Was man von "On Stage" wissen muss. Wie es auf/hinter der Bühne wirklich ist.

  • Wenn man vor der Bühne steht, sieht alles nach "Luxus pur" aus. Das gehört jedoch bei den meisten Musikern zur Illusion, die man dem Publikum bieten muss. Es soll schließlich für ein paar Stunden die Realität vergessen.


    Beginnen wir einmal mit dem, was vor einem Auftritt/Gig so abläuft


    Anreise

    Stars kommen natürlich in "standesgemäßen Fortbewegungsmitteln" an .. was immer man darunter verstehen will. Die Musiker, denen man aber wirklich nahe kommt, reisen genauso unbequem und umständlich an wie ihr Publikum.


    Vorbereitung

    Je nach Zeitfaktor hat man noch Zeit, sich in einer Unterkunft von der Reise zu erholen oder geht direkt Backstage, um sich vorzubereiten.


    Bei den vielen kleinen Semi-Profi und Amateur-Bands geht die Arbeit jetzt erst richtig los. 

    Sie müssen all ihr Equipment oft selber schleppen und aufbauen. Das kann durchaus "reine Knochenarbeit" sein, die über mehrere Stunden geht.

    Danach das Einstellen der Anlage auf die Location. Jeder Raum klingt anders, also muss die Anlage auf den Raum angepasst werden. Auch das kann wieder bis zu einigen Stunden dauern.


    Egal wie gut eingespielt das Team auch ist und egal wie viel Erfahrung man mit dem Aufbau hat. Jeder Aufbau ist völlig anders als die anderen. Nur wenn man immer wieder in den gleichen Locations zu tun hat, kann man sich Notizen machen, die man beim nächsten Mal wieder abrufen kann.


    Jetzt ist hoffentlich noch etwas Zeit zu essen, zu trinken und/oder sich frisch zu machen.

    Die letzte Gelegenheit, auch noch mal etwas "Luft zu schnappen" und sich auch mental vorzubereiten.

    Hier unterscheiden sich die Amateure auch nicht von den Stars.

    Manchmal genügt ein aufmerksamer Blick und man sieht Stars wie zum Beispiel John Bonjovi und andere Berühmtheiten in ganz normaler Straßenkleidung in der Gegend herum stehen. Hier sind sie noch ein letztes Mal "ganz normale Menschen", bevor sie dann wieder zum Star werden /müssen).


    Backstage

    Schon einmal einen Backstage-Pass gehabt ? Sehr schön. Dann hast du bereits ein kleines Bisschen mitbekommen, wie es hinter der Bühne aussieht. .. aber nur den Bereich, den man normalen Menschen freigeben kann.

    Der hintere Bereich von Bühnen ist überwiegend mehr ein Chaos aus verschiedenen Räumen, die nur für eine Veranstaltung schnell frei geräumt werden. Technik überwiegt und Hektik ist kein Ausnahme- sondern der Normalzustand.

    Oft schmale enge Gänge, die bis auf den letzten Zentimeter genutzt werden und Räume, bei denen man sich als Hotelgast direkt beschweren würde, in was für einer Bruchbude oder Ecke man sich vorbereiten soll.


    On Stage / die Bühne selbst

    Während der letzten Proben hat man die Bühne schon kennen gelernt. Stolperfallen, Unebenheiten, Markierungen für die Show, eventuell auch noch Kabelbäume, die aus dem Boden hervor kommen oder über die man steigen muss.


    Die Scheinwerfer

    Frühere "Lichtkanonen" hatten jeweils (!!!) mehrere Tausend Watt und strahlten auch eine entsprechende Wärme ab. Mit ein paar Dutzend von ihnen auf dich gerichtet , würdest du einen heißen Sommertag herbei wünschen .. weil der dir dagegen "schön kühl" vorkommt *lach*


    Auch wenn man heute mit LED-Technik arbeitet, so bleibt doch die extreme Helligkeit, die auf dich gerichtet ist. Sind alle Spots an, musst du wirklich aufpassen wo du hin gehst.

    Am Ende der Bühne gähnt nur eine schwarze Leere. Der Rest des Saales verschwindet in Dunkelheit.


    Musik und Lautstärke

    Auf der Bühne selbst herrscht ein Lautstärkepegel, der oft oberhalb der zulässigen Grenzwerte liegt. 125 dB werden locker übertroffen. Man muss also Lautstärkewerte aushalten, die höher sind als ein startender Düsenjet.


    Der Grund dafür ist einerseits die oft Meter hohe Musikanlage. Bei den meisten Konzerten werden die Säle auch heute noch auf diese Art beschallt. Es zählt nur der Lautstärkepegel, der beim Publikum ankommt.


    Der nächste Grund sind die vielen kleinen Monitor-Lautsprecher, die auf der Bühne verteilt sind. Die Musiker selbst hören nur das, was in ihrer direkten Hörweite ist. Bei einer 10-Meter-Bühne hört man in auf der einen Seite nicht, was auf der anderen Seite gespielt wird. Steht man in der Mitte, hört man sich selbst oft nicht.

    Die Musiker müssen also den Sound aus den anderen Bereichen "zugespielt" bekommen. Der muss dann auch noch so laut sein, dass der "Störquellen" übertönt.


    Viele Musiker haben aus diesem Grund auf lange Sicht schwere Hörschäden.

    Um wenigstens noch einigermaßen hören zu können, tragen viele von ihnen deshalb sogar Schallschutzstopfen, die die Ohren vor dem Lärm schützen sollen. Mal auf einem und mal auf beiden Ohren.

    Ich habe es selbst erlebt, dass mein rechtes Ohr mit den Jahren fast taub geworden ist. Zum Glück hat es sich dann später wieder erholt. Das lag aber auch daran, dass ich mich nur während der Shows dem extremen Lärm ausgesetzt hatte.


    Wenn eine Band genügend Geld hat, arbeitet sie mit Funk-Headsets anstatt mit Monitoren. Dadurch wird der Lärm auf der Bühne um ein Vielfaches gedämpft. Trotzdem muss das Signal immer noch alle Umgebungsgeräusche übertönen.

    Auf Dauer schädigt das aber trotzdem auch die Ohren. Der Schall ist zwar nicht mehr so laut, aber direkt im Ohr.


    Warum muss ein Sänger eigentlich einen Monitor haben, um sich selbst zu hören ?

    Mindestens das Schlagzeug ist so laut, dass es auch jeden Gesang übertönen kann. Die Sänger können sich also ohne Hilfsmittel nicht selbst hören. Wer sich nicht selbst hören kann, trifft auch keinen Ton.


    Pausen zwischendurch

    Pausen können sich nur große Shows leisten, bei denen zwischen den einzelnen Blöcken andere Musiker auftreten. Selbst bei ihnen besteht eine Pause jedoch vorwiegend aus schell mal etwas essen/trinken und umziehen für den nächsten Part.

    Amateur-Bands haben keine Pause .. außer sie dürfen auch mal etwas essen gehen. Ansonsten gibt es nur ein paar Minuten zwischen den Blöcken, die aber auch nur zwangsweise sind


    Der Vorhang fällt

    Je nachdem, wie Kräfte zehrend die Show war, bist du am Ende einerseits "fix und alle", gleichzeitig jedoch auch "aufgeputscht bis in die Haarspitzen",

    Die Amateur-Band kann ihre Energie jetzt beim Abbauen wieder des Equipments "abbauen". Die Stars dagegen haben jetzt "endlich frei". Wenn man so aufgedreht ist, kann man nicht einfach schlafen gehen, auch wenn du körperlich am Ende bist.


    Was ist mit Alkohol und Drogen ?

    Alkohol ist leider immer noch "Droge Nummer eins". Einerseits wird sich "Mut angetrunken" und andererseits muss manch ein Musiker auch einen Pegel an Enthemmtheit haben, um wirklich gut performen zu können.

    Wer keine anderen Maßnahmen kennt, greift daher gerne mal zum "Hilfsmittel Alkohol".


    Für Amateure gibt es noch einen anderen Grund:

    Bei "kleinen Festen" trinkt das Publikum auch, bis es enthemmt ist. Ab diesem Zeitpunkt "genehmigen" sich viele Musiker auch mal ein Glas. Das Publikum ist längst schon so unkritisch/betäubt, dass es Spielfehler nicht so mitbekommt.


    Ob man unbedingt Hilfsmittel braucht und sich gehen lassen will, entscheidet natürlich jeder Musiker für sich selbst. Die Gefahr ist jedoch sehr groß, dass man, wenn andere trinken, auch selbst "nicht abgeneigt" ist, zum Glas zu greifen.


    Andere Drogen dagegen sind, egal ob legal oder illegal, so schädlich, dass du es als Musiker "nicht lange machen wirst". Das Gleiche gilt für Pillen aller Art.

    Schau dir internationale Stars an und wie sie dann irgendwann an einem Punkt sind, an dem sie keiner mehr hören will, sie eine Entziehungskur machen müssen oder sich komplett selbst aufgeben.

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    Ich selbst habe eigentlich alle Stationen eines Musikers durch. Beginnend von einer kleinen "Dorfmusik" über Bundeswehr-Bands und Heeresmusikkorps zu Top-40-Bands und Alleinunterhalter bis hin zu dem Punkt als ich "nur noch 500 km anreisen" musste, umziehen und los geht es. Die andere Arbeit hatten andere schon gemacht und ich musste nur noch direkt auf die Bühne.


    "Mein Ende" habe ich dann ganz bewusst gewählt. Es war ein "Abschied von der Bühne", der aus rein sachlichen Überlegungen erfolgte.