Warum mehr PS/KW nicht schneller/agiler sein müssen

  • "Früher" waren 150 PS mal ein Zeichen für einen sehr schnellen Wagen


    Nehmen wir uns doch einmal einen VW Golf GTI aus dem Jahr 1976 vor:
    81 KW / 110 PS mit einem Gewicht von gerade einmal 810 Kg schickten ihn damals gleich in die "Sportwagenklasse".


    Zum Vergleich nun der aktuelle GTI aus dem Jahr 2013:
    "Heftige" 162 KW / 220 PS mit einem Gewicht von "satten" 1.351 Kg Leergewicht. (zul. Gesamtgewicht 1.820 Kg)


    Die Motorleistung hat sich verdoppelt , aber auch das Leergewicht hat um 541 Kg zugelegt.
    Noch sind diese Daten nicht direkt vergleichbar und sagen nicht viel darüber aus, wie "sportlich" die heutige Generation wirklich ist.


    Dann nehmen wir uns doch glatt mal die Berechnung des "Leistungsgewichts" vor, wie sie bei Motorrädern üblich ist.
    Die sagt nämlich aus, wie viel 1 KW/PS an Kg Fahrzeuggewicht "bewegen" muss.
    Wir müssen dazu nur das Gewicht durch die Zahl der KW/PS teilen.


    Der erste GTI
    810 Kg / 81 KW = 10 Kg pro KW
    810 Kg / 110 PS = 7,36 Kg pro PS


    Der aktuelle GTI 2.0I TSI
    1.351 Kg / 162 KW = 8,34 Kg pro KW
    1.351 Kg / 220 PS = 6,14 Kg pro PS


    Das Fahrzeuggewicht hat um 66,79 % zugelegt. Die Motorleistung hat um 100% zugelegt. Am Ende bleibt aber nur noch ein Mehr-Leistungsvorteil von 1,66 Kg pro KW oder 1,22 Kg pro PS übrig = 19,86 % Leistungszuwachs


    Die doppelte PS-Zahl bedeutet also nicht automatisch dass das Fahrzeug doppelt so viel Leistung hat.
    In diesem Beispiel bleiben, durch das enorm höhere Gewicht, nur gerade einmal rund 20% der Zusatzleistung für eine wirkliche Verbesserung übrig.
    Rund 80% der Mehrleistung werden durch das Gewicht aufgefressen.


    Beim GTI aus dem Jahr 2004-2008 mit 147 KW / 200 PS betrug das Leistungsgewicht übrigens 9 Kg pro KW
    Zurückgerechnet wog das Auto also 1.320 Kg.
    31 KG mehr + 20 PS mehr = 7,91% Leistungsgewinn bei 10% mehr Leistungseinsatz.


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    Doch zurück zu "ganz normalen Autos"


    Der sehr beliebte "VW Golf" hat mit den Jahren auch immer mehr "Wohlstandsspeck angefresen "


    Heute wiegt er leer 1.205 Kg und hat 63 KW/85 PS
    Damals wog er 810 Kg und hatte 34 KW / 50 PS


    Auch hier hat er um fast 48,77% an Gewicht zugelegt und 85,29% an Motorleistung.
    Aus einem Leistungsgewicht von 23,82Kg/KW wurden also 19,13 Kg/KW. Der reale Leistungsgewinn beträgt damit gerade einmal 24,57 %.


    Ist echt schon "schön krass" was da an Leistung verloren ging.
    60,72% der Mehrleistung gehen wegen "Überfettung" ungenutzt verloren.


    PS sind nicht gleich PS.
    Es kommt immer darauf an, wie schwer der Wagen ist.


    Zitat

    Wer jetzt mal auf die Idee kommen würde, einen aktuellen Golf 1,4 TSI (140 PS/90 KW) mit einem alten Golf GTI (110 PS/81 KW) vergleichen zu wollen, könnte denken, dass man damit ja "einen Sportwagen hat" ... auweh ... der wird schwer enttäuscht werden.


    Nein , lieber "Otto-Normalo". Du hast keinen Sportwagen. Du hast nur einen überfetteten Kleinwagen mit 1.225 Kg der gerade ein Leistungsgewicht von 13,61 Kg/KW schafft. Dein Wagen hat zwar mehr Kraft, muss aber so viel für sein "Übergewicht" verschwenden, dass am Ende sogar 36,1% weniger Leistung übrig bleiben.


    Also:
    Wenn ihr ab jetzt darüber "wettert" dass ein Wagen "Hunderte von PS" hat, denkt zunächst einmal darüber nach, wie schwer der Wagen ist. Ein "Dickschiff" braucht eben die PS, um überhaupt von der Stelle zu kommen.
    PS hat nichts mit Tempo oder "Sportlichkeit" zu tun.


    Ein kleiner, leichter Wagen kann mit wenigen PS durchaus "schneller weg sein" als ein schwerer mit vielen PS.
    Also keine Bange, dass euer "alter Gebrauchter" untermotorisiert ist oder eine "lahme Gurke" wäre. Wenn er nur leicht genug ist, ist er immer flott unterwegs.


    Außerdem:
    Gewicht gespart = Kraftstoff gespart. Heutige Autos könnten noch viel sparsamer sein, wenn sie nicht immer schwerer würden.

  • Natürlich nähern sich die Antreibsarten einander an. Die Unterschiede fallen immer geringer aus.


    Das Hauptproblem bleibt aber immer noch bestehen:
    Die Zahl von KW oder PS sagt nichts über die "Sportlichkeit" aus, wenn man das Fahrzeuggewicht nicht kennt.
    Das ist ja auch ein Grund mit dafür, dass ein Diesel (noch) "nicht ganz so sportlich ist" wie ein Benziner:Er muss etwas Gewicht mehr mitschleppen.