Die vielen Haken der Elektromobilität

  • Deutschland plant, in einigen Jahren rund 80% des Strombedarfs durch alternative Energien zu erzeugen. Das genaue Jahr spielt eigentlich keine Rolle. Das Ökostrom-Ziel basiert auf dem aktuellen Stromverbrauch. Im Ziel sind keine zusätzlichen Verbräuche kalkuliert.

    Da aber auch Heizungen und Industrieanlagen auf Strom umgestellt werden soll, wird auch dafür extrem viel Strom benötigt. Strom, der erst einmal erzeugt werden muss.


    Doch bleiben wir bei der Elektromobilität


    Der Stromverbrauch der E-Fahrzeuge muss zusätzlich zum bisherigen Stromverbrauch erzeugt werden.

    Es wird davon ausgegangen, dass zukünftige Fahrzeugbesitzer ihren Strom durch Solaranlagen auf dem Dach des Hauses selbst erzeugen.


    Schaut euch einmal die Berechnungen unter Photovoltaik Leistung: pro Tag, Modul und Fläche | Echtsolar an.

    In der Tabelle >> Photovoltaik-Leistung pro Tag und Monat<< könnt ihr sehen, dass eine PV-Anlage im Juli gerade einmal 4,3 kWh am Tag erzeugt. Bei einem Stromverbrauch von nur 15 kWh pro 100 Kilometer, würde es also fast 4 Tage brauchen, bis der Akku das E-Autos Strom für 100 Km geladen hat.

    Im Dezember schafft die Anlage gerade noch 0.5 kWh am Tag und es würde fast einen Monat brauchen, bis man Solarstrom für 100 Km zusammen hat.


    Eine Solaranlage deren Leistung als "super" bezeichnet wird, kann im Jahr 1.100 kWh Strom erzeugen. Das ist der Strom für 73 x 100 Km Fahrleistung = 7.300 Kilometer. Die durchschnittliche Fahrleistung liegt bei 12.000-15.000 Kilometer pro Jahr.

    Bei einer jährlichen Fahrleistung von nur 7.300 Kilometern wird schon jetzt allgemein davon abgeraten, überhaupt ein eigenes Fahrzeug zu haben. Bei einem E-Auto lohnt es sich noch viel weniger, wenn man es nur über die eigene Solaranlage "betanken" wollte. Die Anlage selbst kostet ja auch noch einige Tausend Euro.


    Der Großteil der Fahrzeugbesitzer hat kein eigenes Haus

    Man muss den Fahrzeug-Akku also mit normalen Haushaltsstrom laden. Wenn es keine Ladeverluste geben würde (siehe dazu das Thema Ist ein E-Auto wirklich billiger als ein Benziner ? ) würde man also 15 kWh bür 100 Kilometer laden müssen. 1 kWh kostet aktuell in Deutschland bis zu 35 Cent. Tendenz steigend.

    Im Link ist zu ersehen, dass 18,75 kWh geladen werden müssen, um 15 kWh im Akku zu haben. Aktuelle Stromkosten 6,56 Euro pro 100 Kilometer.


    Gibt es keine Lademöglichkeit am/im Haus, muss man öffentliche Ladestellen nutzen

    Die Betreiber solcher Ladepunkte verlangen mittlerweile 69 Cent pro kWh - nicht bis zu, sondern mindestens. 100 Kilometer kosten damit dann 12,93 Euro.

    An der Autobahn kann 1 kWh aktuell auch bis zu 1,40 Euro pro kWh kosten. Schon kosten 100 Kilometer 26,25 Euro.


    Damit Elektromobilität überhaupt noch bezahlbar bleibt, ist in Planung, die Kosten an öffentlichen Ladestellen auf einen bestimmten Wert zu begrenzen.


    Viele Städte bestehen aus älteren Häusern und sind so dicht bebaut, dass es nicht möglich ist, genügend öffentliche Ladepunkte für alle zur Verfügung zu stellen.

    In meiner Kreisstadt gibt es gerade einmal öffentliche Ladepunkte für 6 Fahrzeuge gleichzeitig. Als ich eben tanken war, wurden 10 Fahrzeuge in ca. 15 Minuten an dieser Tankstelle betankt. In der Stadt selbst gibt es 17 Tankstellen.

    Ihr könnt euch gerne ausrechnen, wie viele Ladepunkte nötig wären oder wie lange es dauern würde, bis man alle Fahrzeuge der Stadt geladen bzw. "mit Strom betankt" hätte.


    Eine neue Idee (aus den 1970er Jahren) ist, Straßenlaternen auch als Ladepunkte zu benutzen

    Die Idee ist eigentlich genial für alle, die den Wagen draußen parken müssen. Kabel raus, zur nächsten Laterne ziehen und am nächsten Morgen ... ist der Akku immer noch leer, das Ladekabel aber weg.


    Es ist auch noch kein Kraut gegen Vandalen gewachsen, die einfach die Ladekabel durchschneiden.

    Es nutzt alles nichts. Elektromobilität in der Masse ist in der Stadt mangels sicheren und öffentlichen Lademöglichkeiten nicht möglich


    Schauen wir nun auf's Land. Vielleicht ist dort ja alles viel besser ?

    Ich kenne eine Kleinstadt, in der regelmäßig mehrere Teslas friedlich nebeneinander an den 3 Ladepunkten stehen. Viel mehr Lademöglichkeiten als in meiner x Mal so großen Kreisstadt. Die nächste Stadt mit öffentlichen Ladestellen ist aber 30 Kilometer entfernt.

