Arbeitsplatz Bundeswehr

  • Die Wehrpflicht ist ausgesetzt. Die Bundeswehr ist seitdem eine reine Freiwilligenarmee. Die Truppe versucht nun mit einer Werbeoffensive neue Bewerber zu finden.


    Auch wenn man händeringend nach Nachschub sucht, ist das nicht gleichbedeutend damit, dass jeder Bewerber auch angenommen wird.

    Die "schöne Welt der Bundeswehr" sollte man kritisch betrachten. Auch wenn es so scheint, als wenn man sich für einen ganz bestimmte Aufgabe bewerben könnte, so entscheidet am Ende doch die Bundeswehr, wo und als was man eingesetzt wird.


    Insgesamt ist es bei der Bundeswehr viel ziviler geworden.

    ABER

    Wer sich dort bewirbt, durchläuft in jedem Fall eine Grundausbildung, die für alle gleich ist und auch den Einsatz der Waffe beinhaltet. Auch wenn du nur einen Schreibtischjob willst, wirst du also lernen, wie man sich und andere mit der Waffe verteidigt.


    Du schließt einen Vertrag, den du später nicht mehr kündigen kannst. Du verpflichtest dich für einige Jahre und musst sie auch dann weiter ableisten, wenn dir der Job nicht gefällt.


    Du entscheidest dich von Anfang an für eine bestimmte Laufbahn. Es besteht die Möglichkeit, sich später für eine andere Laufbahn zu verpflichten. Da die Laufbahnen aber ganz unterschiedlich ausgebildet werden, ist es später schwerer, in eine andere zu wechseln.

    Innerhalb der jeweiligen Laufbahn kannst du dich aber immer hocharbeiten. Dazu musst du natürlich auch entsprechende Leistung bringen.

    Wird dir aber eine andere Laufbahn angeboten, kannst du diese auch ablehnen.


    Machen wir uns nicht vor. Du verpflichtest dich auf jeden Fall als Soldat/in. Die Aufgabe eines Soldaten ist die Verteidigung und wenn er diese Aufgabe wahrnimmt, kann es auch sein, dass er andere Menschen ganz gezielt töten muss.

    Im Gegensatz zur anderen Ländern, haben Soldaten in Deutschland aktuell ein schlechtes Image.

    ...

    Kläre mit dir selbst ab, ob du im Notfall einen Menschen töten könntest, um einen anderen zu schützen. Auch wenn du nur eine Drohne steuerst, bist du für den Tod, den sie bringen kann, mitverantwortlich. Du drückst den Knopf ... weil es deine Aufgabe ist.

    Wenn du es mit deinem Gewissen nicht vereinbaren kannst, bewerbe dich auf keinen Fall bei einer Armee.


    Wenn du etwas auf die Meinung und Ansehen in den Augen anderer gibst, lass es sein.

    Soldaten stehen nicht besonders hoch im Ansehen bei der Zivilbevölkerung. Das hat sich in den letzten 40 Jahren nicht geändert.


    Wenn du viel Wert auf Selbstbestimmung und Individualität legst, ist ein Job bei der Bundeswehr nichts für dich.

    Du wirst Regeln und Vorschriften gehorchen müssen, deren Sinn du eventuell nicht erkennen kannst. Deine Meinung bleibt oft unberücksichtigt und auch ein paar deiner Grundrechte legst du mit Unterzeichnung des Vertrages ab.


    ABER

    Soldaten helfen auch in Notsituationen im Landesinnern

    In den 1980er Jahren haben sich Bundeswehrräumpanzer durch die Schneemassen gekämpft und Autobahnen geräumt, damit die Versorgung der Bevölkerung weiterhin gesichert blieb. Zivile Schneefräsen und -Räumfahrzeuge waren technisch dazu in der Lage.


    Als es in Sachsen und anderen Bundesländern verheerende Überschwemmungen gab, haben sich Tausende von Soldaten freiwillig für Hilfseinsätze gemeldet. Gemeinsam mit den zivilen Kräften haben sie rund um die Uhr Dämme repariert, Notdämme erstellt, die Bevölkerung in Sicherheit gebracht oder versorgt.


    Während der Corona-Epidemie hat die Bundeswehr medizinische Hilfe in Hotspot-Regionen geleistet, weil die zivilen Ressourcen dafür nicht ausreichend waren.


    Auch im Ausland wird geholfen

    Auch in Auslandseinsätzen besteht eine der Hauptaufgaben darin, Menschen zu schützen und teilweise auch die Versorgung dort wieder herzustellen.


    Die Bundeswehr fliegt medizinische Ausrüstung und Proviant in Krisengebiete und unterstützt aktiv die dortige Bevölkerung.


    Manche Fachleute der Bundeswehr bleiben auch Jahre vor Ort, um der Bevölkerung Wissen zu vermitteln, damit sie ihr Leben wieder selbst meistern können. Dabei handelt es sich in der Regel um Wiederaufbauhilfe, die der zivilen Bevölkerung zugute kommt.


