Zugangsdaten werden vererbt

  • Der erste Teil betrifft nur dich persönlich und die Internetseite. Im zweiten Teil geht es um deine registrierten Mitglieder


    Teil 1 ) Für den Betreiber einer Internetseite


    Das Internet gibt es ja nun schon seit einige Jahrzehnten . Das bedeutet, dass die ersten Seitenbetreiber so langsam auch in das Alter kommen könnten , in dem sie auch mal an die Zeit nach "ihrer Zeit" denken sollten.
    Es kann aber auch passieren , dass man durch einen Unfall "vorzeitig von seinem EOL Gebrauch macht".



    Ein neues Urteil des LG Berlin hat festgestellt, dass Facebook die Zugangsdaten an Erben herausrücken muss. Facebook: Erben haben Anrecht auf Zugangsdaten - Erstes Gerichtsurteil (17.12.2015)


    Als Betreiber einer Internetseite hat man als "Zugangsdaten" ja nur die von seinem Hoster (der den Speicherplatz verwaltet und anbietet) .
    Du möchtest in der Regel aber gerne, dass deine Seite nicht schlagartig , und gleichzeitig mit dir , verschwindet.

    Deine Familienangehörigen wissen vielleicht nicht, dass du eine Internetseite hast oder wissen nicht , an wen sie sich wenden könnten. Vielleicht möchten sie deine Seite auch dir zu Ehren weiter laufen lassen.
    Wenn man die Sachen eines Verstorbenen regeln muss, dauert es schon (allein auf Basis von alten gedruckten Akten und Verträgen) bis zu mehrere Jahre. Auf reiner Datenbasis kann das noch viel länger dauern.


    Wenn du deinen Rechner dann auch noch passwortgeschützt hast , kannst du sicher sein , dass deine Familie die nötigen Daten wohl nicht so schnell ( oder nie) finden wird. Das bedeutet, dass deine Seite irgendwann vom Hoster gelöscht wird.


    Sorge vor !


    1) Setze einen Verwalter ein
    Der wird nur dann aktiv , wenn du dich nicht mehr meldest oder wenn er hört, dass dir etwas passiert ist.


    2) Hinterlasse Kontaktdaten von Angehörigen
    Dein Verwalter soll sich mit ihnen in Verbindung setzen , wenn er nichts mehr von dir hört.


    Wenn also "der Fall des Falles" eintritt , ist sichergestellt , dass deine Familie davon erfährt, dass du eine Internetseite betreibst. Sie kann dann (ganz in deinem Sinn) entscheiden was später mit deiner Seite geschehen soll. Sie geht aber nicht "einfach so" verloren.


    Bedenken ?
    Viele Familienangehörige wünschen sich , dass die "guten Taten" erhalten bleiben. Jede Internetseite ist so eine "gute Tat". Sie kündet von dir und deinen Ansichten , deiner Arbeit usw.
    Oft hat die Familie aber wohl kein Interesse daran , diese Arbeiten und die Seite weiter zu führen. Dann wird sie wohl deinem "Verwalter" gestatten, die Seite in deinem Sinn weiter zu betreiben oder "ordnungsgemäß" zu schließen.


    Was der Verwalter dann mit der Seite macht , hast du aber wahrscheinlich schon vorher selbst mit ihm vereinbart.
    Vereinbare aber nicht zu viel mit ihm. Du kannst dem Anderen nicht deine Arbeit aufhalsen. Er soll ja nur dafür sorgen dass die Seite nicht einfach verloren geht und deine Familie informieren.


    PS:
    Natürlich muss der Verwalter vollen Zugriff auf deine Seite haben. Das bedeutet , dass du ihn als Admin einsetzen musst. Er sollte auch mindestens wissen , wer dein Hoster ist , damit er auch mit ihm Kontakt aufnehmen kann.
    Alles dafür Nötige kann man in der Regel aber in einem sicheren Bereich der Seite hinterlegen.



    Teil 2) Für die Mitglieder einer Internetseite


    Auch wenn das Urteil nur Facebook betrifft , sollte man es auch als Betreiber einer normalen Internetseite beherzigen.


    Für einen Betreiber ist es teilweise unmöglich festzustellen , wer wirklich der Erbe des Accounts ist. Selbst wenn er alle persönlichen Daten des Mitgliedes kennt "könnte ja jeder kommen" und sich als Erbe ausgeben .


