Online-Shopping schadet Umwelt und Angebotsvielfalt in der Stadt

  • Es wird immer "moderner", Im Internet einzukaufen. Man hat eine faktisch unendliche Auswahl an Produkten und kann (scheinbar) jeden Preis vergleichen. Bequemer und günstiger geht es ja eigentlich nicht.


    Ich persönlich mache das beruflich unzählige Male jeden Tag. Im Gegensatz zum normalen Privatkäufer muss ich jedoch für wirklich jede Lieferung Versandkosten, Energiekostenzuschläge und Mindermengenaufschläge bezahlen. Das sorgt dafür, dass ich nicht jede Kleinigkeit einzeln bestelle, sondern mich lieber an Großlager wende, denen ich dann den Lieferauftrag weiter gebe, der viele Produkte gleichzeitig umfasst.

    Ich muss also schon, aus rein wirtschaftlichen Gründen, auch mit an die Umwelt denken.


    Da ich weder Endverbraucher bin, noch mit Verbrauchern zu tun habe, gelten ganz andere Bedingungen: Es gibt kein Rückgaberecht. Jede sogenannte Retoure ist daher Ermessenssache des Lieferanten und kann auch sehr viel Geld kosten, falls eine Rückgabe überhaupt gestattet wird.

    Im Endeffekt bedeutet das, dass, sowohl meine Kunden als auch ich, erst genau überlegen, ob man die Waren wirklich in dieser Art haben will. Überlegt man nicht richtig, kostet es später extra Gebühren.

    Dieses "längere Abwägen" vermeidet unnötige Paketsendungen und verringert dadurch auch Umweltbelastungen.


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    Im Privatleben dagegen hat man diesen finanziellen Druck eigentlich kaum. Man kann da bestellen wo man will, zahlt oft kein Porto und kann die Waren jederzeit (oft auch ohne Kosten) zurück gehen lassen.


    Ich bestelle rein fiktiv also eine Ware einmal in Hamburg und einmal in München. Wieder rein fiktiv sind beide Städte jeweils 500 Km von mir entfernt. Meine beiden Waren müssen also 2x 500 Kilometer, also zusammen über 1.000 Kilometer weit befördert werden.

    1.000 Kilometer Transportweg für zwei Pakete. Ein immenser Schaden für die Umwelt !


    Die "wirklich großen Internethändler" haben natürlich längst strategisch verteilte Großlager, so dass die Transportwege zum Kunden etwas kürzer werden.

    Die einzelnen Händler, deren Waren verkauft werden sollen, liefern nur an diese Großlager. Von dort aus geht es gesammelt an den Endverbraucher weiter.

    Vom Prinzip wäre das sogar zum Vorteil der Umwelt ... aber nur, wenn die einzelne Ware deshalb einen kürzeren Weg zurück legen würde.

    Sind die Händler aus München und Hamburg jedoch auch jeweils 500 Kilometer von entsprechenden Großlager entfernt, kommt noch eine zusätzliche Umweltbelastung hinzu für die Entfernung vom Großlager zu dir. Schon wäre der Transportweg sogar noch um einige Hundert Km höher als 1.000 Kilometer.


    Ich stelle mir jetzt vor, ich würde über das Internet bei einem Händler aus meiner eigenen Stadt kaufen.

    Wenn der mit einem großen Internethändler zusammen arbeitet, geht die Ware erst an dessen Großlager - vielleicht 200 Km entfernt. Anstatt vielleicht 5 Km direkt zu mir, wird die Ware also erst 2x 200 Km durch die Gegend transportiert. 395 Kilometer unnötiger Transportweg, der der Umwelt nur zusätzlich schaden kann.


    Bei der persönlichen CO2-Bilanz senkt man den Wert, indem man sich von regionalen Produkten ernährt. Beim Online Shopping wird dieses jedoch außer Acht gelassen. Hier zählen nur noch der Preis und die Angebotsvielfalt.


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    Kommen wirt jetzt einmal zu einem anderen Thema:

    Was ist mit den Läden in deiner eigenen Stadt und wie wirkt sich das Online Shopping auf sie aus ?


    Es ist ganz klar: Ein gut ausgestatteter Laden kostet viel Geld und Miete. Das Personal muss bezahlt werden und auch das Warenangebot muss erst einmal gekauft und finanziert werden.


    Wenn der gleiche Händler irgendwann seinen Laden aufgibt, spart er also den ganzen Kostenberg und hat dazu noch viel mehr Kunden als vorher. Er schickt alle seine Waren einfach zu einem Großlager und am Ende muss er nur noch die Rechnung erstellen (falls er das nicht auch dort gleich machen lässt)

    Dafür zahlt er dann eine Abwicklungsgebühr an das Großlager.

