Was man über modernes Bahnfahren wissen sollte

  • Wer täglich mit der Bahn unterwegs ist, für den wird vieles längst bekannt sein. Wer jedoch nach langer "Schienen-Abstinenz" mal wieder Bahn fahren will, der kann viele Überraschungen erleben.


    Ich zähle erst einmal die Unterschiede zu "früher" auf.


    1) Die meisten kleinen Bahnhöfe bestehen nur noch aus dem Bahnsteig und einem Ortsschild

    In der Mehrzahl sind die Bahnhöfe schon vor langer Zeit verkauft worden und dienen anderen Zwecken.


    2) Fahrkarten sind ein Relikt aus "besseren Zeiten"

    Fahrkartenschalter finden sich an kleinen Bahnhöfen nicht mehr und auch die Fahrkartenautomaten werden zunehmend abgeschafft. Heutzutage bucht man im Internet und kann sich (noch) das Ticket in Papierform nach Hause senden lassen.

    Das elektronische Ticket (auf dem Handy oder per Mail als PDF) ist die "neue Norm".


    3) Bahnhofsdurchsagen sind an kleinen Bahnhöfen Mangelware geworden

    Man muss sich zunehmend selbst informieren, welcher Zug gerade einläuft. Die Durchsage "bitte von der Bahnsteigkante zurücktreten" wird man auch nur noch selten hören.

    Ein akustisches Signal von den Türen weist darauf hin, dass der Zug gleich abfahren wird. Spätestens dann sollte man hinter die durchgezogene Linie zurück treten, wenn man nicht einsteigen möchte.


    4) Man darf den Bahnsteig oft nur noch betreten, wenn man ein Ticket hat.

    Das soll verhindern, dass sich Leute dort aufhalten, die nicht mit dem Zug reisen wollen. An Manchen Bahnhöfen sind sogar extra Schranken, durch die man nur mit einem Ticket kommt oder man muss eine Bahnsteiggebühr zahlen.


    5) In den Zügen gibt es oft keine Fahrkartenautomaten.

    An den Türen steht oft angeschlagen, dass man den Zug nicht ohne eine gültige Fahrkarte betreten darf. Wer also kein Ticket hat, ist automatisch schon einmal ein Schwarzfahrer. Die Zugbegleiter (früher Schaffner genannt) sind keine "menschlichen Kassen" mehr, bei denen man sich problemlos ein Ticket kaufen kann.



    Wie man ein "modernes Ticket" bekommt


    Gehe (vorzugsweise mit dem Smartphone) ins Internet und gib in eine Suchmaschine deine gesuchte Verbindung ein

    Du wirst viele Reseller finden, die dir eine günstige Verbindung anbieten. Manchmal sind sie günstiger als die Tarife auf der Seite der Bahn.


    Wenn ein Ticket scheinbar "nicht mehr verfügbar" ist, suche erneut

    Die Aussage über die Verfügbarkeit kann, muss aber nicht stimmen. Oft gibt es die scheinbar "ausverkauften" Tickets trotzdem noch oder erheblich günstigere als dir angeboten werden.


    Gezahlt wird online

    Die Bahnunternehmen bieten verschiedene Zahlungsmöglichkeiten an. Du brauchst mindestens ein Bankkonto, das für die Online-Nutzung freigeschaltet ist


    Ticket auf das Handy, per Mail oder auf Papier ?

    - Papier ist "sicher" - wenn noch genügend Zeit bleibt, dass der Brief auch ankommen kann, bevor du losfahren musst.

    - Per Mail kannst du dir das Ticket auch selbst ausdrucken und/oder es auf dem Handy speichern. Es ist also noch sicherer, weil du es doppelt hast

    - Nur auf das Handy ist sehr bequem. Es gibt aber eventuell ein kleines Problem, auf das ich gleich noch eingehen werde.


    Mein persönlicher Tipp dazu:

    Ruhig die App des Bahnunternehmens installieren und dort das elektronische Ticket speichern. Die Apps haben noch ein paar Vorteile, die das Reisen bequemer machen. Parallel dazu kann man sich das Ticket auch noch zusätzlich per Mail senden lassen.


    Was bieten die Apps der Bahnunternehmen als Vorteil ?

    - Erinnerungsfunktionen

    - Reisepläne

    - Streckeninformationen

    - Informationen über den aktuellen Stand der Reise

    - Ticket ist in der App gespeichert

    - Man kann sich selbst in den Zug "einchecken"


    Was bedeutet es, wenn man sich selbst "einchecken" kann ?

    Du steigst in der Zug ein, nimmst Platz und gibst einfach in der App ein, wo du Platz genommen hast. Damit "entwertest" du dein Ticket. Diese Information wird an die Zugbegleiter gesendet. Sie müssen dich nicht mehr kontrollieren und auch dein elektronisches Ticket nicht mehr scannen und "entwerten".

