Die Südzucker AG hat offiziell bekannt gegeben, dass die beiden Zuckerfabriken in der Lausitz und in Ostwestfalen geschossen werden.
Grund dafür ist, dass Zucker zu billig geworden ist. Durch die Schließung beider Fabriken will man die Gesamtmenge an Zucker am Markt verknappen, damit der Preis wieder steigt.
In Brandenburg werden 90 Angestellte arbeitslos werden. In Ostwestfalen werden 60 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Das hört sich relativ wenig an. Die Auswirkungen sind jedoch viel größer.
In Ostwestfalen, in der Soester Börde, Süd-Niedersachsen und Nordhessen werden sich rund 800 Landwirte komplett umstellen müssen. Hierbei handelt es sich aber nicht um "kleine Bauern", sondern um Großbetriebe, die auf unzähligen Hektar an Fläche nur Zuckerrüben anbauen.
Auch in Mühlberg werden auf Hunderten von Hektar Zuckerrüben angebaut. Auch hier werden viele Landwirte ihre Existenzgrundlage verlieren.
Damit man mal eine Größenordnung hat...
Die Zuckerfabriken verarbeiten pro Standort bis zu 800.000 Tonnen Zuckerrüben im Jahr. Das sind 32.000 40-Tonner-LKW-Ladungen !
Quellenangaben für die Fakten:
https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/zucker-warburg-suedzucker-zuckerruebe-100.html
https://www.lz.de/ueberregional/owl/22364308_Warburger-Zuckerfabrik-wird-geschlossen.html
Da die Meldung für beide Standorte völlig überraschend kam, sind die Regionen natürlich jetzt völlig entsetzt. Die Landwirte müssen neue Pflanzen anbauen, die sich dann später auch noch vermarkten lassen. Auf schweren Zuckerrüben-Böden wächst nicht alles. Kartoffeln Weizen, Roggen, Mais ... vielleicht noch ein paar wenige Pflanzen mehr.
Es ist aber nicht mit der Produktionsumstellung getan.
Die Erntemaschinen für Zuckerrüben haben schlagartig keinen Wert mehr. Die Meldung bedeutet einen wirtschaftlichen Totalverlust dieser speziellen Maschinenparks.
Aber auch die schweren Zugmaschinen lassen sich oft nicht weiter verwenden. Die Traktoren im Wert von 80.000 - 110.000 Euro können nicht mehr ausgelastet werden.
Die ganze Logistik muss umgestellt werden.
Zuckerrüben sind einzeln relativ voluminös. Zum Transport braucht man möglichst große Anhänger. Das Transportgewicht ist dabei aber verhältnismäßig gering.
Für Körnerfrüchte kann man die großen Anhänger nicht mehr benutzen, weil ihnen die nötige Stabilität und Traglast fehlt. Wenn,dann müsste man sie immer nur zum Teil befüllen .. nachdem man sie entsprechend umgebaut hat.
Die Lagerung muss neu geplant und gebaut werden
Zuckerrüben lagert man in großen Dimmen im Freien oder in Lagerhallen. Kartoffeln muss man nach der Einlagerung einige Wochen lang mit Gebläsen trocknen, damit sie nicht faulen. Werden sie dann zur Verarbeitung abgeholt, braucht man mobile Förderbänder und Schaufelsysteme, die viel feiner ausgelegt sind als die für Zuckerrüben.
Ich habe einige Jahre lang tagtäglich miterleben können, wie ein Zuckerrüben- und Kartoffelbauer seine Feldfrüchte einlagerte und auslagerte und welchen Aufwand er dabei betreiben musste.
Als er sich dann auf seinen Ruhestand vorbereitete, schaffte er erst die Rüben und dann die Kartoffeln ab. Um seinen Maschinenpark loszuwerden, brauchte er noch einige Jahre. Nur einen großen Schlepper hat er als Allzweckmaschine behalten.
Was dieser kleine Landwirt ganz in Ruhe und mit langem Vorlauf planen und umsetzen konnte, müssen die Zuckerrüben-Landwirten jetzt innerhalb von nur einem Jahr schaffen. ... aber ....
Eigentlich haben sie gar kein Jahr Zeit dafür.
2019 soll es eine letzte "Rübenkampagne" geben. Die Landwirte können oder müssen ihren Fahrpark also noch ein letztes Mal einsetzen. Die Kampagne 2018 endete erst vor kurzem im Januar 2019.
Die Zuckerfabriken werden also 2020 den Betrieb einstellen.
Das Problem ist aber, dass man nicht verschiedene Arten von Feldfrüchten gleichzeitig auf der gleichen Fläche anbauen kann. Baut man ein letztes Mal Zuckerrüben an, hat man nicht die Fläche nicht mehr für andere Früchte.
Die Landwirte müssen sich also entscheiden, ob sie noch ein letztes Mal bekannte Erträge mitnehmen wollen oder ob sie schon dieses Jahr umstellen und zusehen, dass sie möglichst schnell alles umorganisieren.
Nicht erst nächstes Jahr stehen die Entscheidungen an, sondern bereits jetzt und in diesem Frühjahr. Es bleiben nur wenige Wochen, bis man sie getroffen haben muss.
PS:
Ich bin kein Landwirt. Manche Infos zur Landwirtschaft mögen dadurch nicht ganz korrekt sein. Ein Fachmann wird daran wahrscheinlich noch viel auszusetzen haben. Mi ging es vorrangig darum, die riesigen Probleme aufzuzeigen, vor denen die Landwirte jetzt schlagartig gestellt werden .