Handeln spart Geld

  • Zitat

    "Wozu soll ich denn handeln ? Der Preis steht drauf. Ich bin doch nicht auf einem Wochenmarkt oder Basar. "


    Ja-ja.. so waren sie einmal .. die "typischen Deutschen" , die noch an "Zucht und Ordnung und Obrigkeit" glaubten und alles "als Gesetz nahmen" , nur weil es "geschrieben steht".


    Ich glaube, diese "typischen Deutschen" sollte man mal in einem Museum ausstellen. Dort gehören sie nämlich hin, weil sie einfach nur noch ein Anachronismus sind. Es gibt sie nämlich nicht mehr.


    Ich stand lange "hinter der Ladentheke". War Einkäufer für Firmen und habe selbst auch "unverbindlichen Preisempfehlungen" ( = UVP) von Herstellerseite herausgegeben. Natürlich war ich auch immer parallel dazu noch normaler Verbraucher.


    Als Verkäufer war es anfangs ganz ungewohnt, dass Kunden plötzlich über einen Preis verhandeln wollten. (es war noch "ganz neu in Deutschland" ). Als Einkäufer wurde es dann zur Gewohnheit, dass ich nicht einfach jeden Preis akzeptierte, sondern immer noch einmal nachfragte. Auf Herstellerseite wurde ich dann selbst immer wieder in Verhandlungen verstrickt.


    Aus Berufserfahrung heraus kann ich sagen:
    Wer nicht versucht zu handeln, verschenkt freiwillig Geld.


    Je teurer ein Produkt ist, desto mehr lohnt es sich, das Preisschild nur als "groben Richtwert" zu nehmen.
    Es ist eben der "Wunschpreis des Händlers". Wie er ihn kalkuliert, hat uns als Verbraucher nicht zu interessieren.


    Der "Wunschpreis" besteht in der Regel aus einer Mischkalkulation:
    1 Teil bezahlt den "vollen Preis" und der andere Teil der Kunden handelt einen günstigeren Preis aus. Für den Händler bleibt dann der "übliche Durchschnitt" übrig.


    Wenn der Preis niedriger als bei den Mitbewerbern angesetzt ist, so bedeutet es aber nicht, dass der Händler schon den "üblichen Mittelwert" angesetzt hat.
    Es kann sein, dass er dadurch nur einen Vorteil gegenüber seinen Mitbewerbern haben will.
    Es gibt einfach immer noch zu viele Kunden, die dahin gehen, wo es billiger ist... anstatt beim höherpreisigen Mitbewerber auch mal nach einem anderen Preis zu fragen.


    Wer oft "Sale % " anbietet, zeigt, dass er in der Regel einen hohen Verhandlungsspielraum hat.
    Glaubst du wirklich, der Händler würde dir bei solchen Aktionen Geld schenken, weil er dir was Gutes tun will ?
    OK, dann hast du bisher noch nicht verstanden, dass solche Aktionen nicht zu deinem Vorteil sein sollen... sondern zum Vorteil des Händlers.


    Wer regelmäßig die Preise senkt, macht sich in meinen Augen schon verdächtig: Verdächtig, dass er bei seinen "normalen Preisen" schon sehr viel Nachlass kalkuliert hat oder dass sie eben nur als "Vergleichswert" dienen, damit man sieht, was man "gespart hat".


    Wo kann man handeln ?
    Eigentlich überall, wo Preise ausgezeichnet sind und bei dem man direkt auf eine Person trifft, die die Berechtigung dazu hat, auch selbst kalkulieren zu dürfen.
    Hierzu gibt es übrigens schon bei der Berufsbezeichnung einen Hinweis:
    Kassierer = Seine Aufgabe ist das Kassieren, nicht das Handeln
    Verkäufer = Sein Wirkungsbereich ist das reine Verkaufen. Als sogenannter "Handelsgehilfe" kann es aber sein, dass er einen kleinen Spielraum eingeräumt bekommen hat und natürlich weiß er auch, was demnächst günstiger sein wird.
    Kaufmann = Er hat alles Kaufmännische lernen müssen. Als Kaufmann eingestellt, hat er auch entsprechende Vollmachten erhalten.