    Ich hoffe, dieses Thema kann etwas zur Entscheidungsfindung beitragen, wenn jemand sich ernsthaft damit beschäftigt, bei der Bundeswehr zu arbeiten.



    PS:

    Ich habe mich heute Morgen mit zwei anderen Soldaten unterhalten. Der Eine war im Kampfeinsatz in Saudi-Arabien und in Afghanistan nach einigen Verwundungen war er nicht mehr diensttauglich und sein Vertrag wurde deshalb beendet.

    Der andere ist im aktiven Dienst, jedoch keine Kampftruppe, und wartet auf seine Bestätigung zu einer anderen Laufbahn.

    Da Jeder ein Jahrzehnt nach dem anderen bei der Truppe war, stellten wir fest, dass sich die Behandlung der Soldaten innerhalb der Bundeswehr kontinuierlich verändert/verbessert hat.

    Sie nähert sich immer weiter einem "ganz normalen zivilen Job" - aber es bestehen doch weiterhin gravierende Unterschiede.

  • Soldaten stehen nicht besonders hoch im Ansehen bei der Zivilbevölkerung.

    Das ist (d)eine sehr subjektive Meinung. Nur weil nicht jeder den Job machen will, heißt es nicht, dass den Leuten keinen Respekt zugewiesen wird.


    Anders sieht es antürlich mit politischen Entscheidungsträgern aus, welche die Bundeswehr haben kaputberaten lassen und nun auf einem technisch fragwürdigen Stand ist, welcher eher noch belächelt wird. Das hat jedoch nichts wirklich etwas mit der Haltung zu normalen Soldaten zu tun.

    "Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein:
    sie muß zur Anerkennung führen.
    Dulden heißt beleidigen."
    Johann Wolfgang von Goethe


    Jeder ist gleichermaßen individuell.


    Man kann nicht sterben, ohne gelebt zu haben.

  • Natürlich kann das immer nur ein individueller Eindruck sein.


    Zu Zeiten der Wehrpflicht und im "Kalten Krieg" war die Bundeswehr bis zu 800.000 Mann stark.

    Es gab kaum Familien, in denen nicht ein Sohn oder Vater bei der Bundeswehr gewesen ist. Die Akzeptanz in der Bevölkerung war dadurch relativ hoch.


    Obwohl sich der Einsatz damals auf die reine Landesverteidigung beschränkte, hieß es aber auch damals schon "Soldaten sind Mörder".

    ...

    Nachdem aus BRD+DDR eine "gemeinsame Bundesrepublik" wurde, hätte eine "gemeinsame Bundeswehr" noch viel mehr Ansehen genossen - auch weil sie nicht nur ein Vorzeigeobjekt gewesen wäre, sondern wirklich effektiv hätte sein können.

    Da es aber kein "Feindbild" mehr gab, war eine noch größere Bundeswehr nicht nötig. In den folgenden Jahren wurde die Bundeswehr extrem weit reduziert und hat heute nur noch eine Sollstärke von 150.000 Mann.

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    Mit "friedlicheren Zeiten" begannen dann aber auch die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Wer sich jetzt freiwillig verpflichtete, musste nun damit rechnen, auch wirklich in den Krieg ziehen zu müssen - und das nicht mehr nur zur Verteidigung des eigenen Landes.


    Das Ansehen der Soldaten wandelte sich.

    Jetzt wurden sie nicht mehr nur zum Töten für den vagen Fall, dass Deutschland in einen Krieg verwickelt wird, ausgebildet. Jetzt mussten sie diese Fähigkeiten auch einsetzen, wenn es in Deutschland keinen Krieg gibt.


    Die Soldaten, die aus Afghanistan zurückkehrten, wurden zum Beispiel auf dem Flughafen von einem Mob mit "Frauen- und Kindermörder-Rufen" begrüßt.

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    Bei 83 Millionen Einwohnern und einer Durchschnittfamilie mit 3 Personen, gibt es nur noch in jeder 184. Familie einen aktiven Soldaten.

    Was die Soldaten wirklich machen und wie sie leben, wird immer mehr zum Hörensagen. Man hat viel zu viel Distanz zu ihnen.


    In der jüngeren Vergangenheit wurden immer mehr Rufe laut, die Bundeswehrt doch komplett abzuschaffen.

    Die Akzeptanz, dass eine Bundeswehr immer noch nötig ist, ist immer weiter gesunken.


    Trotzdem man jetzt wirklich mal eine "wirklich verteidigungsfähige Armee" brauchen könnte, weht der Bundeswehr immer noch mehr Ablehnung entgegen.


    Man sollte immer stolz auf den eigenen Beruf sein. Als Soldat sollte man jedoch nicht damit rechnen, dass auch der Rest der Bevölkerung den Sinn deines Berufes versteht.


    Da es hier um einen soldatischen Arbeitsplatz bei der Bundeswehr geht, möchte ich deshalb einfach vor falschen Illusionen warnen.