    1) Kontaktmöglichkeit bieten , über die auch Dokumente übermittelt werden können
    Über diese Kontaktmöglichkeit kann der Erbe dann "amtliche Dokumente" als PDF einreichen , die ihn als Erbe ausweisen und seine eigene Identität bestätigen.


    2) Sofort handeln, wenn man von einem Todesfall erfährt
    Account sofort stilllegen und eine Mail an den Accountinhaber schreiben. Du MUSST zuerst mit einem Fake rechnen , mit dem sich ein Unberechtigter Zugriff auf den Account verschaffen will.


    - Wenn es ein Fake ist , wird sich der wirkliche Accountbesitzer zurück melden. Anhand der übermittelten Dokumente kann er dann auch rechtliche Schritte wegen des versuchten Accountdiebstahls einleiten.


    - Wenn es KEIN Fake ist , wird sich der Accountinhaber nicht melden oder eben der Erbe von dieser Mailadresse aus reagieren. Er soll dann die vorherigen Dokumente noch einmal senden um sich zu verifizieren.


    Bedenken ?
    Als Betreiber hast du nicht die Pflicht, die Echtheit von Dokumenten zu prüfen . Das nötige Fachwissen kann dir nicht unterstellt werden. Du darfst " im guten Glauben" handeln - darfst dabei aber eben nicht zu leichtfertig sein.


    Die Doppelkontrolle ist deine (oft einzige) Möglichkeit der Kontrolle , um einen Accountdiebstahl zu verhindern.
    Prüft ein Mitglied seine Mails nicht, hat er selbst eine Pflicht versäumt. Hat er seinen Rechner oder Mailaccount nicht sicher gehandhabt , kann er dich im Nachhinein nicht nachträglich dafür verantwortlich machen , dass du geglaubt hast, dass er selbst ihm die Bestätigungsmail gesendet hast.


    Darf ich eigentlich Dokumente anfordern ?
    Eigentlich musst du es sogar. Das ist "Einer" der an die persönlichen Daten deines Mitglieds will. Der muss dir erst einmal nachweisen, dass er das Recht dazu hat und gleichzeitig muss er dir auch nachweisen, wer er wirklich ist.


    Verweigert er die entsprechenden Dokumente , muss er eben einen beauftragen, der ihn und die Sachlage persönlich kennt. Das ist in der Regel dann ein Anwalt. DAS solltest du ihm auch gleich zu Anfang an schreiben - mit dem Hinweis, dass er die entsprechenden Kosten dann aber selbst zu tragen hat.
    Du bietest ihm schließlich eine einfache , formlose und kostenlose Möglichkeit an . Nimmt er sie nicht an, hält er sich nicht daran, dass er die Pflicht zur Schadensbegrenzung hat. Dann muss er eben seinen (von ihm selbst verursachten) Schaden auch selber tragen.


    Ich bin aber kein Rechtsanwalt . Meine persönliche Meinung ist also nicht relevant , maßgeblich oder rechtlich abgesichert.
    Kommt also gleich am Anfang ein Anwaltsschreiben mit einer "Kostennote" an , solltest du selbst auch einen Anwalt einschalten. Meiner Meinung nach hat der Erbe dann (durch die sofortige Einschaltung eines Anwalts) seine Schadensminderungspflicht versäumt und muss seine ( und dann auch deine ) Anwaltskosten tragen.



    PS:
    Die genannten "amtlichen Dokumente" bestehen oft aus einer Sterbeurkunde und einem Erbschein oder amtlich bestätigten Testament. Der Personalausweis des Accountinhabers ist keine Sicherheit . So ein Ausweis muss nach dem Tod erst "absichtlich ungültig gemacht werden". Bis dahin sieht er ganz normal aus.
    Sollte sich also wirklich der Accountinhaber zurück melden , sollte man ihm eine Frage stellen , die nur er beantworten kann. Da ist zuverlässiger als eine Ausweiskopie.


    Für die Übertragung und Zugänglichkeitsmachung von Internetaccounts gibt es bisher (16.01.2016) noch zu wenige Urteile , auf die man sich stützen könnte. So lange das noch nicht gegeben ist , ist jeder Streitfall ein Einzelfall , über den Gerichte einzeln urteilen müssen.