    Wenn du trotzdem noch kontrolliert werden sollst, genügt ein Hinweis wie z.B. "bin schon eingecheckt". Die Zugbegleiter können dann auf ihr Gerät schauen und sehen, dass/ob das auch stimmt. Schon hat sich die Kontrolle erledigt.

    Du musst also Ticket oder Handy nicht mehr griffbereit haben.


    Bereite dich darauf vor, dass dein Handy nicht immer ein Netz findet.

    Auch wenn es anders behauptet wird: Nicht alle Netze sind gleich gut ausgebaut. Aktuell sind WLAN und Mobilfunk-Repeater noch relativ selten in Zügen zu finden.

    Wenn du erreichbar sein musst, solltest du auf jeden Fall ein Smartphone mit einer Dual-Sim haben. Besorge dir für weite Zugreisen mindestens die Prepaid-Karte eines anderen Netzbetreibers. Wenn ein Netz nicht verfügbar ist, kannst du auf die andere Karte umschalten.

    Hat dein Handy kein Dual-Sim, steckst du in solchen Fällen eben die andere Karte ein. Vergiss das "Öffnungswerkzeug" für die "Sim-Schublade" deines Smartphones nicht.


    Der Nachteil elektronischer Tickets und wie man ihn vermeidet

    Der Nachteil ist, dass dein Ticket darauf basiert, dass dein Smartphone auch genügend Strom hat, um dich zu gegebener Zeit selbst einzucecken oder es vorzeigen zu können. Ohne Strom kein Ticket.


    Unterwegs verbraucht dein Handy viel mehr Strom als normalerweise

    Wenn du im Zug WLAN hast, ist der Verbrauch höher, weil dein Handy immer wieder Kontakt aufnimmt. WLAN ist aber nicht überall vorhanden. In dem Fall sucht das Handy immer wieder neu nach den Sendemasten deines Netzbetreibers.


    An vielen Strecken gibt es keinerlei Mobilfunkverbindungen. In Tunnel dringt das Signal nicht hinein.

    Sobald du kein Netz mehr hast, erhöht das Handy seine Leistung um noch irgendwas empfangen zu können.


    Immer wenn das Handy in den Bereich eines neuen Mobilfunkmasten kommt, sendet es Signale, damit es dort eingeloggt wird. Beim Senden verbraucht das Handy erheblich mehr Strom als wenn es immer in der gleichen Zelle bliebe.


    Wenn du während der Fahrt im Internet bist, erhöht sich der Verbrauch noch weiter, weil das Handy dann zusätzlich die Sende- und Empfangsleistung steigern muss, um alles "durch zu bekommen". Es geht sozusagen auf "Dauersenden", bis es endlich einen Mobilfunkmasten gefunden hat, der das Signal weiter leitet.


    Nimm eine genügend große Powerbank mit

    Eine "Powerbank" ist ein Zusatz-Akku, den man vorher am normalen Stromnetz geladen hat. Bei Bedarf steckt man dann einfach ein normales Ladekabel vom Handy an.


    Bei entsprechender Streckenführung und erhöhtem Verbrauch, kann dein Handy-Akku pro Stunde schon einmal locker bis zu 30% an Kapazität verlieren. Nach einer 3stündigen Reise, kann der Akku des Handys also schlagartig leer sein. Lass es nicht dazu kommen, sondern lade es rechtzeitig mit der Powerbank nach.


    Nimm zusätzlich noch ein Ladegerät/Netzteil zum Aufladen mit

    In ICE gibt es ganz normale Steckdosen, die man zum Betrieb und Laden von Handys, Tablets und Notebooks benutzen darf. Über dein normales Netzteil kann der Handy-Akku oft schneller geladen werden als über eine Powerbank. Gleichzeitig kannst du damit oft auch deine Powerbank wieder nachladen.


    Was ist, wenn man keine Powerbank hat ?

    Falls du noch ein altes abgelegtes anderes Smartphone hast, nimm das auch (voll geladen) mit. Sorge dafür, dass du damit auch deine Mails abrufen kannst.

    Wenn dein normales Smartphone keinen Strom mehr hat, kannst du deine Mobilfunkkarte in das alte Gerät stecken. Jetzt kannst du immer noch auf das Ticket zugreifen, dass du dir auf deine Mailadresse hast senden lassen. Natürlich ist das auch eine Sicherheit, wenn dein normales Handy plötzlich einen Defekt bekommt oder gestohlen wird.


    Ich hoffe, dass hier einige hilfreiche Tipps dabei waren.

    .....

    Ich habe gestern unvorbereitet eine längere Bahnfahrt hinter mich gebracht, bei der das fast alles passiert ist. Da andere Mitreisende auch plötzlich Probleme mit dem Akku bekamen, kann man davon ausgehen, dass der erhöhte Stromverbrauch durchaus unabhängig vom Gerät oder dem jeweiligen Netz ist. Ein Totalausfall aller Netze kam öfters vor. Da hilft es auch nicht, wenn man mehrere Mobilfunkkarten parallel im Einsatz hat.