Inkassofirmen: Zahlen oder nicht ?

  • Wenn man einen Brief von einer Inkassofirma bekommt, wird man wahrscheinlich erst zusammen zucken und sich fragen, was da los ist.
    Die Schreiben klingen ja immer so, als wenn sie von einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft kommen würden. Der Tenor ist immer "Du musst zahlen !"


    1) Von wem kommt das Schreiben eigentlich wirklich ?
    Eine Inkassofirma ist eine Firma wie jede andere auch. Sie hat nicht mehr Rechte als du sie hättest, wenn dir jemand Geld schuldet. Hör also auf "vor Erfurcht zu zittern".


    2) Wie arbeitet eine Inkassofirma eigentlich ?
    Inkassofirmen kaufen "uneinbringliche Forderungen" auf. Wenn ein Gläubiger keine Chance sieht, sein Geld zu bekommen, verkauft er seine Forderungen zum Beispiel an ein Inkasso-Unternehmen.
    Die zahlen ihm zwar nur einen Bruchteil von dem, was der Schuldner schuldet "aber besser als nichts".


    Nun schreibt die Inkassofirma den Schuldner an und bittet ihn, seine Schulden ab jetzt an sie zu bezahlen.
    Zahlt der Schuldner sofort, hat die Inkassofirma den Unterschiedsbetrag zwischen Schulden und dem, was sie dafür bezahlt haben, als Gewinn.


    Natürlich kann man davon keinen wirklichen Gewinn machen. Das Schreiben selbst kostet ja auch noch Arbeit usw.
    Das wird dem Schuldner dann auch in Rechnung gestellt.
    Wenn sich ein Vorgang lange genug hinzieht, entstehen an zusätzlichen Gebühren so hohe Summen, dass es sich für das Inkassounternehmen "so richtig lohnt".


    3) Was kann man machen ?
    Zuerst einmal prüfen "Schulde ich wirklich jemanden Geld ?" In dem Fall natürlich möglichst sofort bezahlen.
    Fragt aber auch bei eigentlichen Gläubiger nach, ob ihr eventuell doch an ihn direkt zahlen dürft.


    Manchmal haben Inkassofirmen nämlich auch nur den Auftrag, den Schuldner "zum Aufgeben" zu überreden. Dafür bekommen sie dann eine vorher vereinbarte Summe. Der eigentliche Gläubiger kann aber den Auftrag auch als beendet erklären.
    In dem Fall bekommt die Firma ihr vereinbartes Geld und den Rest klärst du dann mit deinem eigentlichen Gläubiger.
    Weil der aber (fast immer) weniger an das Inkassounternehmen bezahlt als es von dir direkt verlangt, kommt dich das bedeutend billiger.


    Es ist also manchmal einfach nur Verhandlungssache, an wen du zahlst und wie viel. Am Ende ist es aber wichtig "Wenn du wem etwas schuldest, zahle die Schulden".


    Es gibt aber auch den Fall, bei dem du eigentlich gar keine Schulden hast und trotzdem eine Forderung bekommst.
    Nur weil jemand sagt, du hättest Schulden bei ihm, muss das trotzdem nicht wahr sein .


    Setz dich mit einem Fachmann zusammen und lasse dich von ihm beraten. Dann folge seinem Rat.


    Verlasse dich nicht auf "Ratgeber im Internet"
    - Damit habe ich mich gerade meiner eigenen Glaubwürdigkeit beraubt. Ich bin hier ja selber einer :joker:
    Es ist aber so, dass man jeden Fall einzeln prüfen muss. Irgendwelche Musterschreiben können deshalb durchaus mehr schaden als nutzen.



    4) Was sollte man auf gar keinen Fall machen ?


    Ohne vorherige Beratung
    - Schuldanerkenntnis unterschreiben
    - Ratenzahlungspläne unterschreiben
    - Geld zahlen
    - Irgendetwas bestätigen


    Manchmal sind Forderungen schon lange verjährt. Das bedeutet, dass du sie nicht mehr bezahlen musst. Wenn du dann etwas unterschreibst oder etwas zahlst, "hemmt das die Verjährung" und schon beginnt sie erneut von vorne.


    Manchmal sind Forderungen aber auch komplett unberechtigt. Wieso sollst du etwas zahlen, was du nicht schuldest ?
    Jede Zahlung und jede Unterschrift kann dazu führen, dass du eine unberechtigte Forderung anerkennst.
    Plötzlich wird aus dem "muss ich nicht zahlen" ein "Du hast ja gesagt. Nun zahle auch".


    5) Man sollte sich auch nie einschüchtern lassen


    Da ist eine Firma. Die "kann dir nichts". Sie kann dich maximal vor Gericht zerren oder dir (unter entsprechenden Umständen) einen Gerichtsvollzieher senden.
    Du kannst also eventuelle Drohbriefe, die etwas anderes behaupten wollen, gemütlich lächelnd zur Seite legen.


    - Du wirst nicht von der Polizei abgeführt
    - Du gehst nicht ins Gefängnis
    - Du bist nicht vorbestraft
    - Du bekommst keine negative Schufa
    - Dein Bankkonto wird nicht gesperrt


    So lange es keine Gerichtsurteile gibt, sind Schulden nicht wirklich nachgewiesen. Eine Firma kann weder Polizei noch Bank mit einspannen, um dir dein Konto zu pfänden oder das Geld eintreiben zu lassen.


    Die Drohung mit der Schufa ist oft nur eine leere Drohung. Zur Schufa hat nicht jeder Zugang und wer Zugang hat, kann dort nicht alleine für eine negative Schufa sorgen.
    Die Schufa listet nur auf, dass/wenn/ob du deine Zahlungsverpflichtungen generell/regelmäßig erfüllst.



    [hr]
    Wie oben schon erwähnt, kann (und darf) man im Internet keinen unentgeltlichen rechtlichen Rat geben, außer man wäre ein Anwalt.
    Was ich hier schreibe, unterliegt also eher der "persönlichen Meinung" als dass es als wirklicher Rat anzusehen wäre.


    Ohne "Fachmann" würde ich mich auch nicht mit Forderungen einer Inkassofirma auseinander setzen... und das sagt jemand, der einige Jahre lang täglich beruflich mit solchen Sachen zu tun hatte.
    Manchmal reicht eine falsche Formulierung aus, um alles zunichte zu machen, was man (mit den richtigen Worten) problemlos "abgebogen" hätte.
    Das gilt sogar dann, wenn man eigentlich im Recht ist.


    Zitat


    "Recht haben und Recht bekommen sind zwei völlig verschiedene Dinge.
    Nicht jeder der Recht hat, bekommt auch später sein Recht zugesprochen"



    Ich hoffe, dieses Thema konnte euch die Angst vor Inkassofirmen und ihren Schreiben nehmen. Bleibt sachlich und verfallt nicht in Panik. Holt euch Rat bei den Verbraucherschützern oder bei einem Anwalt. :gut-ani: