9-Euro-Ticket: Lohnt sich oder nicht ?

  • Einmal 9 Euro zahlen und dafür dann den ganzen Monat mit regionalem öffentlichen Nahverkehr fahren können. Das gilt dann für die Monate Juni, Juli und August 2022.


    Kurzstrecke

    Ich persönlich muss für die einfache Fahrt zur Arbeit 3,90 Euro zahlen, weil ich dabei die Stadtgrenze überquere. Täglich wären das also 7,80 Euro. Hole ich mir ein Monatsticket, wären es rund 120 Euro. Für das gleiche Geld kann ich (bei 2,10€/Liter) 57 Liter Benzin tanken.

    Damit würde ich rund 800 Kilometer weit fahren können. Den ÖPNV würde ich dafür jedoch nur rund 200 Km nutzen.

    Für ein 9-Euro-Ticket würde ich jedoch nur rund 4,25 Liter Sprit bekommen.


    ÖPNV schlägt auf Kurzstrecke die Fahrt mit dem eigenen Wagen :thumpup:

    Dafür kann man gut und gerne auch in Kauf nehmen, dass man jeden Tag 2 Stunden länger unterwegs ist.


    Langstrecke

    Das Auto brauche ich vorwiegend für eine längere Strecke, die ich regelmäßig fahren muss.

    Wollte ich morgen früh am Ziel sein, müsste ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln nachher um kurz nach 0:00 Uhr abfahren. 6 Stunden später wäre ich dann am am ersten rund 300 Kilometer entfernten Zwischenziel. Dann noch 1 Stunde mit dem Bus und nach 7 Stunden bin ich endlich da.

    Die einfache Fahrt kostet mich dann rund 60 Euro.

    Dafür würde ich 28,5 Liter Benzin bekommen, würde jedoch nur 21 Liter verbrauchen und wäre in 3 Stunden am Ziel.

    Auf Langstrecke schlägt der Wagen den ÖPNV also sowohl in Sachen Kosten als auch im Zeitaufwand.


    Mit dem 9-Euro-Ticket fahren ich zwar weiterhin mehr als doppelt so lang, spare dabei jedoch 35 Euro bei einer einfachen Fahrt. Hin und zurück dann sogar 79 Euro und mit jeder weiteren Fahrt dann weitere 44 Euro usw.

    Finanziell würde es sich also auf jeden Fall lohnen, den Wagen stehen zu lassen. .. aber .. ich fahre nur samstags die Strecke, um dann schon am nächsten Tag wieder zurück zu müssen.

    Während der Anwesenheit dort, muss ich hellwach und auch leistungsfähig sein.

    Das kann ich leider nicht, wenn ich vorher schon 7 Stunden per ÖPNV gefahren bin, bei dem ich 4 Mal umsteigen musste... Schlafen kommt also nicht infrage.


    ÖPNV schlägt zwar das eigene Auto in punkto Kosten, ist aber wegen der langen Fahrtzeit keine Alternative :thumpd:

    Innerhalb von maximal 30 Stunden 14 Stunden im ÖPNV sitzen = 16 Stunden Anwesenheit. Dazwischen muss man ja noch etwas schlafen. Schon bleiben nur noch 8 Stunden, in denen man überhaupt etwas machen kann.

    Mit dem eigenen Wagen habe ich 6 Stunden Fahrzeit und 24 Stunden Anwesenheit ~ doppelte Zeit in der ich dort etwas machen kann.


    Ob sich Langstrecke lohnt, kommt immer auf die Verbindung an. Bei gut erreichbaren Orten lohnt es sich. Schlecht an den ÖPNV angebundene Orte sind jedoch dann außen vor.


    9-Euro-Ticket nutzen, um mal dorthin zu kommen, wo man sonst nicht hinkommen kann

    Es gibt viele Städte, zu denen ich nicht fahre, weil es mit dem Auto eigentlich zu teuer ist. ÖPNV nutze ich nicht, weil die noch teurer dahin sind. Leider habe ich aber nicht die Zeit, das 9-Euro-Ticket dafür zu nutzen. Schade, sonst wäre es eine gute Gelegenheit :thumpup:


    9-Euro-Ticket nutzen, um sich Fußwege zu sparen.

    Es ist ja eigentlich nicht Sinn der Sache, dass man dadurch die eigene Faulheit stärkt. Dadurch würde die Umwelt ja mehr belastet, als man sie normalerweise belasten würde. :thumpd:

    Für einen Familienausflug mit Kindern kann es aber eine gute Lösung sein.


    Heute ist der 24. Mai 2020. Ab dem 1. Juni kann man mit den Tickets fahren. 

    Muss man sich beeilen, damit man überhaupt noch eins bekommt ?

    Nein. Das ist keine limitierte Sonderaktion. Jeder, der ein Ticket will, muss auch eins bekommen. Also nicht nervös machen lassen. Es sind genügend Tickets da.


    Was wäre, wenn es das Ticket unbegrenzt geben würde ?

    Der ÖPNV ist gar nicht mehr dafür ausgelegt. Es gibt nicht genügend Fahrzeuge, um das dauerhaft managen zu können. Gleichzeitig gibt es immer noch viel zu viele Regionen, in denen ÖPNV keine Alternative ist, weil es einfach nicht genügend Verbindungen gibt.


    PS:

    Ich habe noch eine Zeit kennengelernt, in der die ÖPNV-Verbindungen erheblich besser waren. In den Bahnhöfen konnte man gut und gerne die Wartezeit verbringen indem, man sich einfach mal hinsetzte und einen Kaffee im Bahnhofsrestaurant bestellte und dabei einfach mal eine "Stulle" aß. In den Zügen gab es Speisewagen, in denen man die Fahrt auch mal luxuriös verbringen konnte.  

    Selbst auf den Dörfern fuhren die Bahn- und Postbusse im Halbstundentakt zur nächsten Stadt.

    Damals gab es wenig Individualverkehr. Man war auf den ÖPNV angewiesen und der war auch entsprechend gut ausgebaut.


    Die Bahnhöfe von damals sind heute verwaist. Wenn man Pech hat, gibt es gerade noch einen Unterstand am Gleis und einen Fahrkartenautomaten ... oder man steht komplett im Freien und muss sich mit dem Handy eine Fahrkarte besorgen.

    Busse fahren höchstens noch im Stundentakt und ab 17 Uhr kommt man manchmal auch nicht mehr weiter. Keine guten Voraussetzungen, um vom eigenem Auto auf den ÖPNV umzusteigen.