    Kann man bei einem Discounter handeln ?

    Selten oder nur im "Tricks-Rahmen". Die Preise werden durch die Konzern- oder Filialleitung kalkuliert. Die Mitarbeiter besitzen daher ( aus organisatorischen Gründen) keinen Verhandlungsspielraum mehr. Sie können aber für "Vorführware" durchaus noch "einen anderen Preis kennen".


    Kann man bei einer Ladenkette handeln ?
    Wenn die Filialen eigenverantwortlich geleitet werden , sind sie aus Kundensicht wie ein einzelnes Geschäft zu betrachten = Ja, man kann handeln

    Kann man bei einem Einzelhandelsgeschäft handeln ?

    Ja. Einzelgeschäfte erteilen ihren Mitarbeitern in der Regel die Vollmacht dazu, im gewissen Rahmen kalkulatorisch tätig zu sein.


    Discounter = Eine Vielzahl aus einzelnen Filialen, die von einer gemeinsamen Zentrale geleitet werden. Alle haben identische Preise.
    Ladenkette = Eine kleinere Menge an Filialen, die jeweils von der Filialleitung eigenverantwortlich betrieben werden, jedoch in der offiziellen Preisauszeichnung überein stimmen.
    Einkaufskette = Einzelne Händler, die unter dem Zeichen der Einkaufskette formiert sind. Sonderaktionen werden gemeinsam durchgeführt.. aber nur bei den teilnehmenden Händlern.
    Franchise-Kette = Einzelne Unternehmer, die sich nach den Vorgaben einer Franchise-Zentrale richten, aber eigenverantworltich sind.


    Um erkennen zu können, ob es sich um einen Einkaufsverbund, einen Discounter, eine Ladenkette usw. handelt , muss man sich natürlich erst einmal über die jeweilige Firma informieren.


    Hier einige Beispiele:
    EDEKA und REWE sind z.B. keine Discounterketten. Die Händler sind selbstständige Kaufleute. Es gibt eine Konzernzentrale, die die Waren einkauft und die UVP herausgibt, jedoch ist es den Händlern möglich, eigenständig zu kalkulieren. Die Preise innerhalb dieser Frimierung müssen nicht unbedingt identisch sein. Deshalb sind sie zum Beispiel bei "Dorfläden" oft leicht höher als in Großstädten mit hoher Zahl an Mitbewerbern.


    Euronics und Expert sind nur Einkaufsketten. Viele Händler haben sich zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammen geschlossen. Bis auf Sonderaktionen .. bei denen ihnen die Teilnahme freigestellt ist ... handeln sie in der Regel wie ein Einzelgeschäft. Der gemeinsame Auftritt stärkt aber ihre Marktstellung und Image.


    Manche Informationen gelangen aber nicht an die Öffentlichkeit oder man muss sie sich selbst hart erarbeiten.
    Wer hätte gedacht, dass die "großen Konkurrenten" Saturn und Mediamarkt, die sich in der Werbung gegenseitig bekämpfen, eigentlich "irgendwie miteinander zu tun haben" müssen ?
    Beide haben exakt den gleichen Firmensitz (Wankelstraße 5 , 85046 Ingolstadt) ... es gibt eigentlich keinen Grund, weshalb zwei "Erzfeinde" sich unter der gleichen Konzernadresse einmieten... oooder ? ;)


    Persönlich habe ich beruflich Zugriff auf sehr viele Daten, wie bekannte (und scheinbar unabhängige) Firmen miteinander verstrickt sind. ... und ich wundere mich immer wieder über die Vielfalt. Die Daten stammen von den Firmen selbst und sind oft nicht einzeln oder auf anderen Wegen recherchierbar. Natürlich darf ich diese Kombinationen nicht weiter geben (ich wüsste sie auch nicht auswendig).
    Man bekommt aber sehr viel über Firmen heraus, wenn man sich "einfach nur einmal Gedanken macht". (sieh oben "Satrun und Mediamarkt")


    Allgemein kann man sagen: Ein Versuch, zu handeln, schadet nicht.


