Was die Triage-Situation ist

  • Im Normalfall versucht man, jedes Leben zu retten. Dabei ist es unwichtig, wie alt, jung oder leistungsfähig der Patient ist. Jedes Leben ist lebenswert, egal wie lange es normalerweise noch dauern könnte.


    Wenn man jedoch nur die Möglichkeit hat, eins von zwei Leben zu retten, sieht die Lage schon anders aus:

    Hier rettet man dann eher die Person, die im Normalfall noch länger zu leben hätte.

    "Die Person hat das ganze Leben noch vor sich."

    Die Entscheidung für die jüngere Person wird auch gesellschaftlich akzeptiert. Ältere lassen oft auch freiwillig Jüngeren den Vortritt. Die jüngere Person ist für die Gesellschaft eben viel wichtiger.


    Im Zusammenhang mit Kriegen, Katastrophen und Epidemien ist oft auch von einer "Triage-Situation" die Rede. 

    So eine Situation entsteht, wenn man nur so begrenzte Kapazitäten hat, dass man nur einen kleinen Teil der Patienten retten kann.


    Man teilt die Patienten in drei Gruppe auf :

    1 ) - leichter Fall und schnell zu retten

    2) - mittelschwerer Fall mit hohen Überlebenschancen

    3) - schwerer Fall mit schlechten Überlebenschancen


    Gruppe 1) Rein, raus, fertig

    Man kann Massen von solchen Fällen behandeln - sofern die Ressourcen dafür ausreichen.

    Leichte Fälle kann man jedoch auch teilweise unbehandelt lassen. Die Heilung dauert dann zwar länger, aber man spart dringend nötige Ressourcen für andere Fälle


    Gruppe 2) Es dauert zwar länger, lohnt sich aber trotzdem

    Man setzt alle nötigen Ressourcen ein und hat die Gewissheit, dass sie nicht komplett nutzlos verwendet wurden. Der größte Teil der Patienten wird überleben


    Gruppe 3) Hoffnungsloser Fall

    Der Patient ist so unheilbar krank, dass er ein Mehrfaches der knappen Ressourcen verbrauchen würde, ohne dass dadurch auch seine Überlebenschancen steigen könnten.

    Die eingesetzten Ressourcen sind verloren. Sie hätten aber viele andere aus den anderen beiden Gruppen noch retten können.

    Patienten aus der dritten Gruppe werden daher nicht mehr behandelt.


    In Kriegen wurden (und werden) Verwundete nach diesem "Dreier-System" (Triage) einsortiert,

    Ein Arzt untersucht den Verwundeten kurz und entscheidet dann, zu welcher Gruppe der Verwundete gehört. Entsprechend markiert (verschiedenfarbige Zettel oder Binden) werden die Patienten dann voneinander getrennt.

    Patienten der Gruppe 3 werden dort gesammelt, wo sie sich weitab von allen anderen befinden. Dort versterben sie dann in der Regel über Kurz oder Lang.


    Wenn eine Triage-Situation eintritt, geht es nicht mehr nach Moral und Ethik.

    Dann zählt nur noch, wie viele Ressourcen mit welchem Ergebnis aufgewendet werden müssen, um möglichst viele Menschen zu retten.


    Der Arzt muss rein sachlich Entscheidungen treffen, welche Menschen gerettet werden sollen und welche nicht.


    "Widerspricht das nicht dem Eid des Hippokrates ?"

    Ganz allgemein kann man den Eid so auslegen, dass sich ein Arzt dazu verpflichtet, so viele Menschen wie möglich zu heilen und zu retten - ohne dabei auf seinen eigenen Vorteil bedacht zu sein.

    Diesen "Eid" gibt es übrigens gar nicht wirklich. Es ist nur eine Art von Ehrenkodex, gegen den ein Arzt aber auch nicht verstößt, wenn er in einer Triage-Situation entscheiden muss.


    PS:

    Wenn man hört, dass bei manchen Katastrophen einige Menschen auf Betten in den Gängen liegen müssen und sich kein Arzt um sie kümmert, so handelt es sich auch dort um eine Triage-Situation. Die Menschen in den Gängen haben keine Chancen mehr und werden deshalb nach dorthin ausgesondert.


    Wer an einen Gott glaubt, sollte lieber darum beten, dass er nie in eine Triage-Situation kommt.

    Er müsste darüber entscheiden, welcher Mensch leben darf und wer sterben muss - oder sehen, dass ein anderer Mensch stirbt, damit sein eigenes Leben gerettet werden kann.