    Lebt man mitten zwischen den Städten, muss man immer erst 15 Kilometer fahren, dort einige Stunden laden und dann auch wieder 15 Kilometer zurück.

    Diese 15 Kilometer fehlen schon an Reichweite und damit man wieder zur Ladestelle kommt, muss auch noch genug Strom für weitere 15 Kilometer verbraucht werden.

    E-Autos der Mittelklasse mit "hoher Reichweite" schaffen nach WLP rund 300 Kilometer. Bei ihnen gehen also schon 10% der Gesamtreichweiter nur wegen des Ladens verloren.

    Kann man sich nur ein kleines (oder altes) E-Auto leisten, muss man sich mit realen 110 Kilometern Reichweite begnügen. 30 Kilometer nur um den Akku zu laden ? Da macht das E-Auto schon gar keinen Sinn mehr.


    Laden an Supermärkten

    Supermärkte bauen zunehmend mehr Lademöglichkeiten ein. Das Laden ist zwar mittlerweile immer seltener kostenlos, aber von der Erreichbarkeit des nächsten Ladepunktes wäre es ja eigentlich ideal.

    Man geht einkaufen und zwischendurch "tankt der Wagen den Akku voll".


    Laden auf Reisen/Langstrecke

    In Tests unter realen Bedingungen, bei 130 km/h auf der Autobahn, erreichten E-Autos im besten Fall gerade einmal 60% der angegebenen WLP-Reichweite. Die nicht so guten Wagen schafften gerade einmal 40%.


    Die angeblichen Ladegeschwindigkeiten werden in der Realität auch nicht erreicht. Nur ganz selten gibt es Ladepunkte, die mit der, in der Werbung angegebenen, Stromstärke laden. Real werden aus Werbung mit "20 Minuten laden für 100 Km" am Ende doch mehr als eine Stunde Stillstand. Je mehr gleichzeitig laden, desto länger dauert es - einfach weil die Ladestellen nicht alle gleichzeitig mit der vollen Maximalleistung versorgen.


    E-Fahren ist nichts für Eilige

    Wer schnell fährt, kommt nicht weit und muss öfters laden. Laden dauert länger als man durch schnelles Fahren vorher gewonnen hat. Nur wer mäßig schnell fährt - höchstens vielleicht LKW-Tempo - schafft die angegebene Reichweite, bevor er laden muss. Aber auch für ihn kommt dann die lange Zwangspause zum Laden.


    Viel zu hoher Stromverbrauch durch zu hohes Eigengewicht

    Akkus wiegen aktuell noch sehr viel. E-Autos liegen gewichtsmäßig oft schon nahe der Grenze für einen heutigen PKW-Führerschein. Mit weit über 2 Tonnen Eigengewicht verbrauchen sie sehr viel Energie um "das Trum" überhaupt zum Rollen zu bekommen.


    Moderne E-Autos können das Stromnetz zu stabilisieren

    Die Firma VW ist stolz darauf, dass der neue ID.5 schon diese Technik enthält. Wird Strom zur Netzstabilisierung benötigt, wird der Strom aus E-Autos entnommen und bei schwacher Last wieder zurück geladen.


    Dümmster Fall:

    Du willst vor einer Reise den Akku noch einmal laden, damit du die volle Reichweite hast. Als du starten willst, stellst du fest, dass du satt der erwarteten 80% gerade einmal 40% Akkuladung hast. Dein Strom wurde für die Stabilisierung des Netzes gebraucht. Du bekommst ihn ja wieder zurück - aber das dauert noch ein paar Stunden.

    Deine Reiseplanung kannst du vergessen. Deine Termine wirst du nicht einhalten können. Der Flieger oder die Fähre ist weg. Der Check-In ins Hotel ist vorbei.


    Stand November 2021:

    E-Autos sind aktuell (noch) nicht massentauglich. Es fehlt an genügend Lademöglichkeiten und die Fahrzeuge sind eher für den Kurzstreckeneinsatz geeignet, bei dem man vielleicht einmal im Monat den Akku laden muss.

    Die immer weiter steigenden Stromkosten + der Abbau der Subventionen für private Ladeeinrichtungen machen E-Autos zunehmend uninteresssanter, da die Kosten immer weiter steigen - ohne dass man etwas dagegen machen könnte.


    PS:

    Ich würde gerne E-Auto fahren. Würde man mir jedoch heute eins schenken wollen, müsste ich es dankend ablehnen. Ich habe keine Chance, den Akku zu laden.

  • Der unten verlinkte Artikel weist auf die gleichen Probleme hin, die ich selbst auch als Ausschlusskriterium für eine Massenverbreitung von E-Autos genannt hatte.


    Eine Aussicht, die fast alle Probleme lösen könnte, wären Autos, die ihren Strom selbst erzeugen können. Die Entwicklung scheint schon sehr weit fortgeschritten zu sein, wenn man https://1e9.community/t/solarf…ektroauto-wird-realitaet/ glauben möchte.


    Man muss leider jedoch auch diese frohen Botschaften skeptisch sehen: Was schon bei einer Solaranlage auf dem Haus nicht effizient genug ist, wird auch beim Auto selbst zu Problemen führen: In DACH sind die Wetterbedingungen nicht optimal für Solarfahrzeuge.

    Nicht umsonst ist das E-Auto aus den Niederlanden nicht auf dem Breitengrad geblieben, sondern die Testfahrt ging in Richtung Süden. Jeder Kilometer Richtung Süden brachte eine höhere Sonneneinstrahlung, die die Solarmodule in immer mehr Energie umsetzen konnten.


    In umgekehrter Fahrtrichtung hätte eine solche Reichweite nie erreicht werden können.