    Wie handelt man richtig ?
    Die Zeiten als man nach einem "Stammkunden-Rabatt" oder "Hauspreis" fragen musste, sind lange vorbei. Die Rabatt- und Zugabeverordnungen wurden längst gelockert.


    Man muss beim Handeln immer daran denken, dass der Händler natürlich vorzugsweise seine ausgezeichneten Preise haben möchte.
    Du bist eine Ausnahme !


    1) Nicht in typischen Stoßzeiten
    Dein Gegenüber soll einen "vernünftigen Preis" ausrechnen und anbieten. Dazu braucht er Zeit.


    2) Nicht wenn andere dabei stehen
    Du willst deinen "persönlichen Preis" haben. Der Händler wird es nicht akzeptieren, wenn er einen Preis macht, den alle Zuhörer dann gleichzeitig haben wollen. Er macht (nur für dich) eine besondere Ausnahme von den ausgezeichneten Preisen.


    3) Nicht mit Prozentzahlen handeln
    In "alten Zeiten" waren 5-10% als Nachlass üblich und 2-3 % Skonto durchaus auch machbar. Diese Nachlässe wurden aber auch schon vorher entsprechend auf das gesamte Sortiment kalkuliert.
    Heute sind die Preise oft schon "härter kalkuliert", so dass prozentual nicht mehr so viel Spielraum bleibt.


    Denke und handel nicht in Prozentzahlen, sondern nur in Euros.
    10% hört sich IMMER erst einmal wenig an . Man will automatisch einen höheren Wert sehen. Wie sieht es denn aber aus wenn du sagenhafte 15 Euros sparst ? Natürlich viel besser .. auch wenn das auch "nur 10%" von einem UVP von 150 Euros sind ;)


    Schlag deinem Gegenüber also einen konkreten Betrag in Euro und Cents vor.


    4) Bleib realistisch
    Bei geringen Werten kannst du keinen hohen "Nachlass" erwarten. Versuch also keine Abschläge von umgerechnet 30-50% zu erreichen. Auf einem "richtigen Basar im Orient" erwarten die Händler, dass du handelst. Es ist für sie fast schon eine Beleidigung, wenn du den Preis einfach akzeptierst oder nicht gut genug handelst.


    Ich schreibe hier aber für "deutsche Verhältnisse".
    Hier herrscht eine andere Mentalität. Nicht das Handeln ist der "Lebenszweck des Händlers", sondern das Ergebnis.


    5) Alles ist einmal vorbei
    Die Zeit des Händlers ist begrenzt. Er hat auch noch andere Aufgaben. Wenn er zum Ausdruck bringt, dass das sein letztes Angebot war, dann nerve ihn nicht unnötig weiter.
    Die Standpunkte sind klar und jetzt ist es an dir, dass du überlegst, ob du auf sein Angebot eingehen willst oder nicht.


    Wie lange gilt ein ausgehandelter Preis ?
    Zunächst einmal nur so lange, wie du im Laden bist. Rein rechtlich hast du nach dem Verlassen keinen Anspruch mehr darauf. "Usus" (üblich) ist es aber, dass man den Preis bis zum Ende des Tages gültig lässt .. doch das ist nicht immer ganz sicher.
    Man sollte sicherheitshalber (bei sehr guten Angeboten) nachfragen, wie lange der Preis gültig sein soll.


    Wenn der Preis länger gültig sein soll, lass ihn dir eben aufschreiben und mit einem Gültigkeitsdatum versehen.
    Das ist nützlich, wenn dein Gegenüber am Kauftag nicht da ist oder er vergessen hat, welches Angebot er dir gemacht hat.


