Seit mehr als einem Jahr arbeite ich an einem Internetprojekt mit, das als großes Netzwerk geplant begann.
Aus den Erfahrungen aus diesem Projekt (und aus anderen Erfahrungen) , möchte ich einmal folgende Ratschläge für ein ähnliches Projekt geben.
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1) Anzahl der Mitmacher
Möglichst viele Akteure anwerben. Die Rekrutierung muss über die ganze Projektlaufzeit weiter gehen.
2) Auswahl der Mitmacher
Je älter, desto mehr Durchhaltewillen. Der Wille treibt ein Projekt oft länger an, als die reine Mitmachfähigkeit. Die "Durchhalter" sind immer wieder in der Lage, neue Mitmacher zu rekrutieren um dem Projekt erneut einen Anschub geben zu können.
Die Altersklasse unter 16 gibt viele neue Initialzündungen, kann jedoch nicht als dauerproduktive Teilnehmer gewertet werden. Ausfallquote: 100% innerhalb von 3-6 Monaten. Länger hält die Begeisterung nur selten an.
Ihre Beiträge müssen möglichst schnell generiert und gesammelt werden, um sie viel später erneut bewerten und benutzen zu können
16-20 Jahre
Der Wille ist da, die Fähigkeiten oft auch schon. Ausfallquote 50%. Die anderen 50% werden sich durch Alter und Erfahrung später zum "harten Kern" weiter entwickeln.
21-30 Jahre
Je nachdem, wie sie in das normale Leben eingebunden sind, werden sie sich früher oder später vom Projekt verabschieden. Die "Haltquote" liegt bei ca. 25%
30-50 Jahre
Familie und Beruf gehen vor. Aus dieser Altersgruppe bleiben deshalb vielleicht gerade einmal 10% übrig.
51- 66 Jahre
Alt genug, um Durchhaltewillen zu haben und sich selbst gut genug einzuschätzen.
Gleichzeitig tritt die Familie etwas in den Hintergrund. Man hat Zeit, sich eher einem Hobby zu widmen und baut die nötige Zeit auch ins normale Leben ein.
Man versucht auch, das Projekt durch eigene Erfahrungen zu unterstützen und anderen Teilnehmern "moralischen Halt" zu geben.
Durchhaltequote 80% , wenn das Projekt weiter geführt wird. Ausfallquote 99% wenn erkennbar ist, dass es durch "reines Durchhalten" nicht mehr realisierbar ist.
>67 Jahre
Die Rente beginnt. Der letzte Lebensabschnitt. Man hat sein Hobby (das Projekt) gefunden und wird dieses Ziel "als letztes Ziel" auch weiter verfolgen. Das "letzte Vermächtnis" das man noch hinterlassen kann und will.
Die Fähigkeit der aktiven Teilnahme schwindet mit der Zeit immer mehr .. oder kann sich auch kontinuierlich immer weiter steigern (abhängig von Projekt und Anforderungen an die Teilnehmer)
Chance auf Teilnehmer dieser Altersklasse: 1-3%
Haltequote: 100%
Würden aus jeder Altersgruppe 100 Personen zur Verfügung stehen, würde es wie folgt aussehen:
600 Mitmacher.
265 von ihnen werden maximal dauerhaft zur Verfügung stehen .. wenn sie nicht durch die verschiedenen Altersumstände immer wieder in eine neue Altersgruppe geraten würden.
Von 100 Teilnehmern , die mit 16 Jahren beginnen würden bei einem Langzeitprojekt am Ende nur noch wie folgt übrig bleiben
50 % = 50
25% aus 50 = 20
10% aus 20 = 2
80% aus 2 = 1,6
100% aus 1,6 = 1,6
Von 100 Teilnehmern würden am Ende also nur 1 oder 2 übrig bleiben.
Genau deshalb ist es auch immer wichtig, immer wieder "Nachschub" zu bekommen.
Man kann nicht den "anderen Weg gehen", indem man einfach die Zahl der Mitmacher so stark erhöht, dass am Ende der Zeit noch 10-20 übrig bleiben. Dann wäre die Anfangszahl so groß sein, dass das Projekt schon durch die schiere Zahl gehemmt würde.
3) Projektleitung
Das Projekt sollte durch eine einzige Person (maximal jedoch durch 3 Personen) geleitet werden. Eine ungerade Zahl ist nötig, um bei Meinungsverschiedenheiten eine klare Abstimmung zu ermöglichen.
