Aufstieg und Untergang einer Internet-Seite

  • Ich möchte einmal vom Werdegang einer Seite berichte.
    Der Name ist nicht so wichtig, sondern eher die Lehren die man daraus ziehen kann.


    Ich nenne sie jetzt einfach mal "XYZ-Seite".


    Der Werdegang der Seite.


    Der Beginn
    Wie viele privaten Seiten, begann auch XYZ auf einem Freehoster. Man muss erst einmal etwas Übung haben und sehen, ob man in der Lage ist, die Technik zu beherrschen.
    Die Gründer setzten sich wochenlang zusammen und testeten Tag und Nacht herum .. bis sie sich dann entschlossen, die Seite "zu öffnen". XYZ wurde geboren.

    Die Bekanntmachungsphase

    XYZ war, wie jede andere Seite, natürlich bestrebt, möglichst schnell in die Suchmaschinen zu kommen um neue Mitglieder zu gewinnen. Damit man das schaffte, schrieben alle User "auf Teufel komm raus" täglich unzählige Beiträge.
    Dann war es soweit, dass sich XYZ traute, erstmalig an einem Beliebtheitswettbewerb teilzunehmen.


    Mit relativ wenigen Usern schaffte sie es, dieses Voting zu gewinnen. Dazu opferten die Mitglieder sogar Urlaub und Schlaf. Das pünktliche Abstimmen für die eigene Seite war "Ehrensache".
    Und während die anderen Teilnehmerseiten während des Contests allmählich nachließen, konnten die User von XYZ immer mehr Stimmen und Voter gewinnen.
    Es war ein regelrechter "Hipe"... der schließlich dazu führte, dass ich die kleine XYZ-Seite als Sieger durchsetzte und den begehrten Preis gewann.


    Die Boom-Phase
    Der Seitenbesitzer von XYZ hatte etwas entwickelt, was es bisher in dieser Form noch nicht gab. Er stellte es der Öffentlichkeit vor.. und hatte "den Treffer des Jahrhunderts" gelandet.
    Innerhalb weniger Monate fanden sich mehr als 1000 neue User ein ... die natürlich sein "Produkt" haben wollten.
    Mit dem Produkt änderte sich auch der Inhalt der Seite: Aus einer "Allerweltsseite" wurde eine "Spezialseite" die durch und für dieses Produkt berühmt wurde.

    Stagnation

    Jedes Produkt veraltet irgendwann einmal. Das bedeutet, dass es zwangsweise weiter entwickelt werden muss. Das kostet viel Arbeit und Zeit. Während dieser Entwicklungszeit stagnierte die Userzahl, da man die Neuentwicklung unbedingt brauchte.
    Die alte Version konnte nicht mehr benutzt werden.
    Mit der Einstellung des Produktes begann auch die Wartezeit für die User. Und je länger man wartete, desto größer wurde auch der Frust.

    Der Anfang vom Ende

    Es dauerte sehr sehr sehr lange Zeit, bis endlich verkündet wurde, dass das neue Produkt in Kürze bereitstehen würde. Alles fieberte sozusagen in freudiger Erwartung dem Erscheinungsdatum entgegen .. endlich sollte es weiter gehen.
    Dann kam die Hiobsbotschaft, dass der Entwickler und Seitenbetreiber scheinbar irgendeinen Unfall hatte.


    Anfänglich hatten alle Mitglieder noch Verständnis aufgebracht. Schließlich kann jeden plötzlich ein Unfall ereilen. Mit der Zeit wuchs jedoch der Frust. Dem Team von XYZ wurde unterstellt, dass es absichtlich die Entwicklung zurückhalten würde und dass es mit dem Seitenbetreiber "unter einer Decke" stecken würde.
    Das Team wusste jedoch selbst nicht mehr als die User. Die Verbindung zum Seitenbetreiber war urplötzlich abgerissen.


    Das Ende
    Nach vielen Monaten Abwesenheit des Seitenbetreibers und völlig ohne irgendwie geartete Informationen, bekennt das Team plötzlich Farbe:
    Das Team war weder an der Entwicklung beteiligt, noch hat es die Möglichkeit, auf alte oder neue Versionen zuzugreifen. Obwohl das Team aus Moderatoren und Admins bestand, hatte es jedoch kaum mehr Rechte als die User selbst.
    Die Seite XYZ kann durch das Team weder technisch noch anders kontrolliert werden, weil ihm dazu einfach die nötigen Berechtigungsstufen fehlen. Diese hatte nur der verschollene Seitenbetreiber.


    Zum "schlechten Schluss" erfahren die User vom Team, dass sich der Seitenbesitzer augenscheinlich bester Gesundheit erfreut und auch immer wieder woanders im Internet auftaucht. Er hat sein Team also "einfach sitzengelassen".


    Die Seite XYZ hatte nun nur noch kurze Zeit "zu leben" . Jeder konnte sich ausrechnen, wann der Webspace nicht mehr bezahlt und die Domain von XYZ frei werden würde. Es gab keinen Grund mehr, sich für die Seite zu engagieren oder auf ihr zu schreiben.
    Alles würde in kurzer Zeit verloren sein.


    Das Erbe lebt weiter
    Und so geschah es dann auch. Die Seite verschwand plötzlich aus dem Internet. Nur wer den Namen des "Produktes" in eine Suchmaschine eingab, der konnte noch erfahren, dass es diese Seite je gegeben hatte. Die Links führten natürlich ins Leere... und so wurden sie auch als "dead links" aus dem Suchmaschinen langsam entfernt.


    Doch HALT .. die Domain wurde schließlich von einem Anderen gekauft. DER konnte jetzt vom noch vorhandenen Ruf der Seite profitieren. Er machte zwar etwas ganz Anderes, aber seine Seitenadresse hatte in den Suchmaschinen noch einen sehr hohen Stellenwert. Er profitierte von der jahrelangen Arbeit vieler Hundert User der Seite XYZ. XYZ war wiedergeboren.. udn msuste nicht noch einmal von Vorne anfangen... nur die User werden nicht die Gleiche sein.


    Und noch Einige profitierten vom Untergang der Seite. ... die, die das Produkt schon hatten.
    Sie entfernten alle Urheberrechtshinweise aus dem Code (es handelte sich bei dem Produkt um Software) und entwickelten es weiter bzw. gaben es als eigene Entwicklung aus.
    Nun gab es das Produkt endlich wieder. Da es aber sehr viele einfach kopiert und als Eigenes ausgaben, gab es jetzt auch nicht mehr nur eine einzige Quelle (die versiegen konnte), sondern plötzlich Tausende Anlaufstellen.

    Der Seitenbetreiber und Urheber schaute übrigens "in die Röhre".

    Seine Copyright-Vermerke bestanden immer aus seinem Internet-Spitznamen und dem Namen seiner Seite.
    Wie sollte er nun beweisen, dass er wirklich der Urheber war ? Es gelang ihm natürlich nie.
    Die Seite war Vergangeheit und der Name gehörte längst einem Anderen. Im ge3genteil musste der eigentliche Urheber nun sogar aufpassen, dass er nicht selber Probleme bekam.
    Der neue Besitzer des Seitennamens war mit dem Seitennamen nämlich auch zu den Urheberrechten gekommen, da diese ja den Namen der Seite enthielten. Den Gegenbeweis konnte der eigentliche Urheber nie anführen.


    Am Ende hatten alle die Arbeit von vielen Jahren verloren... und nur die "Erben" profitierten davon.


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    Diese "kleine Erzählung" beruht auf dem Werdegang einer Seite. Sie skizziert einige Stationen. Ich muss jedoch darauf aufmerksam machen, dass auch einige Stellen "Ausschmückungen" enthalten, die nicht mit dieser Seite zusammenhängen.


    Sie soll einfach mal Positives und Negatives beschreiben .. sowohl wie man eine Seite "hochbringen" kann, als auch wie man eine Seite "herunterwirtschaften" kann.


    Die positiven Punkte waren natürlich, dass die User alle ein gemeinsames Ziel hatten und nur durch ihre gemeinsames Ziel auch das schafften was normalerweise unmöglich gewesen wäre.
    Der nächste positive Punkt war dann natürlich auch das einzigartige Produkt, das es nur auf dieser Seite gab.


    Negativ war natürlich die Stagnationsphase. Diese lässt sich aber nicht immer vermeiden. Man muss sie dann aber so kurz wie möglich halten. Es nutzt einfach nichts, wenn man zwar "auf dem Blatt" x Tausend User hat .. aber am Ende keiner mehr die Seite aufruft, weil es dort nicht weiter geht.
    Der schlimmste Fehler war aber, dass die Seite einfach "aufgegeben" wurde, ohne dass man den "Mitwirkenden" Informationen zukommen ließ.


    Dass am Ende nur Andere die "lachenden Dritten" waren .. das liegt allein daran, dass man wirklich alles mit der Seite verknüpft hatte.
    Jedes Recht wurde an den Namen der Seite gebunden .. und nicht am Entwickler selbst.
    Die selbst entwickelte Software hätte man also ohne rechtliche Probleme später dort weiter anbieten können.. schließlich war es immer noch der gleiche Seitenname, der in den Programmcodes als "Urheber" bezeichnet wurde.


    Merke:
    Genehmigungen, Erlaubnisse und Urheberrechte lässt man immer mit einer natürlichen Person (oder Firma) verbinden. Ist der Seitenname verloren, sind sonst oft auch die entsprechenden Rechte plötzlich nicht mehr wiederzubringen.


    Und es ist natürlich jedem Seitenbetreiber klar:
    Wenn man eine Seite aufgibt, meldet man sich zumindestens ein letztes Mal bei seinen Mitgliedern und dankt ihnen dafür, dass sie so lange mitgewirkt haben. Denn ohne sie wäre so eine Seite nie entstanden.
    (Von dieser moralischen Pflicht entbindet nur der eigene unverhoffte Tod.)


    Nachtrag 17.11.20111
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