    Ein "schriftliches Angebot" ohne Gültigkeitsdatum ist nicht automatisch auch unbegrenzt gültig.
    Die "übliche Gültigkeit" variiert je nach Branche. Wenn du dann "zu spät kommst" und der Preis nicht mehr gültig ist, dann fangen den Verhandlungen eben noch einmal von vorne an.. denn du musst den neuen Preis nicht auch automatisch auch akzeptieren.


    Kann sich der Händler weigern, an mich zu verkaufen ?
    Ja, ganz eindeutig. Der Händler kann sich seine Kunden aussuchen. Er kann nicht gezwungen werden, an wirklich alle Kunden und in jeder Menge zu verkaufen.

    Warum ist das so ?

    Selbstschutz. Sonst könnte seine "Konkurrenz" ein Angebot bei ihm komplett aufkaufen. Wenn er dann "nichts mehr hat", kann die Konkurrenz ihn mit seinen eigenen Produkten aus dem Markt drängen und so eine Monopolstellung einnehmen.
    Gleichzeitig möchte ein Händler natürlich auch möglichst viele Kunden haben und nicht möglichst viel an einen einzelnen Kunden zum "Dumpingpreis verhökern".


    Deshalb gibt es oft auch kleine Hinweise wie "Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen"
    Was aber "haushaltsüblich" ist, das wird nirgendwo eindeutig definiert.
    Wer also jede Woche 20 Pakete Toilettenpapier kauft, für den ist diese Menge "haushaltsüblich" und ein Vorrat von 2 Wochen auch noch. Natürlich wird der Händler dann "dumm gucken", weil 40 Pakete ja eine "heftige Menge" sind, die eventuell seinen Vorrat plündern.
    Aber... naja ... in einem solchen Extremfall hat man garantiert noch einen Kassenbon dabei, der zeigt, dass man immer so viel kauft.
    Jetzt kann der Händler sehen, dass es für dich ganz normal ist .. wird aber natürlich um Verständnis bitten, dass er diese Menge nicht auf einmal abgeben kann. Dann sollte man auch Verständnis haben und sich über die Menge einigen.


    Kann ich so eine "Mengenbegrenzung" umgehen ?
    Wenn ein Händler "nicht einsichtig" ist, würde ich es mir persönlich überlegen, wo ich in Zukunft einkaufe. Für den Händler gibt es aber "kein Argument", wenn du Freunde, Bekannte und Verwandte bittest, dir eine "haushaltsübliche Menge" mitzubringen.


    Bei welchen Produkten und zu welcher Zeit lohnt sich Handeln am Meisten ?
    Saisonprodukte (z.B. Kleidung), Technik .. kurz vor Ablösung durch eine neue Kollektion/Serie
    Verderbliche Produkte .. wenn sie unansehnlich werden oder das MHD erreicht haben
    Große Mengen einzelner Produkte .... mit "Mengenrabatt" argumentieren .. oder nachfragen, aber welcher Menge ein besserer Preis eingeräumt wird.


    Außergewöhnliches
    Sogenannte "Eye catcher" werden oft nur zu Präsentationszwecken ins Programm genommen. Sie sollen Aufmerksamkeit wecken. Das Einkaufsziel ist nicht unbedingt, dieses Produkt in großer Zahl zu verkaufen.
    Aber auch so ein Produkt muss irgendwann einmal "weg gehen". Da es "zu außergewöhnlich" ist, kann man oft auch einen sehr guten Preis aushandeln.


    Doch Vorsicht ! Das Produkt sollte nicht später als Gebrauchtprodukt wieder weiter verkauft werden sollen .. denn dann muss man selbst auch "sehen wie man es los wird". Gerade in der Autobranche bedeuten "teure Sonderlackierungen" später einen Zusatzverlust. Es finden sich keine Käufer und wer es wirklich nimmt, der wird es eventuell umlackieren müssen und diese Zusatzkosten vorher heraus handeln wollen.