Damals, als sich die christliche Kirche teilte

  • Vor rund 500 Jahren gab es nur eine westliche christliche Kirche. Die römisch katholische Kirche.
    Damals war die Kirche nicht nur eine Glaubensvereinigung, sondern hatte auch weltliche Macht.


    Wollte man sich zum König oder Kaiser krönen lassen, musste das durch ein Kirchenoberhaupt geschehen. Nur "mit Gottes Gnaden" war man ein legitimes Staatsoberhaupt.


    Nicht "die Kirche" als solches hatte Macht, sondern ihre Stellvertreter hatten riesige Ländereien, die unter ihrer Herrschaft standen. Bischhofssitze waren Schlösser und Burgen mit riesigen Ländereien, die sowohl eine eigene Gerichtsbarkeit als auch eigene Armeen hatten.


    Zu Zeiten der Feudalherrschaft ging es auch bei den Kirchenoberhäuptern kaum christlich zu. Denkt euch das Schlimmste, was ihr euch vorstellen könnt. Das war damals überall ganz normal. Folter, Mord, Krieg, Verfolgung und alles im Namen eines Königs oder Kirchenoberhauptes.


    Bis zu einer gewissen Zeit (ich habe leider gerade keine Jahreszahl zu Hand) durften Priester und Kirchenoberhäupter sogar noch heiraten und ihre Besitztümer vererben. Auch die Titel wurden weiter vererbt. Dadurch gewann die Kirche immer mehr Macht.


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    Das waren in etwa die Zustände zu der Zeit als Martin Luther auf den Plan trat und die Reformation einläutete.
    Es war wirklich Zeit, dass sich etwas änderte.
    Kirche hatte bei den Kirchenführern schon lange nichts mehr mit Religion zu tun. Gläubigkeit gab es fast nur noch bei den unteren Gesellschaftsschichten.


    Martin Luther fertigte auch die erste Bibelübersetzung in deutscher Sprache an. Vorher war sie nur in Latein übersetzt gewesen und konnte daher nur von Studierten gelesen werden.
    Mit der Übersetzung war es auch endlich möglich, dass "Nichtstudierte" die Bibel lesen konnten. Das war eine wichtige Voraussetzung für Änderungen.


    Lesen und Schreiben blieb aber trotzdem immer noch den oberen Gesellschaftsschichten vorbehalten. Arbeiter und Bauern konnten es nicht. Damals gab es auch noch keine Schulen.


    Was man deshalb heute bedenken muss:
    Als Luther seine Thesen an die Schlosskirche schlug, konnten sie nur durch ganz wenige gelesen werden. Es war also kein Aufruf (wie man es heute verstehen würde) sondern nur ein Zeichen an die Obrigkeit, dass jetzt mit Widerstand zu rechnen ist.


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    Die, die den Lehren von Luther folgten, nannte man damals "Lutheraner". Später wurden sie auch (z.B. in Frankreich) Hugenotten genannt. Anfangs wurden sie überall verfolgt und getötet.
    Erst sehr viel später setzte sich "evangelisch" durch, weil "die Evangelischen" sich nicht danach richteten was der Papst befahl, sondern was in den Evangelien der Bibel steht.
      
    Wer heute darüber schimpft, welche Greueltaten die "katholische Kirche" vor der Reformation begangen hat, vergisst (ganz bewusst) dass es damals gar keine andere Kirche gab. Alle Christen gehörten nur dieser Kirche an - es gab ja keine andere Christenheit.


    PS:
    Es gab und gibt neben der Evangelischen und Römisch Katholischen Kirche immer noch eine Ostkirche, die Griechisch-Orthodoxe Kirche und eine Russisch-Orthodoxe Kirche. Aus diesem Grund habe ich anfangs auch immer von einer westlichen Kirche gesprochen.