Leute und andererseits können sie dann noch einmal so richtig gut verdienen.

    Du kannst den ganzen Ausverkauf natürlich auch noch als internen Wettbewerb organisieren. "Das Verkaufsgenie" des Hauses gewinnt eine Urlaubsreise oder etwas anderes Begehrenswertes.


    Nach dem Schluss ist noch lange nicht Schluss

    Restbestände müssen verpackt und ausgelagert werden. Die Buchhaltung und Bilanzen müssen erledigt werden ... und... und... und...

    Du wirst noch länger damit zu tun haben und auch nicht alles alleine erledigen können. Versichere dich einige deiner Mitarbeiter, die dir dabei helfen können. Sie müssen anpacken und organisieren können. Verkaufstalent spielt jetzt keine Rolle mehr.

    Erst wenn alles erledigt ist, ist es deine letzte Aufgabe als Chef, die Türen dieser Firma für immer zu schließen.


    Bereite dich auf all diese Dinge sorgfältig vor und hole dir fachlichen Rat ein. Jede Unterlassung und jeder Fehler werden dir sonst noch Jahre nachhängen. Es gibt kein "Schema F", nachdem man eine Firma abwickelt oder schließt.


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    Ich habe beruflich schon mehrere Firmen abgewickelt.

    Bei meinem ersten Fall gab es das schon beschriebene Problem mit den Restbeständen. Trotz vorheriger Vereinbarungen über Warenübernahmen wäre es besser gewesen, die Waren gleich zu verschenken oder zu vernichten.


    Mein zweiter Fall war dann schon eine "reine Auftragsarbeit".

    Hier konnte ich (mit vielen Punkten aus diesem Thema) dafür sorgen, dass der Laden am Ende "besenrein" war.


    Der dritte Fall war ganz anders.

    Eine Europazentrale mit Herstellerwerken in verschiedenen Ländern musste aufgelöst werden.


    Der vierte Fall war eine Lagerauflösung.

    Durch die früheren Erfahrungen dauerte es nur wenige Tage bis die Lager restlos geräumt waren. Ein "offizieller Schlussverkauf" musste nicht einmal stattfinden.


    In diesem Thema habe ich also keine theoretische Vorgehensweisen beschrieben, sondern eigene berufliche Erfahrungen.. teilweise sogar aus der jüngsten Vergangenheit.