Energiesparen: Discounter wollen früher schließen

  • Aldi Nord will seine Filialen 1-2 Stunden früher schließen lassen, sodass man in allen Filialen nur noch bis 20 Uhr einkaufen kann. Das soll helfen, Energie zu sparen. Mit der gleichen Begründung hatten auch verschiedene Inhaber von EDEKA-Filialnetzen schon die Öffnungszeiten gekürzt.


    1-2 Stunden kürzere Öffnungszeiten. Woran wird da denn eigentlich wirklich gespart ?


    Zunächst einmal an den Personalkosten.

    Der Einzelhandel klagt schon länger über Personalknappheit und hat deswegen teilweise auch Öffnungszeiten verkürzt. Mit der Begründung "Energiesparen" bekommt es natürlich einen ganz anderen Touch.


    Nehmen wir einmal an, dass Mitarbeitende pro Stunde 20 Euro kosten (das wäre dann aber nur bei Mindestlohn) dann spart ein Laden mit 10 Mitarbeitenden mit jeder Stunde kürzerer Öffnungszeit 200 Euro ein. Im Monat wären das dann 5.200 Euro

    Aldi Nord hat 77.661 Mitarbeitende in 9 Ländern. Würde Aldi Nord alle jeden Tag nur 1 Stunde früher gehen lassen, wäre das eine Einsparung von über 40 Millionen Euro pro Monat..


    Energieeinsparung

    Jetzt würde man natürlich Zahlen brauchen, wie viel Energie in einem Laden pro Stunde verbraucht wird. Solche Zahlen gibt es nicht. Daher kann man nur ganz grob schätzen.

    Es kam ja schon einmal, dass sich eine Besitzerin einer Filialkette über einen 5fachen Strompreis (von nur 20 Cent) beschwerte.


    Pro Stunde kürzerer Öffnungszeit spart der Markt 200 Euro an Personalkosten. Für diese 200 Euro würde er 1.000 Kilowattstunden bekommen. Das ist so viel als wenn man 1.000 Heizlüfter mit 1.000 Watt Verbrauch gleichzeitig 1 Stunde laufen lassen würde.

    So viel Energie wird kein Markt in 1 Stunde einsparen.


    Doch was wird wirklich an Energie gespart ?


    Beleuchtung

    Da kann man schon erleben, dass manche Märkte die Beleuchtung reduzieren. Mancherorts schaltet man nur noch die Hälfte der Leuchtkörper ein. Auf stromsparende LED-Beleuchtung haben die Märkte schon länger umgestellt.

    Nehmen wir einmal an, dass in einem Supermarkt 1.000 Lampen mit jeweils 7 Watt (entspricht alten 60 Watt Glühbirnen) brennen, dann verbraucht der Supermarkt 7.000 Watt pro Stunde. 2 Stunden den Backofen im Herd betreiben, verbraucht ähnlich viel Energie.


    7 Kilowattstunden gespart pro Stunde = 182 Kilowattstunden im Monat = 2.184 Kilowattstunden im Jahr

    Im oben verlinkten Beitrag brauchen 5 Filialen zusammen 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr. Das wären pro Filiale 500.000 Kilowattsunden pro Jahr.

    Dagegen sind die errechneten 2.184 Kilowattstunden für die Beleuchtung faktisch Peanuts.


    Wo wird denn dann die viele Energie verbraucht ?

    "Der Großteil der Energie in unseren Märkten fällt allerdings nicht für Beleuchtung, sondern für die Kühlung der Produkte an."


    Ein Sprecher der Rewe Group schließt frühere Ladenschließungen für Rewe- und Penny-Supermärkte aus: Bislang gebe es keine Veranlassung, Öffnungszeiten zu verkürzen. "Die damit erzielbare Energieeinsparung wäre marginal", heißt es auf Anfrage von tagessschau.de.

    Auf die Technik - auch zur Kühlung - entfalle mehr als die Hälfte des Energiebedarfs der Märkte, was unabhängig von den Öffnungszeiten sei.

    Da haben wir es ja schon. Die 1-2 Stunden früher zu schließen, bringt kaum Energieeinsparungen.


    Die Baumärkte der REWE Group (Toom, B1) schließen jedoch ab November freitags schon um 20 Uhr statt um 22 Uhr.

    In Baumärkten laufen ja keine Kühlgeräte weiter. Da kann man im Jahr ein paar Tausend Kilowattstunden sparen und noch viel mehr Euro an Personalkosten.


    Es wird also auf Kosten des Personals gespart und gleichzeitig auch zu Lasten der Kunden. So etwas nennt man dann "Komprimierung der Kundenfrequenz" = pro Stunde kommen viel mehr Kunden, weil ihnen gar nichts anderes übrig bleibt.


    Laut Energiespargesetzen sollten eigentlich Reklametafeln abgeschaltet werden, wenn der Laden geschlossen ist. Das würde sinnlose Energieverschwendung beenden.

    Was bringt mir eine Werbung von einem Laden, wenn ich doch nichts einkaufen kann ?


    Dass diese Verordnung wirklich umgesetzt wird, kann man eigentlich kaum erkennen. Die Tafeln leuchten weiterhin stundenlang nach Ende der Öffnungszeiten. Würden die Gesetze wirklich umgesetzt, wären viele Gegenden nach Ladenschluss stockdunkel.


    PS:

    Ich fahre mittlerweile jedes Wochenende nachts quer durch NRW. Normalerweise halte ich dabei an einer Raststätte an, um mal eben einen Kaffee zu trinken. Mittlerweile spare ich mir den Zwischenhalt, weil ich weiß, dass da ab 22 Uhr geschlossen ist - auch wenn die Reklametafeln leuchten und "geöffnet" suggerieren.


    Sinnloses Anlocken von Kunden, die extra anhalten und danach wieder beschleunigen müssen. Auch das verbraucht sekundär zusätzlich unnötig Energie. Das unnötige Leuchten von Reklame kann also durchaus auch noch einen zusätzlichen Energieverbrauch bewirken.

    Aber im Laden selbst spart man ein klein wenig Strom und viele Personalkosten ... was bei einer (sonst) rund um die Uhr Öffnung enorme Einspareffekte hat.

    Dass die Kunden sinnlos Energie verschwenden müssen, interessiert die Betreiber nicht.


    Kürzere Öffnungszeiten sind eher als Greenwashing zu sehen, wenn es kaum Energiespareffekte gibt, gleichzeitig aber auf anderen Seiten ein erhöhter Energieverbrauch verursacht wird.:thumpd: