LIVE ist nicht wirklich live

  • Wer etwas "live" anschauen möchte, sollte das wenn möglich direkt vor Ort machen. Wenn man sich etwas im TV oder über Streams anschaut, gibt es nämlich immer mehr oder weniger Verzögerung.


    Bei Fußballspielen hört man den Nachbarn schon jubeln oder heulen, während man selbst noch nichts Außergewöhnliches feststellen kann.

    Man selbst erfährt es dann einige Zeit später.


    Silvester-Countdowns bekommt man erst mit, wenn das neue Jahr schon längst angefangen hat.

    Hier spielt es dann aber keine Rolle, ob man in der Nähe ist oder ganz weit weg davon.


    Der Grund dafür ist, dass jede Übertragungsart auch immer eine andere Verzögerung hat.


    1) per Satellit

    Das Signal muss erst zum Satelliten abgestrahlt werden. Danach macht es sich vom Satellit auf den Weg zum Empfänger. Satellit bzw. Empfangsgerät müssen das Signal dann ins passende Format bringen.

    Das alles kostet seine Zeit, die dann die spätere Verzögerung beim Zuschauen ist.


    2) per Kabelempfang

    Kabelempfang ist noch einmal langsamer als der Empfang per Satellit. Das Programm wird nämlich über Sat-Schüsseln empfangen und dann erst ins Netz eingespeist.


    3) per Internet

    Hier wird "das Signal" in einen Computer eingespeist und an den Netzbetreiber (ISP) übermittelt. Der gibt es dann an großer Serversysteme (Backbones) weiter, die es dann an weitere Backbones weiter reichen. Am Ende kommt es dann im Netz des ISP an, in dem es dann weiter verteilt wird.


    Unzählige Computer geben die Datenpakete (mehrfachredundant) an immer neue Computer weiter. Verbindungsaufbau, Handshake (Verbindung ist etabliert), Transmission, Handshake (Daten sind alle vollzählig angekommen) Verbindung geschlossen.

    Jetzt beginnt die Übertragung an den nächsten Computer oder Netzbetreiber.


    Aus Millisekunden werden auf diese Art dann bis zu mehreren Minuten Verzögerung.


    4) per Mobilfunknetz

    Das Mobilfunknetz bezieht die Daten auch aus dem Internet. Die Übertragung erfolgt per Kabel an/von einzelnen Sendemasten. Die tatsächliche Übertragungsgeschwindigkeit ist abhängig von der Auslastung der einzelnen Zelle.


    Hier kommt es dann durchaus zu noch weiteren Verzögerungen.


    5) Antenne

    Die Sender strahlen das Signal per Funk vom Übertragungswagen an die nächste Sendeanstalt. Das Signal geht danach ohne weitere Umwege direkt an die Sendemasten und parallel auch zu allen anderen Sendeanstalten.

    Zugelassene Sendeanstalten nutzen ein speziell für sie reserviertes Frequenzband sodass es da keine Verzögerung durch abweichende Netzbelastung gibt.


    Hier hat man dann die schnellste Verbreitung, die man dann auch wirklich als "live" bezeichnen könnte.


    Ist die Verzögerung von der Entfernung abhängig?

    Ich habe eben mit jemanden telefoniert, der nur 100 Km vom Ausstrahlungsort entfernt ist. Trotz meiner Entfernung von über 8000 Km dorthin, habe ich es zur gleichen Zeit gesehen... mit 2 Minuten Verspätung.

    Grundsätzlich kann man also sagen, dass es nicht von der Entfernung abhängig ist.


    In diesem Fall spielte die Art des Empfangs auch keine Rolle. Auf der anderen Seite ist man per Festnetzkabel im Netz und ich war über Mobilfunk drin. Die Verzögerung muss also schon "direkt an der Quelle" stattgefunden haben.


    Kann man das von sich aus etwas beschleunigen?

    Nur wenn man es schafft, die Sendung möglichst direkt vom "Ausstrahler" zu erhalten. Professionelle Sender werden jedoch die maximale Sendekapazität und Geschwindigkeit auf Business-Verbindungen konzentrieren. Erst danach kommen alle anderen.

    Der "direkte Draht" muss also nicht immer auch die schnellste Verbindung sein.


    Nun viel Vergnügen beim nächsten "LIVE" Zuschauen.


    PS:

    Wenn es irgendwelche Countdowns gibt: Schaut besser auf die Uhr, damit ihr richtig mitzählen könnt.