Diese eine Person bestimmt weitere Leiter, die ihrerseits wieder alleinverantwortlich für bestimmte Projektabschnitte sind.
Der Projektleiter (PL) koordiniert die Aufgabenverteilung zu den einzelnen Projektabschnitten.
Er verteilt Aufgaben, koordiniert und sorgt für den Austausch der diversen Anforderungen der Abschnitte. Er führt das Projekt also und nur auf seine Fähigkeiten kommt es an, ob und wie die einzelnen Projektabschnitte später zusammen passen können
4) Abschnittsleitung
Jeder Projekt-Abschnittsleiter (PAL) sucht sich seine Projekt-Abschnittsteilnehmer (PAT) aus dem Pool der Mitmacher aus.
Der PAL ist für die Koordinierung seines PAT-Teams verantwortlich. Er sucht sich geeignete PAT aus und kann sie auch jederzeit wieder "freistellen"
5) Koordination
PL + PAL setzen sich zusammen und planen das Projekt grundsätzlich durch. Sie verteilen die Aufgaben auf die verschiedenen PALs. Die PALs aquirieren überall Mitmacher, die zu ihren eigenen PAT werden. Sie sind für sie verantwortlich.
Die PAL setzen sich regelmäßig zusammen, um über Fortschritte oder neue Erfordernisse zu berichten. Diese Sitzungen führen dazu, dass jeder PAL sein PAT-Team motivieren und fördern kann.
Alternativ würden die einzelnen PAL dem PL "Bericht erstatten", damit der wieder für den nötigen Informationsaustausch sorgen kann.
6) Informationen
Innerhalb der einzelnen Projektabschnitte ist der PAL dafür verantwortlich, das seine PAT auf dem Laufenden gehalten werden, was ihren Projektabschnitt betrifft.
Übergeordnet informiert der PL alle Teilnehmer aus allen PAT parallel über den Gesamtverlauf des Projektes.
Der PL fördert durch seine übergeordneten Informationen den Zusammenhalt aller Teilnehmer.
Er baut sie insgesamt auf.
Auch wenn eine bestimmte PAT-Gruppe aktuell stagniert, kann er sie durch "Positv-Meldungen" anderer PAT-Gruppen moralisch wieder so aufbauen, dass sie nicht resignieren sondern neuen Mut schöpfen.
7) Demokratie und Mitbestimmung
Je größer ein Projekt, desto kleiner müssen die Mitbestimmungsmöglichkeiten sein.
Der Projektleiter kann entweder der Initiator des Projektes sein oder er kann allgemein gewählt werden.
Sobald diese Entscheidung getroffen ist, wird ihm die Hauptverantwortung übertragen.
Es ist seine Pflicht, das Projekt bis zur Fertigstellung zu führen.
Hat sich zuerst eine PAT gebildet, kann sie "aus den eigenen Reihen" einen PAL wählen.
Der PAL verpflichtet sich, den Projektabschnitt bis zur Fertigstellung zu leiten und zu führen.
Innerhalb des Projektabschnittes können die PAT immer wieder abstimmen und mitbestimmen, welche Arbeiten nötig sind und wer sie machen soll.
Die endgültige Entscheidung aber, welche Unterabschnitte zuerst mit Priorität verfolgt werden sollen, obliegt dem PAL.
Ist das Projekt also erst einmal gestartet, besteht für einen einzelnen Teilnehmer kein großer Einfluss mehr auf das Gesamtprojekt. Er kann sich aber immer in seinem eigenem Projektabschnitt so einbringen, dass seine Meinung respektiert und akzeptiert wird.
Es muss ja auch nicht sein, dass ein PAT nur Teilnehmer eines einzigen Projektabschnittes wird. Entsprechende Fähigkeiten vorausgesetzt, kann er sich durchaus auch in mehreren Bereichen einbringen.
Am Ende haben dann trotzdem alle mitbestimmt, wie das Projekt am Ende realisiert wird.
Alle können dann, ganz zu Recht, stolz auf ihre Mitwirkung sein.
Jeder kann mitbestimmen und jeder trägt Verantwortung.
Demokratie und Mitbestimmung sind auf kleinen Ebenen am Wirkungsvollsten.
Will Jeder über Alles mitbestimmen, wird es viele Diskussionen geben, die ein Projekt ausbremsen oder scheitern lassen können. Der Projektstart wird behindert/verzögert und auch im späteren Verlauf wird es zu oft "nicht zielführende Diskussionen" geben.
8 ) Zeitablauf und Zeitvorgaben
PL und PAL setzen sich ein gemeinsames Ziel, innerhalb das Projekt definitiv vollendet werden soll. Sie tragen die Verantwortung für die Umsetzung und müssen durch die Maximalvorgabe wissen, ob und wie weit sie das Projekt bereits verwirklicht haben.
Innerhalb der einzelnen Projektabschnitte setzt der PAL die Zeitvorgaben, wann welcher Teil verwirklicht worden sein muss.
Es hat sich bewährt, ein Projekt in kurze Zeitabschnitte zu unterteilen, die auch erreicht werden können.
Ist ein Projektabschnitt innerhalb von 3 Monaten erreichbar, so sollte man nicht die kürzeste Zeit ansetzen, sondern auch daran denken, dass durchaus auch einige Hemmnisse entstehen könnten.
Das Setzen einer zu kurzen Zeitvorgabe ist destruktiv.
Wird die Zeitvorgabe zu hoch angesetzt, demotiviert es die Teilnehmer.
Sie halten den Abschnitt für "zu schwer" oder "schieben es vor sich hin" nach dem Motto "Es genügt doch, wenn ich später erst loslege".
Der zu lange Zeitabschnitt sorgt für eine Verzögerung des Gesamtprojektes.
Der Zeitabschnitt sollte also so gewählt sein, dass er weder demotiviert noch "auf die lange Bank geschoben wird". Er muss die Teilnehmer fordern - aber - sie müssen auch immer wieder schnelle Erfolge als "Motivationsschub" erhalten.
Eine sogenannte "Roadmap" ( = Ablaufplan / Vorplanung) des Gesamtprojekts, sollte nicht der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.
Sie sollte eher darin bestehen, dass man über Erfolge informiert. Anstatt mit Zeitabschnitten, sollte man also eher mit einem "Fortschrittsbalken" arbeiten, der mit Prozentzahlen von Abschnitten oder vom Gesamtprojekt arbeitet.
Erst wenn ein Zeitabschnitt erreicht und ein Projektabschnitt verwirklicht wurde, sollte man den nächsten Abschnitt festlegen.
Ein erreichtes kurzfristiges Ziel motiviert immer wieder neu und sorgt dafür, dass man sich wieder auf das nächste kurzfristige Ziel konzentrieren kann.
Bis zur Vollendung sollte also nach dem Motto geplant werden "von Ziel zu Ziel" und keinesfalls "Der Weg ist das Ziel".
9) Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen untereinander
Je nach Arbeitsgruppe, sind die Aufgaben unterschiedlich schwer und die Ziele entsprechend weit auseinander gesteckt.
"Hängt eine Gruppe hinterher" kann sie eine "Erfolgsmeldung" einer anderen Gruppe demotivieren. Alle Arbeitsgruppen arbeiten auf das gleich endgültige Ziel hinaus.
Die eine Gruppe wird das "Gruppen-Endziel " viel früher erreichen als die andere Gruppe.
Mit Erreichen des Gruppenziels ist die Arbeit dieser Gruppe getan.
Ihre Mitwirkung ist nicht mehr nötig. Sie wird erst später wieder benötigt, wenn es noch einmal etwas zu tun gibt.
Bei Projekten unter Mitwirkung von Grafikern, wird die Grafiker-Gruppe ihre ersten Gruppenziele in der Regel zuerst erreichen können. Danach wird sie pausieren müssen.
Sie wird dann wieder benötigt werden, wenn das Projekt kurz vor dem Ende steht. Ihre erneute Mitwirkung ist dann wieder nötig, damit der optische Auftritt an "aktuelle Mode" angepasst werden kann.
Bei "Computerprogrammen" ist die "Gruppe der Programmierer" die Gruppe, die am Längsten brauchen wird. Sie setzen den Hauptteil des Projektes von Anfang bis zum Ende um. Ihre "letzte Aufgabe" wird es sein, die letzten optischen Änderungen vorzunehmen und danach noch einmal alles zu überprüfen.
Auf diese Gruppe werden in der Regel auch die meisten Probleme zukommen: Sie müssen sowohl aktuelle Technik als auch zukünftige technische Richtungen und Tendenzen in alles einbeziehen. Es kann sein, dass sich eine anfängliche Entscheidung als "Fehlentscheidung" erweist, wenn sich das Projekt zu lange hingezogen hat.
Die Gruppe der "Rechtskundigen" ist eigentlich nur ganz am Anfang und zum Schluss gefordert .
Am Anfang stellen sie die Grundlagen der Zusammenarbeit auf. Diese müssen alle Eventualitäten berücksichtigen, die im Laufe des Projektes auftreten können, gleichzeitig aber schon vorab Rechte und Pflichten für den Zeitraum festlegen, sobald das Projekt vollendet ist.
Kurz vor Ende der Projektentwicklung, müssen sie erneut tätig werden. Sie stellen die Grundlagen für die zukünftige Nutzung und Nießbrauch des Projektes auf.
10 ) Das Ende des Projektes
Ist das Gesamtziel des Projektes erreicht, enden auch alle Vereinbarungen und Verantwortlichkeiten, die für die Projektlaufzeit gegolten haben.
Die Rechte der Teilnehmer wurden zuvor festgelegt. Sie können auch im Nachhinein nicht mehr entzogen werden.
Nun kommt die Nutzungszeit des Projektes.
Die Verantwortung für das Projekt wird an eine Einzelperson oder an eine "eingetragene Gruppe" übertragen. Sie zeichnet ab Projektstart für alles verantwortlich, was mit dem Projekt zu tun hat. Ihre zukünftige Aufgabe wird es sein, das Projekt zu betreuen und zu verwalten. Gleichzeitig mit diesem Recht ist auch die gleichartige Pflicht verbunden, das Projekt weiter zu führen.
Mit dem Projektstart ist der zukünftige Verantwortliche in seiner Entscheidung völlig frei, sofern sie sich nicht auf vorherige Vereinbarungen bezieht. Ab jetzt kann er die weitere Entwicklung völlig frei bestimmen.
Wer der "letzte Verantwortliche" sein wird, kann auf diverse Art am Anfang der Entwicklung oder erst nach Vollendung des Projektes festgelegt werden.
Die Arbeit aller vorherigen Mitwirkenden endet mit dem Projektstart. Ihre Rechte bleiben, wie vereinbart, erhalten.
Abschließend:
Die Projektentwicklung selbst, ist immer nur der Weg zu einem geplanten gemeinsamen Ziel.
Spätestens kurz vor Ende des Ziels, sollte man sich einen Rechtsbeistand nehmen, der die Rechte am Projekt und seiner Entwicklung allen Teilnehmern sichert.
"Vertrauen ist gut, Verträge sind besser"
Das anfangs erwähnte Projekt hatte eigentlich alle Probleme, die man haben konnte.
Meine eigene Mitarbeit daran, stellt eher eine "beratende Funktion" dar. Da ich als "Berater pausiere", kann ich die Zwischenzeit dazu nutzen, eben Anderen auch ein paar Tipps zu geben. Natürlich kenne ich die geplante Gesamtlaufzeit des Projektes bis zur Fertigstellung. Ich persönlich schätze es so ein, dass meine "beratende Funktion" in den nächsten Jahren dazu kaum mehr nötig sein wird. Ich werde also den Fortgang wahrscheinlich nur als Beobachter noch mitverfolgen können.
Fragen zum Projekt werde ich keinesfalls beantworten. Eine der "Grundlagen zur Zusammenarbeit" sollte nämlich immer sein:
Zitat"Wenn die Idee, Umsetzung oder Nutzung eines Projektes durch vorzeitige Veröffentlichung gefährdet ist, sollte untereinander vorher Geheimhaltung vereinbart werden".
Nichts ist schlimmer, als wenn eine Projektidee vor der Fertigstellung von anderen gestohlen werden kann, die das gleiche Projekt dann (durch höhere Ressourcen) viel früher verwirklichen können. Damit macht man die Arbeit alle Mitwirkenden zunichte und gleichzeitig haben sie nicht einmal irgendwelche Rechte an einem gleichartigen Projekt.
PS:
Die Altersangaben habe ich nur entsprechend eigener Beobachtungen und Erfahrungen angegeben.
Keiner sollte sich fest darauf verlassen, weil es natürlich je nach Projekt variiert und am Ende ist eben auch jeder Mensch anders.
Ich kenne 70jährige, die so sprunghaft wie ein Teenie sind und Teenies, die den Durchhaltewillen wie ein "sehr lebenserfahrener Erwachsener" haben.
Das physikalische Alter spielt also keine Rolle, sondern nur wie "jung die innere Einstellung" ist