    Für den Händler ist das alles viel einfacher und billiger als wenn er weiterhin einen eigenen Laden und Lager unterhält.

    Es ist also nicht verwunderlich, wenn immer mehr Läden in den Städten schließen und nur noch kleine Büros und Lager in Industriegebieten betreiben, die kaum laufende Kosten haben.


    Und nun kommst du und brauchst etwas noch am gleichen Tag.

    Du kannst jetzt nicht einfach zum Händler fahren, sondern musst bei ihm per Internet bestellen. Du zahlst eventuell horrende Sondergebühren, damit du die benötigte Ware noch am gleichen Tag bekommst. Dann sitzt du da und wartest darauf, dass endlich der Paketdienst kommt.


    Wenn die Paketdienste dann noch aufhören, direkt an die Empfängeradresse zuzustellen, fährst du in die Stadt und holst dein Paket in einer Zustellbasis selbst ab.

    Du hast also noch mehr Kosten und musst trotzdem auch noch selbst irgendwohin fahren. Gleichzeitig bist du voll davon abhängig, dass Händler und Paketdienst deinen Auftrag auch wirklich noch am gleichen Tag bearbeiten.


    Es ist wirklich nicht "weit weg geholt", dass ich davon ausgehe, dass du deine Pakete irgendwann selbst abholen musst. Bereits seit 2017 wird es jedes Jahr erneut angekündigt, dass die Paketdienste das in dieser Art ändern wollen.

    Paketdienste planen Zusatzgebühr für Zustellung von Paketen

    Paketdienste wollen extra Gebühr, damit man sein Paket auch geliefert bekommt


    Zitat

    "Dafür habe ich dann aber wenigstens kein Problem mehr mit den unpraktischen Ladenöffnungszeiten"

    Das ist korrekt.. aber... Paketdienste haben auch ihre eigenen Zeiten, an denen du ein Paket abholen kannst. Die sind aber immer individuell und bei den meisten kannst du am Wochenende überhaupt nichts abholen, weil dann dort nicht gearbeitet wird.


    Wann hast du noch einmal Wochenende .. oder arbeitest du vielleicht sogar bei einem Paketdienst und brauchst an deinem allgemein arbeitsfreien Tag eine Paketlieferung ?


    Je mehr du im Internet einkaufst, desto mehr sorgst du dafür, dass dieses Szenario irgendwann Realität wird. Du kannst zwar jederzeit spontan bestellen, wirst aber immer langfristiger planen müssen.

    Wirklich einkaufen wirst du dann nicht mehr können, denn: Einkaufen bedeutet, dass man die Ware direkt nach der Bestellung erhält.


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    Natürlich stellt sich für jeden die Situation anders dar

    Wer "ländlich wohnt", für den bedeutet "einkaufen fahren" wirklich, dass man weite Strecken zurück legen muss. Auf den ersten Blick ist Online Shopping nur ein Vorteil. Man muss nicht mehr viele Kilometer fahren.


    Auch das Wegfallen der jetzt schon wenigen Ladengeschäfte könnte man durchaus "gnädig übersehen". Es gibt ja sowieso viel zu wenige und sie sind zu weit voneinander entfernt.


    Wie ist diese Situation aber eigentlich entstanden ? Ich kenne noch eine Zeit, in der es in jedem Dorf ein oder zwei Läden gab, in denen man alles für den täglichen Bedarf bekam. Die Discounter und "Großen auf der Wiese" haben ihnen finanziell das Wasser abgegraben.

    Es hat nur wenige Jahrzehnte gedauert, bis es in den Dörfern keine Läden mehr gab und man nicht mehr zu Fuß einkaufen gehen konnte,sondern auf jeden Fall ein Auto braucht.


    Online Shopping setzt also nur das fort, was mit den Discountern begonnen wurde. Am Ende wird es kaum noch Ladengeschäfte geben.


    Was ist überhaupt eine lebenswerte Stadt ?

    Man kann einkaufen und bekommt Kulturangebote aller Art. Die Kulturangebote finanzieren sich in der Vielzahl durch Steuern und Abgaben von Personen und Firmen, die in der Stadt ansässig sind.

    Gibt es keine Firmen mehr, fallen entsprechende Gelder weg. Das aktuelle Kulturangebot kann nicht mehr gleichermaßen aufrecht erhalten werden.


    Was das bedeutet, kann man schon in großen Städten wie Hamburg, Berlin, Leipzig und Dresden erleben. Riesige Wohnanlagen, die nur noch dem Wohnen und Schlafen dienen. Kein Wunder, dass viele dort weg wollen, wo es nichts mehr gibt. In einer sogenannten "Schlafstadt" ist das Leben einfach nicht mehr lebenswert.